Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig
Brondes hatte zur Feier des 70. Geburtstages des Hausherrn geladen. Verwandte, Freunde und Bekannte waren gekommen, das Haus der Brondes war übervoll. Es wurde lange gefeiert, und das gute kalte Buffet von Metzger Schuck war schneller abgeräumt, als es dem Jubilar lieb war. Gegen Mitternacht beschloss er daher, aus dem Keller noch ein Dutzend Dosen guter Gulaschsuppe hochzuholen, damit seine Frau den verbliebenen Gästen noch etwas Warmes machen konnte.
Die Uhr zeigte sicherlich schon gegen vier, als die letzten Gäste das Haus der Brondes verließen. Es waren vornehmlich diejenigen, die nicht so weit entfernt wohnten und zu Fuß nach Hause gehen konnten; fahren konnte keiner mehr, dafür hatte der alte Brondes als guter Gastgeber gesorgt.
Wenig später schlief das Ehepaar Brondes, nicht mehr ganz nüchtern, aber sehr zufrieden ein. Es war eine schöne Feier gewesen, und man würde noch lange von dem schönen Tag zehren. Der aufmerksame Leser wird sich fragen, wo die übliche Leiche bleibt, denn die meisten Geschichten, die ein Bestatter erzählt, haben etwas mit einem Toten zu tun. Und wer da insgeheim spekuliert, Herrn oder Frau Brondes könnte in dieser Nacht etwas passiert sein, der irrt.
Die beiden haben die Nacht in bester Gesundheit überlebt, und dennoch mussten wir am nächsten Morgen einen Verstorbenen im Hause der Brondes abholen.
Gut, so ganz stimmt das nicht: Es war nicht am Morgen, sondern schon gegen Mittag. Für Frau Brondes war es aber nach der langen Feier vom Vortag wie am frühen Morgen. Ein menschliches Bedürfnis hatte sie gegen zehn Uhr aus dem Bett getrieben, und ursprünglich hatte sie vorgehabt, sich noch ein Stündchen hinzulegen. Doch als gute Hausfrau konnte sie nicht an ihrer unaufgeräumten Küche vorbeigehen, und wenig später war sie voll damit beschäftigt, Ordnung zu schaffen. Die Geschirrspülmaschine war schnell eingeräumt, aber wie es aussah, würde sie die noch drei- oder gar viermal laufen lassen müssen, bis alles weggespült sein würde. Als Nächstes mussten zwei ungeöffnete Dosen von der Gulaschsuppe wieder in den Keller gebracht werden.
Frau Brondes ging zur Kellertür, öffnete sie, tastete links nach dem Lichtschalter, und als die Neonröhren endlich richtig aufflammten, zuckte sie zurück und ließ vor Schreck die beiden Dosen fallen. Am Fuß der Treppe lag in einer großen Blutlache ein Mann. So schnell war der alte Brondes noch nie auf den Beinen gewesen, der Schrei seiner Frau hatte ihn hochgerissen und mit etwas kreislaufschwachen Beinen stakste er die Kellertreppe hinunter, um unten angekommen festzustellen, dass der Mann in der Blutlache Herr Anderle war, ein guter Bekannter aus dem Kleingartenverein. Und Herr Anderle war tot. Es folgte das übliche Programm: Polizei, Kripo, Arzt, dann wir.
»Wie es aussieht, ist der Mann in betrunkenem Zustand einfach die Treppe hinuntergefallen und hat sich das Genick gebrochen und einen Schädelbruch erlitten. Er war sofort tot«, setzt uns ein Polizeibeamter in Kenntnis.
Man diskutierte eine Weile und kam zu dem Ergebnis, dass Herr Anderle die gegenüberliegende Tür zum Gästeklo mit der Kellertür verwechselt haben müsse, und statt vor den Bottich der Erleichterung zu treten, hätte er dann wohl einen Schritt ins Leere der Kellertreppe gemacht. Darauf deutete jedenfalls der Umstand hin, dass er seinen Hosenlatz geöffnet hatte.
»Und was ist mit seiner Frau?«, wollte Frau Brondes wissen. Der Polizist grübelte kurz und sagte: »Da werden wir jetzt hinfahren und es ihr schonend beibringen.«
Das brauchten die Beamten aber gar nicht, denn just in diesem Moment tauchte Frau Anderle am Ort des Geschehens auf und wurde sogleich von den Anwesenden beiseitegeführt und über die Ereignisse informiert. Man kann sich vorstellen, was das für sie und die Brondes für eine Aufregung war.
Es sei ihr zwar aufgefallen, erzählte Frau Anderle dann, dass ihr Mann von der Feier verschwunden sei, aber sie habe angenommen, dass der einfach nach Hause gegangen sei: »Das macht der immer so, wenn er genug hat.« Später sei sie selbst auch aufgebrochen, aber ihr Mann sei dann gar nicht da gewesen.
Da habe sie geglaubt, dass er sich vielleicht mit schwerem Kopf bei den Brondes ins Gästezimmer gelegt habe, auch das sei schon mal vorgekommen.
Bitterer Nebeneffekt: Nie wieder würde Herr Brondes so Geburtstag feiern können, wie er es bisher immer getan hatte, jeder würde sich sofort daran erinnern, dass an diesem Siebzigsten
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