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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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summte leise tröstliche geistliche Lieder. Miss Daphne
Dellmore, eine fromme alte Jungfer, die einst erfolglos versucht
hatte, Donte Drumm die Grundlagen des Klavierspiels zu lehren,
begleitete den Chor auf einem alten Baldwin-Klavier. Rechts vom
Sarg befand sich ein kleines Podium mit Rednerpult und Mikrofon,
und davor saßen die Slone Warriors alle zusammen in
Rlappstuhlreihen, jeder einzelne Spieler und die Trainer waren
gekommen. Stolz trugen sie ihre blauen Heimtrikots. Abgesehen von
den Footballspielern gab es einige vereinzelte weiße Gesichter,
aber nicht viele.
    Die Medien waren in die Schranken verwiesen worden, und zwar
wortwörtlich. Unter den strengen Anweisungen von Marvin Drumm waren
die Reporter und ihre Kameras ans andere Ende der Halle, unter den
gegenüberliegenden Basketballkorb, verfrachtet worden und drängten
sich nun hinter einer Stuhlreihe, durch die man gelbes Polizeiband
gezogen hatte. Hochgewachsene junge Schwarze in dunklen Anzügen
standen an der Absperrung und behielten die Journalisten im Auge,
die Anweisung hatten, sich mucksmäuschenstill zu verhalten. Jeder,
der dagegen verstieß, würde der Halle verwiesen werden und sich
möglicherweise auf dem Parkplatz ein gebrochenes Bein einhandeln.
Die Familie hatte die Nase voll von Reportern, und den meisten in
der Stadt ging es ebenso.
    Klugerweise hatte sich Roberta entschieden, den Sarg zu
schließen. Das letzte Bild von Donte sollte nicht das seines
leblosen Körpers sein. Ihr war klar, dass ihn viele Menschen sehen
würden, und ihr war ein lächelnder Donte lieber.
    Um zwanzig nach eins war die Sporthalle hoffnungslos
überfüllt. Die Türen wurden geschlossen, und Reverend Johnny Canty
trat ans Rednerpult.
    „ Wir sind hier, um ein Leben zu feiern“, sagte er, „nicht um
einen Tod zu betrauern.“ Das klang gut, und viele sagten „Amen“,
doch die Stimmung war keineswegs festlich. Die Atmosphäre war von
Traurigkeit erfüllt, aber es war nicht die Traurigkeit des
Verlusts. Es war eine Traurigkeit, die aus Ungerechtigkeit und Wut
geboren war.
    Das erste Gebet hielt Reverend Wilbur Woods, der weiße Pastor
der First United Methodist Church of Slone. Cedric Drumm hatte ihn
telefonisch eingeladen, und er hatte gerne angenommen. Es war ein
schönes Gebet, eines, das von Liebe und Vergebung handelte, vor
allem aber von Gerechtigkeit. Die Unterdrückten sollten nicht
weiter in Unterdrückung leben müssen. Die Ungerechten würden eines
Tages selbst vor dem Richter stehen. Die Stimme des Reverend war
leise, aber kraftvoll, und seine Worte beruhigten die Menge. Der
Anblick eines weißen Geistlichen, der mit geschlossenen Augen und
erhobenen Armen in aller Öffentlichkeit seine Seele öffnete, trug
viel dazu bei, die aufgebrachten Gemüter zu besänftigen, und sei es
nur für den Augenblick.
    Donte hatte nie über seine Beerdigung gesprochen. Deshalb
hatte seine Mutter Musik, Redner und Gottesdienstordnung bestimmt,
und sie spiegelten den starken christlichen Glauben ihrer Familie
wider. Donte hatte behauptet, den Glauben verloren zu haben, aber
das hatte seine Mutter ihm nie abgenommen.
    Der Chor sang „Näher mein Jesus zu dir“, und die Tränen
flössen in Strömen. Es gab Zusammenbrüche, lautes emotionales
Aufbegehren, gefolgt von Schluchzen und Klagen. Als sich die
Stimmung beruhigt hatte, folgten zwei Lobreden. Die erste hielt ein
Mannschaftskamerad von Donte, ein junger Mann, der mittlerweile
Arzt in Dallas war. Der zweite Redner war Robbie Flak. Als Robbie
zum Rednerpult ging, erhob sich die Menge spontan und begann
gedämpft zu applaudieren. Es war ein Gottesdienst, Klatschen und
Beifallsrufe waren nicht gern gesehen, aber es gab Dinge, die
ließen sich nicht verbieten. Robbie stand lange auf der Bühne,
nickte der Menge zu, wischte sich die Tränen ab, nahm die
Bewunderung zur Kenntnis und wünschte sich, nicht hier sein zu
müssen.
    Für einen Mann, der in den vergangenen Tagen der ganzen Welt
den Krieg erklärt und jeden verklagt hatte, der ihm über den Weg
lief, waren seine Äußerungen relativ zahm. Die Sache mit Liebe und
Vergebung hatte er nie verstanden, seine Antriebskraft war
Vergeltung. Aber er spürte, dass er zumindest im Augenblick seine
kämpferischen Instinkte im Zaum halten und einfach nur liebevoll
sein musste. Das fiel ihm schwer. Er sprach über Donte im
Gefängnis, von ihren zahlreichen Besuchen und erhielt sogar einige
Lacher, als er Dontes Beschreibung des Essens in der Todeszelle
wiedergab. Er las aus

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