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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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nicht unbedingt die Art von
Leuten, die ich mir freiwillig aussuchen würde. Ich bin von Mördern
umgeben, von echten Mördern, und ich würde lieber mit ihnen
sprechen als mit den Wärtern. Alles hier ist darauf ausgelegt,
einem das Leben zu vermiesen. Zum Beispiel die Mahlzeiten.
Frühstück bekommen wir morgens um drei. Warum? Das weiß niemand,
und niemand stellt es infrage. Sie wecken uns, um uns ein Zeug
vorzusetzen, das die meisten Hunde nicht anrühren würden.
Mittagessen gibt es um drei Uhr nachmittags, Abendessen um zehn Uhr
abends. Kalte Eier und Weißbrot zum Frühstück, manchmal Pfannkuchen
und Apfelmus. Erdnussbuttersandwiches zum Mittagessen. Manchmal
Schnittwurst, aber von der übelsten Sorte. Gummihuhn und
angerührter Kartoffelbrei zum Abendessen. Irgendein Richter hat mal
festgelegt, dass wir zweitausendzweihundert Kalorien am Tag
bekommen sollen - das wissen Sie sicher -, und wenn die meinen, sie
hätten ein bisschen zu wenig aufgelegt, packen sie einfach noch
mehr Weißbrot dazu. Und das ist immer alt. Gestern hatte ich zu
Mittag fünf Scheiben Weißbrot, kaltes Schweinefleisch und Bohnen
und einen Brocken gammeligen Cheddarkäse. Können wir die wegen des
Essens verklagen? Ist wahrscheinlich sowieso schon passiert. Aber
das Essen kann ich ertragen. Auch die ständigen Durchsuchungen. Ich
kann mit allem klarkommen, Robbie, aber nicht mit der Einsamkeit,
glaube ich. Tun Sie bitte irgendwas.“
    Er wurde immer depressiver und mutloser und schlief zwölf
Stunden am Tag. Gegen die Langeweile spielte er jedes Footballspiel
seiner Highschoolzeit durch. Er stellte sich vor, er wäre der
Radioreporter, der in glühenden Farben den Spielverlauf schildert,
und immer war der großartige Donte Drumm der Star. Er ratterte die
Namen seiner Teamkollegen herunter, alle bis auf Joey Gamble, und
gab den Gegnern Fantasienamen. Zwölf Spiele waren es im zweiten
Jahr gewesen, dreizehn im dritten. Marshall hatte zwar Slone beide
Male in der Play-off-Runde geschlagen, aber nicht in Dontes Kopf.
Da gewannen die Slone Warriors und kamen weiter, bis sie im
Endspiel um die Meisterschaft Odessa Permian deklassierten, im
Cowboys Stadium, vor fünfundsiebzigtausend Fans. Donte wurde „Man
of the Match“ und in zwei aufeinanderfolgenden Jahren „Mr. Texas
Football“, das hatte es noch nie gegeben.
    Nach der Footballphase, nachdem er seine Kommentatorenkarriere
aufgegeben hatte, schrieb Donte Briefe. Sein Ziel war es, pro Tag
mindestens fünf zu verfassen. Er las stundenlang in der Bibel und
lernte ganze Passagen auswendig. Als Robbie einen umfangreichen
Antrag bei einem neuen Gericht einreichte, las Donte den
Schriftsatz von vorn bis hinten durch. Zum Beweis schrieb er seinem
Anwalt lange Dankesbriefe.
    Doch nach einem Jahr in der Isolation bekam er Angst, das
Gedächtnis zu verlieren. Die Ergebnisse seiner alten Spiele fielen
ihm nicht mehr ein, ebenso Namen von Teamkollegen. Er bekam die
siebenundzwanzig Bücher des Neuen Testaments nicht mehr zusammen.
Er war lethargisch und wurde seine Depression nicht mehr los. Es
schien, als würde sich sein Gehirn allmählich auflösen. Er schlief
sechzehn Stunden am Tag und aß nur die Hälfte von dem, was er
hingestellt bekam.
    Am 14. März 2001 passierten zwei Dinge, die ihm fast den Rest
gaben. Das erste hing mit einem Brief seiner Mutter zusammen. Er
war drei Seiten lang, verfasst in der Handschrift, die Donte so
liebte, und dennoch gab er nach der ersten Seite auf. Er konnte
keinen Brief mehr zu Ende lesen. Er wollte, und er wusste, dass er
sollte, aber er konnte seinen Blick nicht mehr auf dem Papier
halten. Sein Verstand war nicht mehr in der Lage, den Wörtern eine
Bedeutung zuzuordnen. Zwei Stunden später bekam er die Nachricht,
dass der Texas Court of Criminal Appeals sein Todesurteil in
höchster Instanz bestätigt hatte. Er weinte lange, dann legte er
sich auf seine Pritsche und starrte in einer Art halbkatatonischem
Zustand stundenlang regungslos an die Decke. Das Mittagessen rührte
er nicht an.
    Im letzten Spiel seines dritten Highschooljahres, in einem
Play-off-Spiel gegen die Marshalls, war ihm ein Offensive Tackle
mit hundertvierzig Kilo Lebendgewicht auf die Hand getreten. Drei
Finger waren gequetscht und gebrochen. Der Schmerz war so heftig,
dass er fast das Bewusstsein verloren hätte. Ein Trainer fixierte
die Finger mit Tape, kurz darauf war Donte wieder im Spiel. Fast
die ganze zweite Halbzeit lang spielte er wie ein Berserker. Der
Schmerz raubte ihm fast

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