Geständnisse eines graumelierten Herren
Duschanschluß. Wie ein Süchtiger wühlend, zog er eine zweite, sowie eine schwenkbare für die Küche heraus und streckte sie Lukas entgegen. „Pfennigguat! Kein Kratzer am Chrom und keine zehn Jahr alt! Ich kenn’ das Modell. Die Qualität gibt’s heut gar nimmer.“ Seine Bewegungen verloren zusehends an Erdschwere, immer neue Gegenstände zog er hervor und präsentierte sie mit der kraftvollen Grazie des ersten Solotänzers in einem Schrottballett.
„Alles pfennigguat! Und du zahlst nur nach G’wicht. Sag’ selber: Unsere Wegwerfg’sellschaft — das sind doch lauter Deppen!“
Der Männchenmaler schmolz dahin.
Dieser Alois ist auch eine späte Inkarnation. Und ein Mephisto! Aber es wär’ idiotisch nein zu sagen. Ich werd das Zeug im Stall lagern. Dann soll Renate entscheiden...
„Ist das der Fernsehbäuerin ihr G’raffl?“
Das Tablett mit der Brotzeit für Luggi in Händen stand Frau Schmidhuber vor dem hochbeladenen Wagen. Nicht lange. Ihre Neugier ermächtigte sie, mit dem Hinweis, sie sei auf dem Hof für Ordnung zuständig, beim Entladen Regie zu führen. Alles sollte ins Zu-Haus. Erst nach Hinweis, es handle sich um eine Überraschung für die beiden Damen, erklärte sie sich mit dem Stall einverstanden. Behutsam, als halte sie Porzellan in Händen, trug sie Wasserhähne, Mischbatterien, Dusche mit Schlauch, Druckspüler, Siphons, Türklinken, Scharniere, Kaminbesteck und einen kupfernen Wasserkessel hinein. Die Männer schleppten die Lasten, zwei Waschbecken, ein kleines fürs Klo unten, ein großes fürs Bad oben, zwei Klosetts, einen Elektroboiler, einen Wassertank, einen imposanten Badeofen, eine Edelstahlspüle, sowie einen kleinen Holzherd für die Küche, ein elektrisches Tischgerät mit zwei Kochplatten und eine Badewanne. Ohne Rohre, Leitungen und Elektroteile, die der Luggi sofort an sich genommen hatte, stattliche dreiundzwanzig Einzelstücke.
Regie führte auch Alois. Nicht ohne Frau Schmidhuber ein Lob für den genialen Einkauf entlockt zu haben, das Lukas noch einmal bestätigen mußte, fuhr er nach Hause.
Auf einmal waren Bauherr und die geballte erste Qualität aus zweiter Hand miteinander allein, — ein Ausstrahlungsdialog zwischen blitzendem Chrom und dumpfen Bedenken. Hätte er sich noch vor einer Stunde für verrückt erklärt, nicht zuzugreifen, tat er’s jetzt, weil er’s hatte. Was wohl Luggi davon hielt? Der saß zufrieden mit den Rohren, nicht aber mit der Limo, die ihm Frau Schmidhuber aufgetischt hatte, noch bei der Brotzeit.
Lukas holte im Hof ein Bier und erkundigte sich nach Bauherrenart. Offenbar verfügte der sensible Quartalsäufer über eine Antenne für Untertöne, die Lukas selbst nicht hörte, denn er meinte:
„Da brauchend Eahna keine Sorgen z’machen! So lang mir draußen nix dranbau’n, kann keiner nix sag’n. Und sagt auch keiner nix. Nur die Fenster oben... Damit tät ich warten, bis der Zwetschgenbaum wieder Blätter hat. Und dann gleich weißein! Dann können wir sag’n, des is scho immer a so g’wes’n, des fällt nur jetzt auf, weil’s Haus frisch g’strichen ist.“
Es werde jedenfalls ein schöner Austrag für die beiden Damen, gab Lukas als Futter für den ländlichen Nachrichtendienst bekannt.
„Wär eher was für a Pärchen!“ Luggis Grinsen entblößte Zähne, die aufgereihten Erdnüssen glichen. „Aber wir san ja beide solo.“
Die Kumpanei! Ein landesüblicher rhetorischer Trick, um etwas zu erfahren, ohne zu fragen. Lukas nahm sich sofort aus der Konkurrenz, er sei Witwer. „Aber Sie, Luggi. Ein gutaussehender Mann, vielseitig begabt und in den besten Jahren!“
Auch Luggi blieb beim Klischee. „Mögen tat ich schon. Aber Sie wissen doch — der Dämon Alkohol!“
„Herr Mountdorn zum Essen!“ Frau Schmidhubers hengstabweisendes Organ setzte den fälligen Punkt.
Auf dem Küchentisch lag die Karte von Daniela und Renate, die er in der Stube mit dem Kerzenleuchter gegen Wegflattern gesichert hatte. Dinge an anderem Ort wiederzufinden, war an Aufräumtagen normal und mußte keine Indiskretion bedeuten, angenommen vielleicht offene Postkarten. Jedenfalls glaubte er eine Folge möglicher Lektüre wahrzunehmen: Sie deckte laut. Er sollte merken, daß sie für ihn sorgte. Dummerweise hatte sie nämlich Zeit, eine Nachbarin würde ihre Angela von der Schule abholen.
Das Essen, das sie ihm auftischte, entsprach der Nationalhymne in schwimmendem Fett: Schweinsbraten mit Knödel und Kraut. Und es war, auch ohne daß
Weitere Kostenlose Bücher