Geständnis
Kissen
gedrückt.
Für Serienkiller und Axtmörder ist der Todestrakt ein
Albtraum. Für einen Unschuldigen ist er eine psychische Folter, der
der menschliche Verstand nicht gewachsen ist.
Was das Todesurteil bedeutete, wurde Donte beängstigend klar,
als am 16. November 1999 Desmond Jennings wegen zweifachen Mordes
im Zuge eines missglückten Drogendeals hingerichtet wurde. Am
darauffolgenden Tag wurde John Lamb für den Mord an einem Vertreter
getötet, begangen, einen Tag nachdem er auf Bewährung entlassen
worden war.
Am nächsten Tag wurde Jose Gutierrez wegen bewaffneten
Raubüberfalls und Mordes hingerichtet. Sein Bruder, der das
Verbrechen mit ihm zusammen begangen hatte, war fünf Jahre zuvor
exekutiert worden. Jennings hatte vier Jahre in der Todeszelle
verbracht, Lamb sechzehn, Gutierrez zehn. Ein Wärter erzählte
Donte, der Durchschnittsaufenthalt in der Todeszelle betrage zehn
Jahre und sei damit kürzer - wie er stolz anmerkte - als in jedem
anderen Bundesstaat. Auch hier liege Texas wieder einmal auf Platz
eins. „Aber keine Sorge“, fügte der Wärter hinzu. „Es sind die
längsten zehn Jahre deines Lebens. Und natürlich die letzten.“ Ha,
ha.
Drei Wochen später, am 8. Dezember, wurde David Long
hingerichtet. Er hatte in einer Vorstadt von Dallas drei Frauen mit
einem Beil ermordet. Während des Prozesses hatte Long die
Geschworenen wissenlassen, dass er wieder morden werde, wenn er
nicht zum Tode verurteilt würde. Die Jury ließ sich nicht lange
bitten. Am 9. Dezember wurde James Beathard exekutiert - dreifacher
Mord. Fünf Tage später starb Robert Atworth nach nur drei Jahren in
der Todeszelle durch die Giftspritze, am Tag darauf Sammie Felder
nach dreiundzwanzig Jahren des Wartens.
Nach Felders Tod schrieb Donte in einem Brief an Robbie Flak:
„He, Mann, diese Typen hier meinen es echt ernst. Sieben Tötungen
in vier Wochen. Sammie war Nummer hundertneunundneunzig, seit sie
vor ein paar Jahren wieder grünes Licht bekommen haben. In diesem
Jahr war er Nummer fünfunddreißig, und für nächstes Jahr sind
fünfzig geplant. Tun Sie was, Mann.“
Die ohnehin miserablen Lebensbedingungen verschlechterten sich
zusätzlich, als die Justizbehörde des Staates Texas den Todestrakt
von Huntsville nach Polunsky ins sechzig Kilometer entfernte
Livingston verlegte. Offiziell wurde der Schritt nicht begründet,
doch er geschah nach einem gescheiterten Fluchtversuch von fünf
verurteilten Insassen. Vier wurden innerhalb der Gefängnismauern
gefasst, der fünfte im Fluss treibend gefunden, Todesursache
unbekannt. Bald darauf wurde der Beschluss gefasst, die
Sicherheitsmaßnahmen zu verschärfen und die Männer nach Polunsky zu
verlegen. Nach vier Monaten in Huntsville wurde Donte in Ketten
gelegt und mit zwanzig anderen in einen Bus verfrachtet.
Am Zielort wurde er in eine fensterlose 6-Quadratmeter-Zelle
gesteckt. Die Tür bestand aus massivem Stahl und hatte eine kleine
rechteckige Öffnung, damit die Wärter hineinsehen konnten. Darunter
war ein schmaler Schlitz für das Esstablett. Die Zelle war
rundherum geschlossen, keine Stäbe zum Durchschauen, keine Chance,
ein anderes menschliches Wesen zu erblicken. Ein enger Bunker aus
Beton und Stahl.
Die Gefängnisleitung von Polunksy war der Meinung, die beste
Methode, um Fluchtversuche und Gewalt zu unterbinden, wäre, die
Häfdinge dreiundzwanzig Stunden am Tag wegzuschließen. Es gab
praktisch keinerlei Kontakte unter den Insassen. Keine
Beschäftigungsprogramme, Gottesdienste oder Gruppenaktivitäten,
nichts, was menschliche Interaktion gefördert hätte. Fernseher
waren verboten. Für eine Stunde am Tag wurde Donte in einen
„Tagesraum“ geführt, einen kleinen, abgeschlossenen Raum, der kaum
größer war als seine Zelle. Dort durfte er sich unter den Augen
eines Wärters etwas ausdenken, das zu seiner Entspannung beitrug.
Zweimal in der Woche wurde er, sofern das Wetter es zuließ, nach
draußen in einen kleinen, spärlich mit Gras bewachsenen Hof
geführt, der „Zwinger“ genannt wurde. Dort durfte er eine Stunde
lang den Himmel anschauen.
Es dauerte nicht lange, und er sehnte sich nach dem Dauerlärm
von Huntsville zurück, der ihm so zugesetzt hatte.
Nach einem Monat in Polunsky schrieb er in einem Brief an
Robbie Flak: „Dreiundzwanzig Stunden am Tag bin ich in diesem
Tresor eingesperrt. Ich spreche nur, wenn die Wärter das Essen
bringen, oder das, was die hier Essen nennen. Die einzigen
Menschen, die ich sehe, sind Wärter,
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