Geständnis
ganz sicher, aber du könntest ganz schön
Probleme bekommen, vielleicht würde man dir sogar das Pastorenamt
entziehen. Eine Freiheitsstrafe halte ich für unwahrscheinlich,
aber es könnte trotzdem wehtun.“
„ Wie soll er denn sonst runterkommen?“
„ Hast du nicht gesagt, dass er sich dagegen entschieden
hat?“
„ Und was, wenn er doch noch will?“
„ Immer langsam, Keith, einen Schritt nach dem anderen.“ Der
dritte Blick auf die Uhr. „Ich muss jetzt dringend los. Gehen wir
heute Mittag zusammen essen. Dann können wir uns weiter
unterhalten.“
„ Gute Idee.“
„ Es gibt ein Schnellrestaurant hier in der Straße, Ecke Seventh
Street, das Eppie's. Da finden wir in einer abgeschiedenen Ecke
einen Tisch, wo wir ungestört reden können.“
„ Ich kenne das Lokal.“
„ Gut, dann sehen wir uns dort um zwölf.“
Im Anchor House saß wieder der Exhäftling mit der mürrischen
Miene am Eingang. Er war in ein Kreuzworträtsel vertieft und nicht
begeistert über die Unterbrechung. Boyette sei nicht da, sagte er
kurz angebunden. Keith hakte vorsichtig nach. „Ist er bei der
Arbeit?“
„ Er ist im Krankenhaus. Wurde letzte Nacht
eingeliefert.“
„ Was ist passiert?“
„ Ich weiß nur, dass er wieder Anfälle hatte. Der Typ ist echt
fertig, in mehr als einer Hinsicht.“
„ Welches Krankenhaus?“
„ Ich hab den Krankenwagen nicht gefahren.“ Damit kehrte er zu
seinem Rätsel zurück, und das Gespräch war beendet.
Keith fand den Patienten im zweiten Stock des St. Francis
Hospital, in einem Zweibettzimmer direkt am Fenster. Ein dünner
Vorhang trennte sein Bett von dem anderen. Da Keith hier als Pastor
regelmäßig Besuche machte, brauchte er der Schwester nur zu sagen,
dass Mr. Boyette seine Kirche besucht habe und ihn sehen
wolle.
Boyette war wach und hatte eine intravenöse Kanüle im linken
Arm. Er lächelte, als er Keith sah, und hielt ihm die kraftlose
rechte Hand entgegen. „Danke, dass Sie gekommen sind, Reverend“,
sagte er mit schwacher, krächzender Stimme.
„ Wie geht es Ihnen, Travis?“
Fünf Sekunden verstrichen. Er hob die linke Hand leicht und
sagte: „Die haben hier ein paar ziemlich gute Arzneien. Es geht mir
besser.“
„ Was ist passiert?“, erkundigte sich Keith, obwohl er es zu
wissen glaubte.
Boyette blickte zum Fenster, obwohl nichts als grauer Himmel
zu sehen war. Zehn Sekunden verstrichen. „Nachdem Sie weg waren,
Reverend, ging es mir richtig schlecht. Heftige Kopfschmerzen, die
nicht aufhörten. Dann bin ich in Ohnmacht gefallen und wurde
hierhergebracht. Die meinten, ich hätte gezuckt und
gezittert.“
„ Das tut mir leid, Travis.“
„ Daran sind vor allem Sie schuld, Reverend. Sie haben mich zu
stark unter Druck gesetzt.“
„ Das tut mir wirklich leid, aber vergessen Sie bitte nicht,
dass Sie zu mir gekommen sind. Sie wollten meine Hilfe. Sie haben
mir von Donte Drumm und Nicole Yarber erzählt, zwei Menschen, von
denen ich zuvor nie etwas gehört hatte. Sie haben den Kontakt zu
mir gesucht. Nicht umgekehrt.“
„ Stimmt.“ Boyette schloss die Augen. Sein Atem ging mühsam und
schwer.
Es gab eine lange Pause. Keith beugte sich vor und sagte fast
flüsternd: „Sind Sie noch da, Travis?“
„ Ja.“
„ Dann hören Sie mir zu. Ich habe einen Plan. Möchten Sie ihn
hören?“
„ Sicher.“
„ Als Erstes machen wir ein Video, in dem Sie Ihre Geschichte
erzählen. Sie geben zu, was Sie Nicole angetan haben. Sie erklären,
dass Donte nichts mit der Vergewaltigung und dem Mord an ihr zu tun
hat. Sie sagen alles, Travis. Und Sie sagen, wo sie vergraben ist.
Nennen Sie so viele Details wie möglich, dann wird die Leiche mit
etwas Glück auch gefunden. Wir drehen das Video gleich hier, im
Krankenhaus. Und sobald ich es habe, schicke ich es nach Texas, an
Dontes Anwalt, an den Staatsanwalt, den Richter, die Polizei, die
Gerichte, den Gouverneur und sämtliche Zeitungen und Fernsehsender
da unten. Alle werden es erfahren. Ich mache das per E-Mail, dann
haben die es binnen weniger Minuten. Kommen wir zu Teil zwei meines
Plans. Sie geben mir den Ring. Ich werde ihn fotografieren und das
Bild an dieselben Leute schicken, die ich gerade aufgezählt habe,
und zwar ebenfalls per E-Mail. Den Ring selbst schicke ich per
Express an Dontes Anwälte, dann haben sie einen Beweis in der Hand.
Wie wäre das, Travis? Sie können Ihre Geschichte erzählen, ohne das
Krankenbett verlassen zu müssen.“
Boyettes Augen blieben geschlossen.
„
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