Geständnis
streiche. Er blende sie einfach aus.
Das sei gang und gäbe, aufgrund seiner umfassenden Ausbildung und
seiner langen Erfahrung habe er, Kerber, das viele Male erlebt. Er
mutmaßte, dass Donte ziemlich scharf auf Nicole gewesen sei,
vielleicht sogar verliebt, und dass er ihr nie habe wehtun wollen.
Aber dann seien die Dinge außer Kontrolle geraten. Und plötzlich
sei sie tot gewesen. Er habe unter Schock gestanden, und die
Schuldgefühle hätten ihn überwältigt. Und so habe er das Ganze
ausgeblendet.
Donte bestritt weiterhin alles. Er war todmüde und legte
erschöpft den Kopf auf den Tisch. Kerber hieb mit solcher Wucht auf
die Platte, dass sein Verdächtiger heftig erschrak. Wieder
beschuldigte er Donte des Verbrechens, behauptete, sie hätten
Zeugen und Beweise, und prophezeite ihm, dass er binnen fünf Jahren
tot sei. Texanische Staatsanwälte wüssten, wie man die Dinge
beschleunige, sodass Exekutionen zügig erfolgten.
Er solle sich seine Mutter vorstellen, wie sie im Zeugenzimmer
sitze und ihm ein letztes Mal zuwinke, sich die Augen ausweine,
während ihm die Schnallen angelegt und die Injektionen angesetzt
würden. Sie sind ein toter Mann, sagte Kerber immer wieder. Aber es
gebe eine Alternative. Wenn Donte gestehen würde, ihnen erzählen
würde, was passiert sei, wenn er ein umfassendes Geständnis ablegen
würde, dann würde er, Kerber, garantieren, dass der Staat nicht die
Todesstrafe fordere. Donte würde bis an sein Lebensende hinter
Gitter kommen, was auch kein Zuckerschlecken sei, aber immerhin
könne er seiner Mom Briefe schreiben und sie zweimal im Monat
sehen.
Mit der Todesstrafe zu drohen oder Milde zu versprechen, ist
gegen die Verfassung, und die Polizei weiß das. Sowohl Kerber als
auch Morrissey bestritten, derartige Mittel angewandt zu haben. So
überrascht es auch nicht, dass Morrisseys Mitschrift Drohungen oder
Versprechungen mit keinem Wort erwähnt. Ebenso wenig enthält sie
eine genaue zeitliche Abfolge der Ereignisse. Donte hatte nichts
zum Schreiben zur Verfügung und verlor nach fünf Stunden Verhör
allmählich das Gefühl für Zeit.
Gegen Mitternacht öffnete Detective Needham die Tür und
berichtete, dass „Pickett auspacke“. Kerber grinste Morrissey an,
dann stürmten sie wieder in filmreifer Dramatik nach
draußen.
Pickett saß allein in seinem verschlossenen Raum und kochte
vor Wut, weil man ihn ganz offenbar vergessen hatte. Seit über
einer Stunde hatte er niemanden gesehen oder gesprochen.
Riley Drumm fand seinen grünen Van vor dem Gefängnis. Er hatte
die Straßen abgefahren und war erleichtert, als er das Auto
entdeckte. Aber er machte sich Sorgen um seinen Sohn, fragte sich,
in welchen Schwierigkeiten er wohl steckte. Das Stadtgefängnis von
Slone grenzt unmittelbar an das Polizeipräsidium. Riley ging
zunächst zum Gefängnis und erfuhr nach längerem Hin und Her, dass
sein Sohn sich nicht dort befinde. Es gebe zweiundsechzig Insassen,
von denen keiner Donte Drumm heiße. Der Beamte, ein jüngerer
Weißer, erkannte Dontes Namen und gab sich redlich Mühe, zu helfen.
Er schlug vor, dass Mr. Drumm nebenan im Präsidium nachfragen
solle. Aber auch dort sollte Dontes Vater nicht weiterkommen. Es
war 0.40 Uhr, der Haupteingang verschlossen. Riley rief seine Frau
an, um sie auf dem Laufenden zu halten, dann überlegte er, wie er
in das Gebäude gelangen konnte. Nach ein paar Minuten parkte ein
Streifenwagen in der Nähe, und zwei Beamte in Uniform stiegen aus.
Sie sprachen Riley Drumm an, der ihnen erklärte, warum er hier sei.
Er folgte ihnen hinein und nahm in der Eingangshalle Platz. Die
beiden Polizisten gingen seinen Sohn suchen. Eine halbe Stunde
verstrich, ehe sie wieder auftauchten, um mitzuteilen, dass Donte
einer Befragung unterzogen werde. Worüber, wussten die Beamten
nicht. Riley begann zu warten. Zumindest war der Junge in
Sicherheit.
Der erste Einbruch bei Donte erfolgte, als Kerber ein Farbfoto
von Nicole zum Vorschein brachte. Todmüde, einsam, verängstigt,
verunsichert und völlig überfordert, fing Donte an zu weinen, als
er ihr hübsches Gesicht sah. Kerber und Morrissey tauschten
zuversichtliche Blicke.
Donte weinte einige Minuten lang und bat dann, zur Toilette
gehen zu dürfen. Sie eskortierten ihn über den Flur und hielten
kurz vor dem Fenster, sodass er Torrey Pickett sehen konnte, der am
Tisch saß, über einen Schreibblock gebeugt. Donte starrte ihn
ungläubig an und murmelte kopfschüttelnd etwas zu sich
selbst.
Was Torrey schrieb,
Weitere Kostenlose Bücher