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Gestern fängt das Leben an

Gestern fängt das Leben an

Titel: Gestern fängt das Leben an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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unterdrücken.
    Ja, vielleicht habe damals ich überreagiert
, sage ich mirjetzt, während ich Jack ansehe und an dem Mojito nippe, den uns der Kellner gebracht hat. Jack sieht wahnsinnig gut aus. Der dunklere Teint unterstreicht das Blau seiner Augen, und seine Haare sind in den paar Tagen zwei Nuancen heller geworden.
    Ich bin jetzt hier
, denke ich und stürze einen Riesenschluck Mojito hinunter,
in diesem Restaurant, das mein altes Vorstadt-Ich nicht gutgeheißen hätte, in einem Kleid, in das mein altes Vorstadt-Ich nie reingepasst hätte, und mit einem Mann, mit dem mein altes Vorstadt-Ich nie ganz seinen Frieden gefunden hat.
    Als der Kellner kommt, um unsere Bestellung aufzunehmen, schüttle ich die unschönen Erinnerungen ab.
Dies ist das Hier und Jetzt
, sage ich mir.
Jetzt fängt das Leben an,
denke ich.
Dies ist die Zeit meines Lebens!
    ***
    Wenig später ist mein Magen glücklich gefüllt mit Mahi Mahi, knusprigem Sauerteigbrot, himmlischem Schokoladenkuchen und einem Mojito zu viel. Ich schwelge in Zufriedenheit.
    Jack bezahlt die Rechnung und nimmt anschließend meine Hand. «Ich habe dieses Restaurant ausgesucht, weil es hier eine unglaubliche Dachterrasse gibt», sagt er. «Komm. Lass uns hochgehen.»
    Er steht auf, zieht galant meinen Stuhl zurück und führt mich, den Arm fürsorglich um meine Taille gelegt, zum Aufzug. (Ha,
Cosmopolitan
, nimm das! Von wegen:
Die Ritterlichkeit ist tot! )
    Oben angekommen, öffnen sich die Türen mit einemleisen Klingeln. Wir treten hinaus auf eine sanft beleuchtete Terrasse. Winzige weiße Lichter sitzen an den hellverputzten Wänden wie die Glühwürmchen aus meiner Kindheit. In den Ecken und auf den Stufen stehen hochaufragende Topfpalmen. Auf einer Empore zur Rechten spielt ein Jazztrio vor einem dankbaren Publikum, und direkt vor uns breitet sich sanft der Ozean aus. Es riecht erfrischend nach Meersalz.
    Wir stellen uns an die Brüstung und sehen hinaus auf das endlose Meer, dessen stetige Wellen auch in dem leisen Gemurmel der Gäste zu hören sind.
    Unvermittelt dreht Jack sich plötzlich zu mir um.
    «Jill, du weißt, dass ich dich liebe, oder?»
    «Ja, das weiß ich.» Mein Blick ist aufs Wasser gerichtet. Ich bin wie verzaubert vom Rhythmus der Brandung. Bei jeder neuen Welle denkt man, es sei vielleicht die letzte gewesen, jetzt ist es vorbei, jetzt ebbt das Wasser ab. Doch dann erhebt sich der nächste Kamm – und es geht von vorne los. Der ewige Pulsschlag des Ozeans.
    «Sieh mich an, Baby. Das hier ist mir sehr wichtig.» Jack dreht sanft mit der Hand mein Gesicht zu sich. Dann holt er tief Luft. «Ich weiß, als Schriftsteller sollte ich besonders gut mit Worten umgehen können. Und ich habe hin und her überlegt, wie ich es sagen soll, aber für diesen Augenblick fehlen mir einfach die richtigen Worte   …»
    Plötzlich trifft es mich wie ein Schlag. Was gerade geschieht, geht mir durch Mark und Bein.
    «Und deshalb», fährt Jack fort und sinkt vor mir nieder, «kann ich nur sagen: Ich liebe dich mehr als alles auf der Welt, Jill. Und ich wäre geehrt, wenn du mich heiraten würdest.» Er streicht sich eine blonde Strähne aus der Stirn,greift in die Hosentasche und zieht eine kleine Schachtel hervor.
    Ich spüre, wie sich sämtliche Poren meines Körpers öffnen und der Schweiß sich ohne Rücksicht Bahn bricht. Meine Augen sind vor Verblüffung geweitet, ich kann nicht blinzeln. Mir rauscht das Blut in den Ohren, und mein Mund ist ausgedörrt. Als Jack mir den Ring auf den Finger streift, habe ich immer noch keinen Ton gesagt.
    «Willst du meine Frau werden?», fragt er und steht auf, um mich zu küssen.
    Ich muss wenigstens genickt oder sonst irgendein Zeichen meiner Zustimmung gegeben haben, auch wenn ich mich nicht daran erinnern kann. Denn das Nächste, was ich mitbekomme, ist der donnernde Applaus der Umstehenden, die für einen Augenblick ihre Martinis abgestellt und ihre Gespräche unterbrochen haben und mit neugierigen Blicken diesen schicksalsträchtigen Augenblick zwischen uns beobachten.
    Jack hebt mich hoch und wirbelt mich herum und stößt dabei ein Siegesgebrüll aus, das mich an einen urzeitlichen Jäger erinnert, der soeben ein Mammut erlegt hat. Der Schrei schwillt an und ebbt dann ab, genau wie die Wellen am Strand.
    Jack küsst mich aufs Ohr und knabbert sanft daran herum, dann steuert er die Bar an, um mit mir anzustoßen.
    «Die Getränke gehen aufs Haus», flötet die Barfrau, nachdem sie zu uns herumgekommen ist, um

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