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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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einen merkwürdigen Gedanken hervor: Treue oder Bequemlichkeit — eigentlich fühlt er sich nur zwei Menschen auf gleicher Inkarnationsstufe verbunden. Daniela und Renate. Oder doch nicht? Mußten deswegen die Beziehungen in früheren Jahren erst einmal scheitern? Ist er deswegen wiedergekommen und hütet den Hof? Wie dem auch sei, entscheidet er noch vor Ort, die alte Zusammengehörigkeit zu pflegen, einander in Reichweite zu wissen, wird gut sein.
    Nach dieser Erkenntnis bekommt Georgia einen Kuß. Am Abend fährt der gewissenhafte Hüter hinaus auf den Hof.

    Möglicherweise hatte die Postkarte aus Fernost Einfluß auf das Geschehen im Zu-Haus. Nicht der Kräfte, die von dem Bild des meditierenden Buddha ausgingen, noch des veralberten Textes wegen, sondern einfach, weil sie gerade jetzt kam. Lieber Lukas! Wir denken an dich und sind schon klatschnaß. Bei der Luftfeuchtigkeit hier wird Schreiben zur Anstrengung. Wenn wir uns ein kühles Bier mit dir auf dem Bühlhof nur vorstellen, müssen wir sofort unter die Dusche. Trink ‘ du ‘s für uns! Deine strapazierte Daniela und Renate.

    Luggi war gewiß kein Mephisto. Andere in Versuchung zu führen, lag ihm fern. Das beschränkte er auf die eigene Person. Mit Hilfe der Flasche. Er machte einen vernünftigen Vorschlag. Die herausgebrochenen Ziegelsteine hatten ausgereicht, um die Wand für das Klo in der Diele hochzuziehen. Jetzt zu verputzen wäre unsinnig. Der nächste logische Schritt hieß: Wasser-, Abwasser- und Stromleitungen anschließen. Eine Kleinigkeit, denn Rohre und Kabel waren bei der Renovierung des Hofs vorsorglich bis hinüber verlegt worden. Luggi wußte, wo sie enden.
    Alois war da schon eher ein Mephisto. Indes nicht minder vernünftig. Sind die Leitungen da, dann führt man sie auch gleich weiter. Die paar Meter Rohr und Draht für das kleine Haus kommen selbst im Einzelhandel billiger, als wenn man nachträglich alles wieder aufreißen muß. Fertige Anschlüsse gehören zum Rohbau.
    Während des noch immer englischen Frühstücks, Schinken, Ei, Orangenmarmelade, Teewasser aus dem Brunnen, sah er Luggi mit der Spitzhacke nach den Leitungen graben. In seiner Zeiteinteilung war Lukas eher Städter als Mann vom Lande, Männchen malte er am liebsten nachts und stand entsprechend später auf. Heute wartete er auf Alois, der wegen eines Ersatzteils in die Kreisstadt fuhr. Dort werde es auch die erforderlichen Rohre und Leitungen geben, hatte ihm der Pacherbauer mit einem Lächeln versichert, das Überraschung zumindest nicht ausschloß. Für eine Überraschung gut war auch der Wagen, der statt des Erwarteten zwischen Luggi und Gemüsegarten auf den Hof zufuhr. Lukas legte die Zeitung mit der Glosse über das Landleben der Städter beiseite. Türaufschrift des Wagens und vor allem die Schreitweise des Mannes im Grau der Arbeit, ließen auf Konfrontation mit der unteren Obrigkeit schließen.
    Er habe, erfuhr der Hofhüter nach knappem Grüß Gott, neuerdings neben dem Hof ein Klohäusl stehen und das sei — sie gell, wissen’s scho — am Rand des Wasserschutzgebiets nicht erlaubt. Den Vorwurf mit Gelächter abzuschmettern, war Lukas eine Freude. Dies täuschte, erläuterte er launig, der Transport von Flüssigkeit finde hier ausschließlich in Gegenrichtung statt. Es handle sich nämlich um einen Brunnen. Das Häusl diene nur sozusagen als Verschluß.
    „Brunnen?“ Das Wort löste im Gesicht des Hydrofunktionärs Alarm aus. „Sie wissen, daß die alten Brunnen verboten sind. Der Hof ist an unser Netz ang’schlossen.“
    Klingeln des Telefons machte es möglich, über eine geeignete Antwort nachzudenken. Zärtlich tönte Georgia durch die Leitung, wollte die erste sein, mit der er heute spricht, — und vor Ort ging es um sein Brunnenwasser. Alois kam zur Tür herein, Lukas wollte ihn warnen, doch bis Georgia verstand, war es zu spät. Sie legte auf. Glücklicherweise, wie sich herausstellte.
    Die beiden Männer kannten sich. Alois begriff sofort und hielt den Ton zwischen Ernst und Scherz, wie auf einem Viehmarkt.
    „Das Klohäusl hat er von mir.“
    „Das ist mir wurscht. Der Brunnen muß zug’schütt’ werdn!“
    „So weit kommts noch! Den braucht er für’n Bau. Fürs Verputzen ist euer teuers Wasser zu schad. Wie’s für’n G’müsegarten zu hart ist. Drum haben wir ja unsere Wasserfaßl mit’m Regenwasser. Und das ist auch erlaubt. Also...?“ Beim Pacherbauern den Unmenschen zu spielen, — das hätte sich rumgesprochen, das

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