Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
Vom Netzwerk:
seine Gedanken und er sah, was es anderes war in der Stadt. Wenn Georgia Lust hatte, konnte sie ihn besuchen. Und er mußte doch noch Männchen malen, Männchen, die morgen nach England fliegen sollten und Männchen für hier. Für letztere mußte er sich über das Geschehen im Land informieren, was er auf dem Land nur spärlich getan hatte, meist abends zu müde war für den Kopf, nach dem Tag mit der Hand. Zeitungen mußte er lesen, ins Fernsehen schauen, — das bedeutete, sich einen Apparat kaufen. Mit dem Blickwinkel von draußen konnte er auf die Dauer hier nicht bestehen. Vieles in der Heimat war ihm noch fremd. Auch Georgia, bei aller Nähe. So ließ er sie Tee kochen und sich über die Schulter schauen beim Zeichnen am Tisch.
    Sehr komisch! Und nicht ungemütlich! Ein wenig hilflos sitzt sie neben mir, wie Doreen am Anfang. Ich muß ihr ziemlich merkwürdig vorkommen mit meinen Männchen. Und beibringen, daß ich manchmal lieber allein bin, muß ich ihr auch.
    Georgia nahm den Brief von Colin, betrachtete Marke und Stempel; er strichelte einen Schotten im Kilt beim Nationalsport, wie er den Baumstamm zum Überschlag bringt, daneben einen Hiesigen in Lederhose beim Holzsägen, als wolle er sich versichern, ob Colin recht habe mit den Ähnlichkeiten. Absichtslos, vielleicht auch zum Spaß für sie, zeichnete er ein weiteres schottisches Männchen beim Werfen des Hammers am Stiel und einen Alpenländer beim Steinheben.
    Geh’n gut zusammen die Trachtensportarten! Da läßt sich was draus machen.
    Mitten in die Überlegung klingelte es und er bat sie, nachzuschauen. Georgia schaltete das große Licht ein und verschwand.
    „Ach, sieh an!“
    Das war Renates Stimme. Der Bleistift stand still. Was würde Georgia antworten?
    „Er arbeitet grade.“
    Es hörte sich entschuldigend an oder verteidigend.
    „Soso“, sagte Renate unbeeindruckt. Mit einer Plastiktüte in der Hand kam sie herein, sah die zwei Tassen auf dem Tisch und Lukas auf der Bank.
    „Das ist nett“, sagte er mit Wärme. „Möchtest du einen Tee?“
    „Ja bitte. Ich bring dir die Bohrmaschine.“ Sie stellte die Tüte auf die Bank und zog ihren Dufflecoat aus. Sein Kuß streifte sie am Hals. Lukas wollte eine Tasse holen, Georgia wollte zeigen, daß sie sich auskenne und brachte eine. Renate ging durch den Raum, betrachtete die Markierung auf dem Kamin und unterbrach seine Erklärung, was er da vorhabe, mit der Frage, ob die Vorhänge aus Schottland seien.
    „Die hab ich ihm machen lassen.“ Georgia trat neben sie, „gefallen sie dir?“
    Renate nickte. „Geschmacklich sind wir uns ja recht ähnlich.“ Gleichsam zur Bekräftigung lobten sie einander von Kopf bis Fuß.
    „Setzt euch!“ fuhr er dazwischen, fragte am Tisch, was es Neues auf dem Hof gebe und berichtete vom Besuch in der Galerie. Auf einmal hatte Georgia das Telefon auf dem Schoß und sagte, während sie wählte, sie wolle Detlef anrufen.
    Lukas und Renate ließen sie gewähren und lauschten mit undurchsichtigen Mienen der Stimme aus dem Hörer. Detlef klang anfangs ärgerlich, bis Georgia ihn raten ließ, wer hier sei. Da wollte er sofort kommen.
    Renate griff nach dem Hörer. So lang könne sie nicht bleiben. Sie habe Lukas etwas gebracht und müsse gleich wieder rausfahren. Detlef wollte ihr etwas sagen, doch Georgia hatte sich den Hörer zurückgeholt. Er schlug vor, sie abzuholen, das paßte ihr nicht. Sie müsse heim, sich noch umziehen. Daraufhin beschloß Lukas in seiner Wohnung selbst zu bestimmen und kam zum dritten Mal an diesem Tag durch eine Bohrmaschine zu hilfreichem Einfall. Ein Blick in die Plastiktüte — Renate hatte nichts vergessen. Er schraubte den Bohrer fest und verkündete: „Wo ihr grade so nützlich rumsitzt, machen wir das gleich. Dann kann Renate die Maschine wieder mitnehmen.“
    Möglichen Einwand unterlief er mit temperamentvollen Anweisungen. Georgia hieß er Zeitungen auslegen mit ihren gepflegten Händen und die Kehrschaufel drunterhalten, wenn er bohrte, Renate sollte die herausfallenden Ziegelbrocken in Müllsäcke füllen und auf die Terrasse stellen. Die Dauer der Arbeit hatte er wortwörtlich in der Hand.
    Nach einer halben Stunde wurde es für Georgia Zeit. Er bat sie noch ein paar Minuten zuzugeben, was sie tat und lockerte größere Stücke. Bis zum Ende konnte sie jedoch nicht bleiben. Lukas bedankte sich, bat Detlef zu grüßen und versprach, sie morgen anzurufen.
    Als die Wohnungstür ins Schloß fällt, wird er von hinten

Weitere Kostenlose Bücher