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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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könnte vielleicht einen Fehler
machen. Es ist ein furchtbarer Fall, Robbie.“
    „ Danke, Euer Ehren. Ich lebe seit neun Jahren
damit.“
    „ Und er birgt Zündstoff. Ich habe gestern mit zwei schwarzen
Anwälten gesprochen, gute Männer, du kennst sie beide. Sie sind
wütend auf das System, aber sie fürchten auch die Auswirkungen. Sie
rechnen mit Unruhen, wenn Drumm hingerichtet wird.“
    „ Davon habe ich auch schon gehört.“
    „ Was können wir tun, Robbie? Gibt es eine Möglichkeit, den Lauf
der Dinge aufzuhalten? Ich habe nie einen Todeskandidaten
vertreten, und ich weiß nicht, inwieweit Sie alle Rechtsmittel
ausgeschöpft haben.“
    „ Es bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten, Euer Ehren. Wir
reichen gerade einen Antrag auf Unzurechnungsfähigkeit
ein.“
    „ Und wie stehen die Chancen?“
    „ Schlecht. Donte hat bislang keine Akte über psychische
Erkrankungen. Wir bringen vor, dass ihn acht Jahre Todeszelle in
den Wahnsinn getrieben haben. Wie Sie wissen, sind die Gerichte in
der Regel äußerst skeptisch, wenn in letzter Minute neue Theorien
auftauchen.“
    „ Ist der Junge wirklich verrückt?“
    „ Er hat ernsthafte psychische Probleme, aber ich vermute, dass
er trotzdem weiß, was los ist.“
    „ Sie sind also nicht optimistisch.“
    „ Ich bin Strafverteidiger, Euer Ehren. Optimismus ist bei mir
genetisch nicht vorgesehen.“
    Richter Henry schraubte den Verschluss von seiner
Plastikflasche und nahm einen Schluck Wasser, ohne den Blick von
Robbie zu nehmen. „Nun gut, ich werde den Gouverneur anrufen“,
sagte er, als würde dieses Telefonat alles verändern. Was nicht
passieren würde. Der Gouverneur bekam derzeit ziemlich viele
Anrufe, vor allem von Robbie und seinem Team.
    „ Danke, Euer Ehren, aber erwarten Sie nicht zu viel. Dieser
Gouverneur hat noch nie eine Hinrichtung gestoppt, im Gegenteil, er
würde sie am liebsten beschleunigen. Er hat ein Auge auf einen
Senatssitz geworfen, und er zählt schon Wählerstimmen, bevor er
sich an den Frühstückstisch setzt. Er ist ein heuchlerisches,
gnadenloses, feiges Schwein mit einer glänzenden politischen
Zukunft.“
    „ Sie haben ihn also nicht gewählt?“
    „ Nein. Aber bitte rufen Sie ihn an.“
    „ Das werde ich. Ich treffe mich in einer halben Stunde mit Paul
Koffee, um mit ihm darüber zu reden. Ich will nicht, dass er
unvorbereitet davon getroffen wird. Außerdem werde ich mit dem Kerl
von der Zeitung reden. Ich möchte mich öffentlich als Gegner dieser
Hinrichtung positionieren.“
    „ Danke, Euer Ehren, aber warum kommt das alles jetzt erst? Wir
hätten dieses Gespräch schon vor einem Jahr oder vor fünf Jahren
führen können. Ganz schön spät, um sich noch
einzumischen.“
    „ Vor einem Jahr hat kaum jemand an Donte Drumm gedacht. Die
Hinrichtung lag in weiter Ferne. Es bestand immer noch die Chance,
dass er vor einem Bundesgericht Gehör findet. Dass es vielleicht zu
einer Wiederaufnahme, einem neuen Prozess kommt. Ich weiß es nicht,
Robbie. Vielleicht hätte ich mich früher einmischen sollen. Aber es
war nicht mein Fall. Ich war mit meinen eigenen Angelegenheiten
beschäftigt.“
    „ Ich verstehe.“
    Sie verabschiedeten sich mit einem Händedruck. Robbie nahm die
Hintertreppe, um nicht einem neugierigen Kollegen oder
Justizangestellten in die Arme zu laufen. Auf dem Weg über den
menschenleeren Korridor überlegte er fieberhaft, welcher von den
gewählten Amtsträgern der Stadt oder des County Unterstützung für
Donte Drumm zugesagt hatte. Einer fiel ihm ein. Der einzige
schwarze Stadtrat von Slone.
    Neun Jahre lang hatte Robbie einen langen, einsamen Kampf
geführt. Nun stand er kurz davor, ihn zu verlieren. Der Anruf vom
Cousin eines Großspenders würde nicht genügen, um in Texas eine
Hinrichtung zu verhindern. Das Räderwerk war gut geölt und
arbeitete zuverlässig. Sobald es in Bewegung gesetzt war, ließ es
sich nicht mehr aufhalten.
    Auf dem Rasen vor dem Gerichtsgebäude errichteten Arbeiter ein
provisorisches Podium. Ein paar Polizisten, die in der Nähe
standen, unterhielten sich nervös, als der erste Kirchenbus hielt.
Ein gutes Dutzend Schwarze stiegen aus und gingen an den
Kriegsdenkmälern vorbei über den Rasen. Sie suchten sich eine
Stelle aus, klappten Stühle auf und begannen zu warten. Die
Versammlung oder Protestkundgebung oder wie immer man es nennen
sollte, war für zwölf Uhr angesetzt.
    Robbie war gebeten worden, eine Rede zu halten, hatte aber
abgelehnt. Ihm fiel nichts ein, was er

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