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Gestern fängt das Leben an

Gestern fängt das Leben an

Titel: Gestern fängt das Leben an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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in den Krug mit Eiswasser, der auf dem Tisch steht, und wische ihr die Hände sauber.
    «Ach, komm», mault sie. «Bitte!»
    «Kommt gar nicht in Frage, Allie.» Schnell werfe ich einen Blick auf die Kinderspeisekarte und bin entsetzt über das Angebot: frittierte Hühnchenstäbchen (zweifellos Pressfleisch), Hot Dogs, Nudeln mit Butter. Sofort meldet sich mein altes Ich zurück:
Ich hätte niemals zugelassen, dass dieser Müll über Katies Lippen kommt
, denke ich.
Niemals!
    Megan stupst mich an. «Was ist denn schon dabei? Soll sie doch eine Eisschokolade trinken. Na und?»
    «Jaaaaaaaaaa!», kreischt Allie. «Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte!»
    «Nein», sage ich streng. «Zuerst gibt es was Ordentliches zu essen. Tut mir leid, Allie. Außerdem   –»
    «Ach, jetzt komm schon, Jill», fällt Megan mir ins Wort. «Sie feiert ihr erstes großes Shooting. Allie ist jetzt ein Star!» Megan grinst Allie an, die inzwischen auf die glänzend rote Lederbank uns gegenüber geklettert ist.
    Allie sieht aus, als wäre sie im Begriff, die Welt zu erobern. Oder sich jeden Moment auf uns zu stürzen wie auf eine Beute. Was sich auch immer zuerst ergibt.
    «Mmh», gebe ich von mir. «Von den Nährstoffen her ist es wichtig, dass sie zum Abendessen eine Mischung aus Eiweiß und Ballaststoffen zu sich nimmt. Dann schläft sie besser. Außerdem sorgt es für eine tiefere RE M-Phase .»
    Megan dreht übertrieben langsam den Kopf zu mir und starrt mich ungläubig an. «Woher weißt du das denn?»
    «Aus
Eltern.
» Ich zucke leichthin die Achseln.
    «Und das liest du weswegen?», fragt sie gedehnt.
    Erst jetzt wird mir klar, dass ich absolut keine Entschuldigung für die Kenntnis derartigen Fachwissens habe, also lenke ich schnell ein.
    «Na gut, Allie, bestell dir deine Eisschokolade», sage ich, aber Megan sieht mich immer noch misstrauisch an. «Was?», frage ich schließlich.
    «Du bist doch wohl nicht schwanger, oder?»
    «O Gott! Nein!» Ich muss lachen.
    «Was soll das dann? Wieso weißt du so viel über Kinder? Und warum liest du Elternzeitschriften?» Sie wirkt persönlich getroffen.
    «Nur so. Also   …» Ich suche verzweifelt nach einer Erklärung.«Ich war neulich irgendwo zu einem Meeting, und da lag im Empfangsbereich diese Zeitschrift auf dem Tisch. Ich musste noch warten und habe sie eben durchgeblättert. Du weißt schon, um mir die Zeit zu vertreiben.»
    Megan antwortet nicht. Stattdessen wendet sie sich der Speisekarte zu und studiert sie aufmerksam. Nach einer Minute sagt sie: «Warum lügst du mich an, Jillian? Wir kennen uns von klein auf. Glaubst du, ich merke nicht, wenn du mich anlügst?»
    «Meg! Himmel nochmal, es ist nichts!» Ich winke einem Kellner zu, um auf uns aufmerksam zu machen.
    «Im Ernst. Bist du schwanger?» Megan starrt mich an und kann nicht vermeiden, dass ihre Augen sich mit Tränen füllen.
    «O Gott, Meg! Nein!» Ich lege meine Hände auf ihre. «Wirklich. Du übertreibst total. Es war nur ein dämlicher Artikel, den ich aus Langeweile irgendwo überflogen habe.» Ich wende mich an Allie. «Weißt du was, Al? Du bekommst nicht nur deine Eisschokolade, du darfst dir dazu noch einen Bananensplit bestellen.»
    «Yeeeeeeaaaaaaaaah!!!!», kreischt Allie und macht vor Freude einen Luftsprung.
    «Bananen sind schließlich gesund», sage ich mit schuldbewusstem Blick zu Megan.
    «Hey, ich mache dir da keine Vorwürfe», sagt sie mit abwehrender Handbewegung. «Ich sage nur: Gib dem Kind, was das Kind haben will. Das ist mein Motto. Gott weiß, dass ich es bei meinem eigenen genauso mache.»
    Während sich endlich der Kellner einen Weg zu uns bahnt, trifft mich mit brutaler Wucht ein umbarmherziger Gedanke: Vielleicht wird es nie so kommen, wie Megansich das wünscht. Denn sollte sich in dieser neuen, veränderten Realität nicht noch mehr verschoben haben, so wird es in Megans Zukunft keinen Raum für ein Kind geben und auch nicht für Diskussionen um Eisbecher und heiße Schokolade.
    Ich beobachte, wie sie Allie von der Bank runterlockt und anfängt, mit ihr «Beim Bäcker hat’s gebrannt» zu spielen. Ich versuche, mir Mut zuzusprechen.
Dieses Mal
, denke ich,
ist so Vieles ganz anders. Vielleicht wird es auch für Megan anders laufen.
    Nachdem wir später eine Kutschfahrt durch den Central Park gemacht haben und Allie von dem überaktiven Zuckerhoch durch zu viel Eis wieder runtergekommen ist, ziehen Meg und ich ihr vorsichtig das rosa-rot karierte Kleid über den Kopf und lösen die

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