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Gestohlene Wahrheit

Gestohlene Wahrheit

Titel: Gestohlene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Ann Walker
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sie seinetwegen empfand. Angst vor dem, was sie an ihm begehrte. Angst vor … der Zurückweisung.
    Verdammt, verdammt, verdammt.
    Sie stieß den Atem aus und spritzte sich kühles Wasser ins Gesicht. Das alles war zu viel. Es war zu kompliziert.
    Sie drehte den Wasserhahn wieder zu und trocknete sich das Gesicht mit einem türkisfarbenen Handtuch ab. Sie würde so bald nicht einschlafen können, daher konnte sie auch genauso gut nach unten gehen. Vielleicht war ja einer der anderen noch wach. Eventuell hatte Becky noch Lust, mit ihr ein Glas Wein zu trinken – ein
großes
Glas Wein – und über den unaufhörlichen Frust zu plaudern, den sie wegen der Männer empfanden.
    Sie band den Gürtel des Satinbademantels zu und sah in den stillen Flur hinaus. Alle Lampen waren ausgeschaltet, auch die im Erdgeschoss. Nur unter einer Tür drang noch ein schwaches gelbes Leuchten hervor.
    Unter Nates.
    War das nicht wieder typisch? Es gab genau einen Menschen, mit dem sie jetzt
keinen
Wein trinken wollte, und erst recht kein
großes
Glas. Wenn sie genügend Alkohol intus hatte, würde sie sich nicht mehr darauf verlassen können, dass sie nicht über ihn herfiel, ihn ans Bett fesselte und sich auf sein Gesicht setzte.
    Aber da gab es auch noch eine Sache, die er ihr genauer erklären musste …

8
    »Komm schon«, murmelte Nate und sah vom Bildschirm seines Laptops auf, auf den Ozzie Griggs gesamte E-Mail-Korrespondenz der letzten drei Jahre geschaufelt – äh, der Junge bevorzugte den Begriff »übertragen« – hatte. Nate hatte sich freiwillig für die unangenehme Aufgabe gemeldet, herauszufinden, wie oft sein Partner, sein bester Freund, sein einziger Vertrauter ihn und den Rest des Teams angelogen und Jobs für das FBI übernommen hatte.
    Und als wäre das noch nicht schlimm genug, um diesem Tag die Krone aufzusetzen, musste er Boss auch noch Rede und Antwort stehen.
    Was wollte der Mann denn jetzt noch alles von ihm wissen?
    Nachdem alle zu Bett gegangen waren, gingen die beiden Männer jedes kranke, makabre Detail durch, an das sich Nate aus seiner nicht gerade angenehmen Zeit in Syrien erinnern konnte, um herauszufinden, ob es vielleicht irgendeine Verbindungen zu dem gab, was gerade passierte.
    Oh Mann, war das nicht ein Riesenspaß gewesen?
    Obwohl Monate vergangen waren und er die Geschichte so oft erzählt hatte, dass er sie fast wortwörtlich wiederholen konnte, ließen sich die Bilder, die sein Gedächtnis auf einmal vor seinem inneren Auge aufflackern ließ, nicht aufhalten. Sie kamen jedes Mal, wenn er sich gestattete, an diese Zeit zu denken. Mehr brauchte es dazu nicht, der Gedanke daran reichte, und schon war er wieder da, in diesem schäbigen kleinen Haus mitten im gottverlassenen Syrien.
    Die Wachen, drei Männer, die zu grausam waren, um sie noch als Menschen anzusehen, deren Grausamkeit jedoch zu kreativ war, als dass sie Tiere sein konnten, waren irgendwo hingegangen, um sich zu betrinken, wie sie es immer taten, und es war ihm endlich gelungen, das billige Seil durchzubeißen, mit dem sie seine Hände gefesselt hatten. Durch die Tür war er nur dank seines Einfallsreichtums und unter Anwendung von ein wenig Gewalt gekommen, doch er hatte es letzten Endes geschafft, und es hatte ihn auch nur drei gebrochene Rippen gekostet.
    Benommen vor Schmerz und Hunger war er durch den Flur getaumelt und endlich bei der Tür zum Nachbarzimmer angelangt.
    Er sah es so deutlich vor Augen, als hätte es jemand in High Definition aufgenommen.
    Grigg auf dem Tisch. Überall Blut. Zu viel Blut. Und Eingeweide. Und dieser Geruch …
Großer Gott
, diesen Geruch erkannte er sofort. Es war der Geruch eines toten Mannes, der nur noch nicht wusste, dass er tot war.
    »Nate?«
    Der Anblick von Ali, die in seiner offenen Tür stand, riss ihn augenblicklich wieder in die Gegenwart zurück.
    So ein Glück.
    Wenn er noch öfter daran dachte, dann musste er tatsächlich den Seelenklempner aufsuchen, wegen dem ihm Boss seit einiger Zeit in den Ohren lag. Wenn er absolut ehrlich zu sich selbst war, musste er einsehen, dass das vielleicht gar keine so dumme Idee war. Damals bei den Marines hatte er viele Soldaten gekannt, die von ihrem befehlshabenden Offizier dazu gezwungen worden waren, irgendeine Therapie zu machen. Und auch wenn die meisten von ihnen nur protestierend und widerstrebend hingegangen waren, hatten sie am Ende ihr Gleichgewicht wiedergefunden und konnten die Schrecken des Krieges besser ertragen. Daher war es

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