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Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Titel: Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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legen.
    Bei einem Bestatter sieht das dann doch ganz anders aus. Wir versuchen immer herauszufinden, was den Angehörigen guttun würde.
    Die einen wollen einen schnellen Abschied, ihr Besuch beim Verstorbenen ist ein schneller Blick, um ihn noch einmal gesehen zu haben, dann ist für sie die Sache erledigt. Andere jedoch wollen mehr, sie möchten Zeit dort verbringen können, sich die Last von der Seele reden, vielleicht noch einmal die kalten Hände streicheln oder dem Verstorbenen einen letzten Kuss geben.
    Ja, darf man das denn?
    Ja, man darf. Keiner muss, aber jeder kann, wie er mag.
    Es ist klar, auf einem öffentlichen Friedhof geht eine individuelle Abschiednahme kaum, da kann man meistens eben nur mal schauen, fertig.
    Frau Sauerbrey, an die wir uns hier sehr gut erinnern, kam drei Tage lang täglich und erzählte ihrem Mann wenigstens jeweils zwei Stunden lang irgendwelche Geschichten. Sie trank Kaffee, saß da, schimpfte auch mit ihm, kämmte ihn jeden Tag, und dann am dritten Tag kam sie und sagte, dass sie ihm nun alles mal gesagt habe, was ihr noch auf dem Herzen gelegen hätte: »Nun können Sie den Deckel zumachen!«
    Andere Leute kommen und bringen die Enkel mit, manchmal recht kleine Kinder, die dürfen dann ihrem Opa oder ihrer Oma noch einmal ein selbstgemaltes Bild oder ein kleines Briefchen in den Sarg legen, und manchmal hat nach dem Besuch der Angehörigen der Verstorbene auch ein Kuscheltier im Arm oder ein anderes schönes Andenken in den Händen.
    Ob der Verstorbene davon etwas hat oder etwas davon mitbekommt, das werden wir selbst alle eines Tages erfahren. Aber eins ist sicher, die Überlebenden, die haben etwas davon. Die gehen von hier mit dem Gefühl weg, etwas getan zu haben, etwas erledigt zu haben, einen Schlusspunkt gesetzt zu haben. Und das ist gut so.

    Daniela wollte ich genau auf diesen Weg führen, wollte ihr das plötzliche Wegreißen des geliebten Mannes nehmen und in eine langsame Abschiednahme umwandeln. Mir schien sie genau auf diesem Weg zu sein, und dann versucht sie sich hier das Leben zu nehmen. Unfassbar!
    Was soll ich nun tun? Sollen wir die Trauerfeier verschieben? Wird Daniela daran teilnehmen können? Wird Räto, der Schwiegervater, jetzt das Ruder in die Hand nehmen?
    Ich kann unmöglich viel länger warten, irgendetwas muss passieren, jemand muss eine Entscheidung fällen.
    Die Situation belastet uns alle. In der Kühlkammer liegt Beat und wartet auf seine Verabschiedung, und die beiden einzigen Personen auf dieser Welt, die diese wichtige Arbeit leisten können, stehen dafür nicht zur Verfügung.
    Seine Frau Daniela ist im Institut für psychische Gesundheit von Professor Vogelsang, und sein Vater Räto will mit ihm nichts zu tun haben.
    Jetzt steht es in den Sternen, wann wir die Trauerfeier für Beat machen können.

    Räto ist heute Morgen hier bei uns erschienen und brachte völlig überraschend ein Paar Schuhe für seinen Sohn.
    Nur schnell abgeben und schnell wieder verschwinden …
    Doch ich lasse ihn nicht gehen, sondern bitte ihn freundlich zu mir ins Büro, lasse mir die Schuhe aushändigen und betrachte sie. Es sind nagelneue und sicherlich nicht billige Herrenschuhe.
    »Er muss ja was an den Füßen haben«, sagt Räto, und ich nicke und sage: »Sicher.«
    Dann schaue ich Beats Vater in die Augen und schweige einfach. Der Mann ist ja nicht einfach so über Nacht auf die Idee gekommen, seinem toten Sohn ein paar Schuhe zu kaufen. Warum nur Schuhe? Warum kein Anzug? Nein, das ist eine Art Ersatzhandlung, die zeigt, dass er doch ein gewisses Interesse für den Verstorbenen hat.
    Mir kommt eine Idee, eine einfache Idee, die es aber wert ist, ausprobiert zu werden: »Kommen Sie, dann schauen wir mal, ob sie ihm passen!«
    Ich achte gar nicht darauf, ob Räto etwas sagt oder etwas sagen will, schon bin ich an ihm vorbei und schaue mich auch nicht um, ob er mir folgt. Ich weiß, dass er ganz verdutzt geschaut hat, und ich höre ihn hinter mir schwer atmen, aber ich gehe deshalb nicht langsamer; bloß jetzt den Sog nicht schwächer werden lassen.
    Tür auf, Licht an, und während die Trennwand der Kühlung hochfährt und die Kälteanlage etwas klappernd abschaltet, trete ich einfach beiseite, stelle die Schuhe vor Beats Sarg am Fußende auf den Boden und gehe am Sarg vorbei nach hinten, schiebe den Vorhang etwas weg, der die hintere Tür verdeckt, und gehe hinaus. Ich überlege kurz, was ich jetzt machen soll. Vielleicht nehme ich einfach ein Set mit

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