Geständnis
Travis?“
Ein Grunzen.
„ Es wird funktionieren, Travis. Aber wir dürfen nicht noch mehr
Zeit verlieren.“
„ Es ist sowieso Zeitverschwendung.“
„ Ja, was steht schon auf dem Spiel? Nur das Leben eines
unschuldigen Menschen ...“
„ Gestern Abend haben Sie mich einen Lügner genannt.“
„ Weil Sie gelogen haben.“
„ Haben Sie meine Verhaftung damals in Slone
überprüft?“
„ Ja.“
„ Dann habe ich also nicht gelogen.“
„ Nicht in diesem Punkt. Sie lügen auch nicht, was Donte Drumm
angeht.“
„ Danke. Ich möchte jetzt schlafen.“
„ Kommen Sie schon, Travis. Es wird höchstens fünfzehn Minuten
dauern, das Video aufzunehmen. Ich kann es auch mit meinem Handy
machen, wenn Ihnen das lieber ist.“
„ Sie verursachen mir wieder Kopfweh, Reverend. Ich spüre, wie
es losgeht. Sie müssen jetzt gehen. Und kommen Sie bitte nicht
wieder.“
Keith stand auf und atmete tief durch. Zur Verdeutlichung
wiederholte Boyette, was er gesagt hatte, allerdings wesentlich
lauter. „Sie müssen jetzt gehen, Reverend. Und kommen Sie bitte
nicht wieder.“
Keith und Matthew ließen sich, eine Schale Rindfleischeintopf
in der Hand, an einem Tisch ganz hinten im Eppie's nieder. Matthew
holte einen Notizzettel aus einer Tasche und sagte mit vollem Mund:
„Es gibt nicht direkt einen Paragrafen für diesen Tatbestand, aber
du würdest wahrscheinlich wegen Behinderung der Justiz angeklagt.
Schlag dir das bloß aus dem Kopf, diesen Typ nach Texas zu
bringen.“
„ Ich habe gerade mit unserem Mann geredet. Er ist
...“
„ Unser Mann? Ich wusste gar nicht, dass ich engagiert
bin.“
„ Er ist im Krankenhaus. Hatte gestern Abend schwere Anfälle.
Der Tumor wird ihn bald töten. Er hat kein Interesse mehr daran, zu
helfen. Er ist ein Widerling, ein Psychopath und war vermutlich
schon krank im Kopf, bevor der Tumor sein Hirn befallen
hat.“
„ Warum war er in der Kirche?“
„ Wahrscheinlich weil er dem Anchor House für ein paar Stunden
entkommen wollte. Na ja, so kann man das nicht sagen. Ich habe
echte Gefühle bei dem Kerl gesehen, echtes Schuldbewusstsein und
ein kurz aufblitzendes Bedürfnis, das Richtige zu tun. Dana hat mit
einem seiner ehemaligen Bewährungshelfer in Arkansas gesprochen. Er
hat ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert und erzählt, dass
unser Mann im Gefängnis Mitglied irgendeiner weißen Rassistengang
war. Donte Drumm ist schwarz, ich frage mich also schon, wie viel
Sympathie da wirklich im Spiel ist.“
„ Du isst gar nichts“, sagte Matthew und nahm einen Löffel
Eintopf.
„ Kein Hunger. Ich habe eine neue Idee.“
„ Du wirst nicht nach Texas fahren. Die würden dich vermutlich
sofort niederschießen.“
„ Schon gut, schon gut. Hier ist meine Idee: Wie wär's, wenn du
Donte Drumms Anwalt anrufst? Ich bin nicht einmal an der Sekretärin
vorbeigekommen. Ich bin nur ein bescheidener Diener Gottes, aber du
bist Jurist, Staatsanwalt, du sprichst seine Sprache.“
„ Und was soll ich ihm sagen?“
„ Du könntest sagen, du hättest Grund zu der Annahme, dass der
wahre Mörder hier in Topeka ist.“
Matthew kaute und schluckte, ehe er reagierte. „Und das soll
genügen? Der Anwalt bekommt einen mysteriösen Anruf von mir. Ich
sage, was ich sagen soll - was nicht viel ist -, und das soll dem
Anwalt die nötige Munition geben, um vor Gericht zu erwirken, dass
die Hinrichtung aufgeschoben wird? Habe ich das richtig verstanden,
Keith?“
„ Du kannst wesentlich überzeugender sein. Das weiß
ich.“
„ Versuch, dir Folgendes vorzustellen: Dieser Widerling ist ein
krankhafter Lügner, und er wird bald sterben, das arme Schwein. Und
so beschließt er, mit Pauken und Trompeten abzugehen, dem System,
das ihn kleingekriegt hat, nochmal so richtig eine zu verpassen. Er
erfährt von dem Fall in Texas, recherchiert ein wenig, bekommt
heraus, dass nie eine Leiche gefunden wurde, und, zack, hat er
seine Geschichte. Er findet die Website und macht sich mit den
Fakten vertraut, und jetzt spielt er mit dir. Ist dir klar, wie
viel Aufmerksamkeit dieser Typ bekommen würde? Nur seine Gesundheit
würde nicht mitspielen. Lass die Finger von der Sache, Keith. Die
Wahrscheinlichkeit ist zu hoch, dass er ein Schwindler
ist.“
„ Wie soll er von dem Fall erfahren haben?“
„ Alle Zeitungen haben darüber geschrieben.“
„ Wie soll er die Website gefunden haben?“
„ Schon mal was von Google gehört?“
„ Er hat keinen Zugang zu Computern. Er hat die
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