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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Krisenzeiten zu bringen. Ein Unterfangen, das vorher einmal simuliert werden mußte.

    An einem verspäteten Wintertag mit Schneetreiben bläst der Mann auf dem Hof zur Probe für den Ernstfall. Ungefrühstückt ziehen sie ins Zu-Haus hinüber, mit Bella, samt ihrem Korb, wo sie zwischen Vorräten sitzen, wie die Hamster. Lukas hat Strom und Wasser abgeschaltet, die Krise kann beginnen.
    „Lacht mich ruhig aus!“ räumt er seinen Lieben ein. „Das ist das Schicksal aller Vorausdenkenden, bis die Gegenwart sie eingeholt hat. Etwas kommt ja! Wird auch höchste Zeit. Dafür üben wir jetzt Unabhängigkeit von der Umwelt. Wir wollen feststellen, was noch fehlt. Im Ernstfall bedeutet das komfortablen Übergang. Nachher spielt sich alles ein. Das ist so bei Krisen, ob Krieg, Öl oder Scheidung. Beginnen wir die Herausforderung mit einem guten Frühstück!“
    Sie sehen sich um, was sie zur Verfügung haben; Kindheitserinnerungen erweisen sich als hilfreich. Der Rückschritt von Automatik auf Mechanik, der größere Aufwand für kleinste Bedürfnisse macht ungeahnt Laune. Nostalgierig werkeln sie vor sich hin. Da jeder sieht, was der andere tut, ergibt sich für ihn, was er zu tun hat. Das Zeitgefühl muß sich umstellen, es dauert endlos, bis das Teewasser kocht. Renates Absicht, die Pfanne mit den Eiern auf der Herdplatte des Kachelofens zu erhitzen, stößt auf seinen Einspruch. Kein Brennmaterial verschwenden!
    „Hühner brauchen wir!“ stellte Daniela fest. „Sonst haben wir bald keine Eier mehr, ohne Kühlschrank.“
    Er notiert: Hühner.
    Krisen-Kühlschrank ist vorhanden. Eine alte Dreißig-Liter-Milchkanne hängt an einer Kette im Bach. Mit der Pfanne voller Eier geht er voraus in die Diele, wo auf einem Hocker die Elektrokochplatte steht, angeschlossen an das Zimmerfahrrad. Über dem selbstgebastelten Dickicht aus Rädern und Ketten stehend, tritt er die Riesenübersetzung an. Renate nimmt die Pfanne weg und setzt sich. Die Mechanik des Tretmax surrt und schnurrt wie die Transmission in einer Fabrik der Gründerjahre. Bella verbellt die Errungenschaft. „Oh!“ Renate ist aufgesprungen und ersetzt Po durch Pfanne. Sechs Augen starren zwischen die sechs Dotter und warten, daß das Glasige weiß werde.
    „Schneller!“
    Lukas strampelt im Grenzbereich seiner Möglichkeiten, die Krisenprobe steckt in ihrer ersten Krise. Renate mit ihrer jungen Ausdauer winkt ab. „Wir brauchen einen Radrennfahrer! Lauwarme Eier sind nicht mein Fall.“
    Doch Erfinder sind Menschen, die weitermachen, wo andere verzagen. „Ich werde ein Tandem besorgen. Dann strampelt ihr und ich koche!“
    Der Tretmax wird bleiben und sei es nur, um Radionachrichten zu hören, von irgendwo aus der Welt, wenn’s keine Batterien mehr gibt. Während die beiden drinnen weiterkochen, probiert er’s mit Drähten und Klemmen aus, und der volle Schwachsinn des Werbefunks hallt durchs Haus.
    „Zu Tisch bitte!“
    Die Spiegeleier sind fertig. Aufwand und Umstand machen das Frühstück besonders köstlich.
    „Genuß bringt, was nicht selbstverständlich ist!“ doziert der Krisenmanager und freut sich schon aufs Abspülen. Ohne etwas zu merken, füllt Daniela nach Großmutterart ein Becken mit Wasser aus dem Kessel auf der Herdplatte und schwenkt das Geschirr nach dem Abspülen unter dem einzigen funktionierenden Hahn, dem der Hausleitung, ab.
    „Ist das ein Wasser!“ schwelgt sie. Renate hält die Hand drunter und zeigt sich nicht minder entzückt, zumal es wärmer wird.
    Ihr Lob erinnert Lukas an einen Fehler, den er verschweigt. Die Zimmerdecken oben sind noch nicht ausreichend isoliert. Ein Schritt vors Haus bestätigt es. Der Schnee auf den Ziegeln schmilzt sofort; aus den Dachrinnen fließt das Wasser in den kaminerwärmten Tank im Bad.
    Dieses seidenweiche Naß bringt die Lebensgefährtinnen auf krisenfrivole Gedanken. Renate spricht sie aus: „Reicht das wohl für ein Bad?“
    Begabte Vorsehung läßt den Krisenmanager nicken. Eigenhändig hat er den Zusatztank auch mit dem Badeofen verbunden und muß nicht mit dem Elektroboiler mogeln. Daniela lächelt ihm zu, als er mit Kleinholz hinaufgeht, um das Bad zu bereiten, wie man früher sagte.
    Nimmt sich daneben die Perfektion des Auf- und Zudrehens nicht einfach vulgär aus? scheint sie ihm zu sagen. Mit Daniela bedarf es nie vieler Worte.
    Ohne chemische Zusätze frohlocken die Lebensgefährtinnen alsbald in der Wanne. Keine hat der andern den Vortritt gelassen. Sie plätschern, der

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