Geständnis
gelogen. Ich würde also zugeben,
dass ich ein Lügner bin, richtig?“
„ Ja. Aber was ist wichtiger, Joey - Ihr guter Ruf oder Dontes
Leben?“
„ Sie haben gesagt, es wäre nicht so einfach, oder? Es kann also
gut sein, dass ich als Lügner dastehe und er trotzdem die Nadel
bekommt. Wer hätte dann was davon?“
„ Das wird nicht passieren.“
„ Ich glaube schon. Hören Sie, ich muss wieder zur
Arbeit.“
„ Kommen Sie, Joey ...“
„ Danke für das Mittagessen. Hat mich gefreut.“ Damit rutschte
er von der Sitzbank und verließ mit eiligen Schritten das
Restaurant.
Pryor atmete tief durch und starrte ungläubig auf die
Tischplatte. Eben noch hatten sie über die eidesstattliche
Erklärung geredet, und im nächsten Moment war das Gespräch zu Ende
gewesen. Langsam zog er das Handy heraus und fragte seinen Chef:
„Haben Sie alles mitbekommen?“
„ Jedes Wort“, erwiderte Robbie.
„ Irgendwas dabei, das wir verwerten können?“
„ Nein. Nichts. Nicht mal ansatzweise.“
„ Hätte ich nie gedacht. Tut mir leid, Robbie. An einer Stelle
dachte ich, er würde anbeißen.“
„ Sie haben getan, was Sie konnten, Fred. Gute Arbeit. Er hat
Ihre Karte, oder?“
„ Ja.“
„ Rufen Sie ihn nach der Arbeit an, um Hallo zu sagen und ihn
daran zu erinnern, dass Sie noch da sind.“
„ Ich werde mit ihm was trinken gehen. Mein Gefühl sagt mir,
dass er zur Unmäßigkeit neigt. Vielleicht ist ihm mehr zu
entlocken, wenn er betrunken ist.“
„ Passen Sie nur auf, dass alles aufgezeichnet wird.“
„ Keine Sorge.“
Chapter 5
Im zweiten Stock des St. Francis Hospital lag Mrs. Aurelia
Lindmar, die sich von einer Gallenoperation erholte und gute
Fortschritte machte. Keith verbrachte zwanzig Minuten an ihrem Bett
und aß zwei Stück fade Billigschokolade, die eine Nichte geschickt
hatte. Als eine Schwester mit einer Spritze erschien, nutzte er die
Gelegenheit, um sich zu verabschieden. Im dritten Stock traf er die
zukünftige Witwe von Mr. Charles Cooper, einem treuen
Gemeindemitglied, dessen krankes Herz bald den Dienst quittieren
würde. Keith musste drei weitere Patienten besuchen, doch deren
Zustand war stabil, und sie würden morgen auch noch in ihren Betten
liegen, wenn er mehr Zeit hatte. Im ersten Stock fand er Dr.
Herzlich in einer kleinen Cafeteria, ein Sandwich aus dem Automaten
in der Hand, ein medizinisches Gutachten vor sich auf dem
Tisch.
„ Haben Sie schon zu Mittag gegessen?“, erkundigte sich Herzlich
höflich und bot dem Pastor einen Stuhl an. Keith nahm Platz, besah
sich das armselige Sandwich - zwei Scheiben Weißbrot, eine dünne
Scheibe brutal gepresstes Fleisch - und lehnte dankend ab. „Ich
habe spät gefrühstückt.“
„ Schön. Also, Keith, ich habe ein bisschen was herausbekommen,
aber viel Einblick konnte ich natürlich nicht nehmen. Sie verstehen
das doch, oder?“
„ Selbstverständlich. Ich wollte auch nicht, dass Sie sich in
private Dinge einmischen.“
„ Das geht auch nicht, unter keinen Umständen. Aber ich habe
mich ein wenig umgehört, und, nun ja, es gibt Wege, um an
Informationen zu kommen. Ihr Mann war im letzten Monat mindestens
zweimal hier, es wurden jede Menge Tests gemacht, und die Sache mit
dem Tumor stimmt. Keine schöne Prognose.“
„ Danke, Doktor.“ Keith war nicht überrascht, dass Travis
Boyette die Wahrheit gesagt hatte. Jedenfalls nicht, was den
Gehirntumor betraf.
„ Mehr kann ich dazu nicht sagen.“ Herzlich konnte gleichzeitig
essen, lesen und reden.
„ Klar. Kein Problem.“
„ Was hat er verbrochen?“
Das wollen Sie nicht wissen, dachte Keith. „Boyette ist ein
ganz Schlimmer. Ein Berufsverbrecher mit richtig langem
Strafregister.“
„ Was hatte er in St. Mark zu suchen?“
„ Wir sind für alle Kinder Gottes da, Doktor, auch für die mit
krimineller Vergangenheit.“
„ So ist das wohl. Müssen wir uns Sorgen machen?“
„ Nein. Er ist harmlos.“ Aber versteckt eure Frauen und Mädchen
und am besten auch die kleinen Jungs. Keith dankte dem Arzt und
verabschiedete sich.
„ Bis Sonntag“, sagte Herzlich, den Blick auf das medizinische
Gutachten geheftet.
Das Anchor House war ein quadratisches, würfelförmiges Gebäude
mit roter Klinkerfassade und Holzfenstern. Das Haus war vielseitig
nutzbar und hatte in den vierzig Jahren seines Bestehens sicher
schon vielen Zwecken gedient. Die Bauherren mussten es mit dem
Errichten eilig gehabt haben, denn sie hatten es ganz
offensichtlich nicht
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