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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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wäre für den Hydrofunktionär einem Selbstrufmord gleichgekommen. Er ließ seinen Widerstand versickern. Mit Lukas allein wäre das Gespräch anders verlaufen.
    War unter diesen Umständen das Zu-Haus sicher? Verwaltung kann Gestaltung verbieten. Draußen schwang der Luggi die Hacke und weshalb der grub, konnte dem Fachmann nicht entgehen. Nach Albereien mit Alois wurde er an der Tür noch einmal dienstlich: „Was hier ‘baut wird, dafür bin ich net zuständig. Aber daß mir niemand von dem Brunnenwasser trinkt! Da besteht Seuchengefahr!“
    Lukas konnte nicht widerstehen, den Wassermann pro forma zu einer Tasse Tee einzuladen, ein Scherz, über den Alois unterwegs noch lachte. Seinem Beifahrer tat das gut. Der war moralisch in den verbotenen Brunnen gefallen und konnte nur mit glaubhaften Argumenten wieder gehoben werden.
    Alois redete wie ein Vertreter auf ihn ein: Erstens liege das Zu-Haus des Bühlhofs an keiner Straße, auf der Beamte der Baubehörde täglich vorbeifahren und jede Veränderung wahrnehmen. Zweitens: Und selbst wenn? Ein Hof ist ein Hof und schon lang da. Kleinlich seien die Behörden bei Neubauten und das sei nützlich. Sonst stünden im Voralpenland noch mehr Bungalows. Es gebe nämlich auch noch Gemeinden, die fürchteten, den Anschluß an den Fortschritt zu verlieren, wenn sie noch Satteldächer erlaubten und deshalb Bungalows vorschreiben würden...
    Die optische Phantasie des Männchenmalers setzt das sofort um. Renate und Daniela kommen zurück. Der Bühlhof hat einen Bungalow als Zu-Haus, mit Wolkenstores hinter Panoramascheiben, wuchtigem Gartenkamin, wie angeklebt, Swimmingpool zwischen Sitzplatz und Doppelgarage, rundherum mehrfarbige Bodenplatten, versetzt gepflanzte exotische Ziersträucher, an der Kastenfassade lehnt ein altes Wagenrad und irgendwo auch Martina.
    Hinter ihnen hupt jemand.
    Alois servierte bereits das nächste Beschwichtigungsbeispiel. Da gab’s bei der Baubehörde im Nachbarkreis einen Ehrgeizling. Der genehmigte überhaupt nichts mehr, außer bei Gesinnungsgenossen. Der harte Kurs lockerte sich erst, nachdem der Gesellschaftsveränderer einige Male nachts krankenhausreif verändert worden war. Die Täter wurden rein zufällig nie gefaßt...
    Für sein Buchvorhaben weniger griffig als der Bungalow, befindet der Männchenmaler, da mündet das ungeduldige Hupen in ein riskantes Überholmanöver. Hinter dem Lenkrad des schweren Wagens eine Weibsperson in dümmlich-überlegener Pose. Nicht die erste seit seiner Rückkehr, es scheint sich um eine Emanzipationsfolge zu handeln: die Nobel-Proletin am Steuer.
    Unbeeindruckt redet der Alois weiter. Es bestehe keine Gefahr, wenn es sich um bereits stehende Gebäude handle. Was hinter den Mauern geschieht, geht ohne viel Fragen oder Einreichen von Plänen. Und wenn schließlich im Zuge einer Renovierung, ein Fenster mehr da, ein Dach weiter heruntergezogen ist oder ein neuer Schornstein hinausragt, beanstandet das niemand, so lang einen kein böswilliger Nachbar hinhängt. Und da komme ja nur er in Frage. Aber weil Gottes Mühlen manchmal gar nicht so langsam mahlen, sei kürzlich bei einem solchen Giftzwerg die Scheune niedergebrannt, obwohl die gesamte Umgebung beim Löschen geholfen habe. Kurzum, Schwierigkeiten gebe es nach menschlichem Ermessen eigentlich nur rein zufällig.
    In die Kreisstadt kamen sie nicht. Am Rand fuhr Alois plötzlich in eine ungeteerte Lücke zwischen zwei schiefen Bretterwänden und hielt vor einer Baracke. Sein Blick war ein triumphierendes Ausrufezeichen, doch er sagte nur: „So, das ist mein Abholmarkt.“
    Die Örtlichkeit ließ sich ohne viel Phantasie auch schlicht als Schrottplatz bezeichnen und gefiel dem Männchenmaler auf Anhieb. Unter freiem Himmel lag das Unbrauchbare, Ausrangierte, grob nach Sorte und Material geordnet. Alois kannte sich aus, kannte die Leute. Leichtfüßig schwänzelte er zwischen den Haufen herum als handle es sich um Antiquitäten bei Sotheby. Unter aufgetürmten Heizkörpern mit fast unbeschädigtem Anstrich, zog er Rohre verschiedener Länge hervor, hüpfte zum nächsten Haufen, wo er die Auslese bei dicken Kunststoffrohren wiederholte und verstrickte sich schließlich beim Elektroabfall laokoonhaft in Litzen und Kabel verschiedener Stärke, samt Schaltern, Fassungen, Steckdosen.
    „A ganzes Abbruchhaus!“ jubelte er auf dem Installationshaufen. „Hab’n wir Glück!“ In seiner Hand blitzte das gesuchte Ersatzteil: eine Badezimmermischbatterie mit

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