Geständnis
Vorschriften, bei jeder
Befragung die Rechte zu verlesen. Das sei keine große Sache. Nur
eine Formalität.
Donte begann sich unwohl zu fühlen. Er las das Blatt Wort für
Wort durch, und da er nichts zu verbergen hatte, unterschrieb er
und verzichtete damit aufsein Recht zu schweigen und sein Recht auf
einen Anwalt. Es war eine fatale, tragische
Entscheidung.
Wer unschuldig ist, verzichtet bei einer Befragung eher auf
seine Rechte. Man weiß, dass man nichts getan hat, und möchte mit
der Polizei kooperieren, um seine Unschuld zu beweisen. Schuldige
Verdächtige kooperieren nicht so gern. Notorische Verbrecher lachen
den Polizisten ins Gesicht und sagen kein Wort mehr.
Morrissey führte Protokoll, beginnend mit dem Moment, in dem
der „Verdächtige“ den Raum betrat - 17.25 Uhr.
Kerber führte das Wort. Das Gespräch begann mit einer langen
Zusammenfassung der Footballsaison, man besprach Siege,
Niederlagen, was in der Play-off-Runde schiefgelaufen war, einen
heiß diskutierten Trainerwechsel. Kerber schien sich ernsthaft für
Dontes Zukunft zu interessieren und brachte seine Hoffnung zum
Ausdruck, dass der Knöchel bald verheilt sei, damit er im College
wieder spielen könne. Donte zeigte sich in dieser Hinsicht
zuversichtlich.
Kerber schien sich insbesondere für Dontes aktuelles
Muskelaufbauprogramm zu interessieren und wollte detailliert
wissen, wie viel er beim Bankdrücken und Kreuzheben, bei den
Arm-Curls und Kniebeugen an Gewicht auflege.
Es folgten jede Menge Fragen über seine Person und seine
Familie, seine schulische Laufbahn, seine beruflichen Erfahrungen,
seinen kleinen Konflikt mit dem Gesetz, die Sache mit dem
Marihuana, als er sechzehn war. Nach einer gefühlten Stunde kamen
sie schließlich auf Nicole zu sprechen. Der Ton änderte sich. Das
Lächeln erstarb. Die Fragen wurden direkter. Wie lange haben Sie
sie gekannt? Wie viele Kurse hatten Sie zusammen? Gab es gemeinsame
Freunde? Mit wem gehen Sie aus? Mit welchen Mädchen sind Sie
befreundet? Mit wem ist sie ausgegangen? Sind Sie je mit ihr
ausgegangen? Nein. Wollten Sie mit ihr ausgehen? Ich will mit
vielen Mädchen ausgehen. Weißen Mädchen? Ja, auch, das ist aber
noch nicht vorgekommen. Sie sind nie mit einem weißen Mädchen
ausgegangen? Nein. Es heißt, Sie und Nicole hätten sich heimlich
getroffen. Nein. Ich habe sie nie privat getroffen. Nie berührt.
Aber Sie geben zu, dass Sie mit ihr ausgehen wollten? Ich habe
gesagt, dass ich mit allen möglichen Mädchen gern ausgehen würde,
weiße, schwarze, auch Latinas. So, Sie lieben also alle Mädchen?
Viele, ja, aber nicht alle.
Kerber fragte, ob sich Donte an der Suche nach Nicole
beteiligt habe. Ja, er und der gesamte Abschlussjahrgang hätten
stundenlang nach ihr gesucht.
Sie sprachen über Joey Gamble und ein paar andere junge
Männer, mit denen Nicole während der Highschoolzeit ausgegangen
war. Kerber fragte wiederholt, ob Donte mit ihr ausgegangen sei
oder sie heimlich getroffen habe. Seine Fragen klangen mehr wie
Anschuldigungen, und Donte bekam es allmählich mit der Angst zu
tun.
Roberta Drumm servierte jeden Abend pünktlich um neunzehn Uhr
das Essen, und wenn Donte aus irgendwelchen Gründen nicht da sein
konnte, erwartete sie, dass er anrief. Um neunzehn Uhr fragte Donte
also die Polizisten, ob er seine Mutter anrufen dürfe. Nein.
Mobiltelefone seien nicht erlaubt.
Nach zwei Stunden in dem Raum ließ Kerber eine Bombe platzen.
Er eröffnete Donte, eine Zeugin habe ausgesagt, dass Nicole ihren
engsten Freundinnen anvertraut habe, dass sie sich regelmäßig mit
Donte treffe und es dabei vor allem um Sex gehe. Dass sie das aber
geheim halten wolle. Ihre Eltern würden das nicht gutheißen. Ihr
reicher Vater in Dallas würde ihr den Unterhalt streichen und sie
enterben. Ihre Kirchengemeinde würde sie verachten. Und so
weiter.
Es gab keine Zeugin, aber die Polizei hat das Recht, bei
Befragungen nach Belieben die Unwahrheit zu sagen.
Donte bestritt standhaft jegliche Beziehung zu
Nicole.
Und, fuhr Kerber mit seiner Finte fort, die Zeugin habe
erzählt, dass Nicole sich mit dieser Affäre zunehmend unwohl fühle.
Dass sie sie beenden wollte, dass aber er, Donte, sie nicht in Ruhe
gelassen habe. Dass sie sich von ihm massiv belästigt gefühlt habe.
Dass sie geglaubt habe, Donte sei von ihr regelrecht
besessen.
Donte bestritt das alles vehement. Er wollte wissen, wer die
Zeugin sei, doch Kerber erklärte, dass ihre Identität vertraulich
sei. Ihre Zeugin lügt,
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