Geständnis
um sich das Gesicht
abzuwischen. Als die Tränen versiegt waren, verschränkte er die
Arme vor der Brust und starrte zu Boden. Irgendwann stand er auf
und verschwand nach hinten durch die Tür.
Der Rest des Teams wartete draußen im Van, unter den Augen
eines Wärters, der lässig in der Nähe stand. Als Robbie und Dr.
Hinze eingestiegen waren, winkte Aaron Rey dem Wärter zu und führ
los. Sie hielten für ein schnelles Mittagessen in einem
Pizzarestaurant am Stadtrand. Kaum saßen sie wieder im Wagen, um
Livingston hinter sich zu lassen, da klingelte das Telefon. Fred
Pryor berichtete, dass Joey Gamble angerufen habe, weil er mit ihm
nach der Arbeit etwas trinken gehen wolle.
Chapter
11
In einer normalen Woche hätte sich Reverend Schroeder den
größten Teil des Dienstagnachmittags in sein Büro eingeschlossen,
um ein Thema für seine nächste Predigt zu finden. Er hätte aktuelle
Ereignisse betrachtet, überlegt, was seine Schäflein bewegte, viel
gebetet und schließlich, wenn ihm nichts eingefallen wäre, Ordner
mit alten Predigten durchstöbert. Sobald ihm eine Idee in den Sinn
kam, entwarf er zunächst ein grobes Konzept und machte sich dann an
den ausführlichen Text. Von diesem Moment an spürte er keinen Druck
mehr und konnte sich in aller Ruhe vorbereiten. Es gab für ihn
nichts Schlimmeres, als am Mittwochmorgen aufzuwachen, ohne zu
wissen, was er am Sonntag erzählen sollte.
Doch seit ihn Travis Boyette beschäftigte, konnte er sich auf
nichts anderes mehr konzentrieren. Am Dienstag nach dem Essen
machte er einen ausgiebigen Mittagsschlaf, nach dem er sich
benebelt, ja regelrecht groggy fühlte. Dana war nach Hause
gegangen, um sich um die Kinder zu kümmern, und Keith hantierte
ziellos im Büro herum, ohne etwas Produktives zu tun. Schließlich
ging er auch. Er überlegte, ob er zum Krankenhaus fahren sollte, um
nachzusehen, ob der Tumor gewandert war und Boyette seine Meinung
geändert hatte. Was allerdings wenig wahrscheinlich war.
Während Dana das Abendessen vorbereitete und die Jungs
Hausaufgaben machten, suchte Keith in der Garage Ruhe. Er hatte
sich erst kürzlich vorgenommen, sie zu renovieren und umzuräumen,
um sie in Zukunft sauber halten zu können. Normalerweise machten
ihm einfache, manuelle Arbeiten wie Putzen oder Aufräumen Spaß,
aber heute verhinderte Boyette selbst dieses bescheidene Vergnügen.
Nach einer halben Stunde gab er auf und schloss sich mit dem Laptop
im Schlafzimmer ein. Drumms Website zog ihn magnetisch an wie ein
dicker schlüpfriger Roman, und es gab noch so viel zu
lesen.
DER KOFFEE-GRALE-SKANDAL
Das Verfahren gegen Donte Drumm wurde von Paul Koffee, dem
Bezirksstaatsanwalt von Slone und ehester County, geleitet.
Vorsitzende Richterin war Vivian Grale. Sowohl Koffee als auch
Grale waren in ihre Ämter gewählt worden. Während der Prozessphase
war Koffee dreizehn Jahre im Amt, Grale fünf. Koffee war mit Sara
verheiratet, mit der er drei Kinder hat. Grale war mit Frank
verheiratet, sie haben zwei Kinder.
Heute sind die Koffees ebenso wie die Grales
geschieden.
Der einzige größere Antrag der Verteidigung, dem Richterin
Grale stattgegeben hat, war die Bitte, das Verfahren in einen
anderen Gerichtsbezirk zu verlegen. Die ständige Medienpräsenz des
Sensationsfalles hätte ein faires Verfahren in Slone unmöglich
gemacht. Dontes Anwälte wollten es möglichst weit weg haben und
schlugen Amarillo oder Lubbock vor, Städte, die rund
siebenhundertfünfzig Kilometer von Slone entfernt lagen. Richterin
Grale gab dem Antrag statt. Experten sind sich darin einig, dass
sie gar keine andere Wahl hatte; den Prozess in Slone abzuhalten
hätte sich als folgenschwerer Fehler herausgestellt. Sie wählte
Paris, Texas, als neuen Gerichtsstand. Das Gericht von Paris liegt
genau dreiundsiebzig Kilometer von Slone entfernt. Nach dem
Urteilsspruch brachten Dontes Verteidiger in der nächsthöheren
Instanz vor, dass es nichts genützt habe, das Verfahren nach Paris
zu verlegen. In der Tat hatte bei der Auswahl der Jury rund die
Hälfte der potenziellen Geschworenen zugegeben, schon einmal von
dem Fall gehört zu haben.
Von der Verlegung des Verfahrens abgesehen, zeigte Richterin
Grale keinerlei Entgegenkommen. Ihre wichtigste Entscheidung war
es, Dontes erzwungenes Geständnis zuzulassen. Ohne dieses
Geständnis hätte die Staatsanwaltschaft keinen Fall gehabt, keinen
Beweis, nichts. Das Geständnis war der Fall.
Doch andere richterliche Entscheidungen waren nicht
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