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Gestohlene Wahrheit

Gestohlene Wahrheit

Titel: Gestohlene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Ann Walker
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herunter, als hätten sie die kalten Finger eines Geists berührt. Das war die einzige Warnung, die sie erhielt, bevor das leise Quietschen des Gartentors von einem seltsamen krachenden Geräusch übertönt wurde.
    Nate knurrte und schrie: »Lauf!«, während er sie auf die Straße schob.
    Das musste er ihr nicht zweimal sagen.
    Sie rannte blitzartig durch den Vorgarten, während das erschreckend laute
Bumm Bumm Bumm
von Nates 45er die Nachtruhe und die Gemütlichkeit der schläfrigen Mittelklassegegend unterbrach. Als sie sich umdrehte, sah sie gerade noch, wie ein großer, schwarzer Schatten rückwärts in den Garten ihrer Eltern taumelte –
Hey! Der sah aus wie der Kerl, der mich überfallen hat!
–, und dann wurde sie schon wieder vorwärtsgezerrt, da Nate sie am Ellenbogen gepackt hatte.
    »Bleib nicht stehen«, zischte er.
    Machte er Witze?
    Stehen bleiben war das Letzte, was sie jetzt tun würde.
    Überall gingen Verandalichter an, und die Hunde in der Nachbarschaft bellten sich die Seele aus dem Leib. Schnaufend kamen Nate und Ali bei der Phantom an. Mit einer geschmeidigen Bewegung setzte sich Nate auf das gefährlich aussehende Motorrad und ließ den Motor an, der röhrend aufheulte.
    Ali stieg hinter ihm auf, und in der nächsten Sekunde rasten sie auch schon die nicht länger verschlafene Vorortstraße entlang. Sie setzten ihre Helme auf, während sie sich auf den Weg zum Highway und in die relative Sicherheit der offenen Straße machten.
    Dagan taumelte um die Ecke des kleinen Schindelhauses und stand dann über dem Mann, den Nathan Weller Sekunden zuvor erschossen hatte.
    An einer Tatsache bestand kein Zweifel: Der Mann war tot.
    Die beiden sauberen Löcher über dem Herzen und das eine zwischen seinen Augen – Mosambik-Stil – waren schon Beweis genug, zudem hing über allem der widerliche, durchdringende Geruch nach Kot. Als wäre es nicht erniedrigend genug, tot zu sein, war es nicht ungewöhnlich, dass einige eine letzte Schmach erlitten und sich im Sterben auch noch in die Hose machten.
    Hm, super. Wirklich super.
    Dagan atmete durch den Mund, als er sich über den Toten beugte und rasch seine Taschen durchsuchte.
    Nichts.
    Das war nicht überraschend. Nur ein völliger Idiot würde bei einem Job seinen Ausweis mitnehmen. Und wegen eines Auftrags war er offenbar hier gewesen.
    Dagan hatte sich gerade rechtzeitig um die Ecke des Morgan-Hauses geschlichen, um mitzubekommen, wie ein großer schwarzer Schatten eine Walther P22 mit fünfzehn Zentimeter Schalldämpfer zog. Der schallgedämpfte Schuss hatte in der Stille des beschaulichen, kleinen Hinterhofs fast schon obszön geklungen.
    Dagan war in Deckung gegangen und hatte Wellers augenblickliche Reaktion verpasst, doch das Geräusch einer 45er war eindeutig gewesen. Ebenso eindeutig war die Tatsache, dass Weller ein weitaus besserer Schütze war als dieser Namenlose hier.
    Igitt. Was für ein Gestank.
    Durch den Mund zu atmen machte die Sache nur noch schlimmer. Er fing schon an, die stinkende Luft, die von dem leblosen Körper ausging, zu schmecken, und jetzt sehnte er sich erst recht nach einem schönen Scotch.
    Er hob die Skimaske mit seiner Stiftlampe hoch und sah sich die italienischen Gesichtszüge darunter an. Dunkle Haut, schwarze Haare, braune Augen, die im Tod ihren Glanz verloren hatten. Eine Nase, die ein- oder zweimal gebrochen worden war, und ein Schneidezahn aus reinem vierzehnkarätigem Gold.
    Der Stinker sah aus wie ein Gangster, so viel stand fest. Aber er musste ein gut bezahlter Gangster sein, wenn man bedachte, dass er einen funkelnden Diamanten mit zwei Karat im Ohrläppchen trug.
    Dagan zog sein Handy aus der Brusttasche, fotografierte den Toten und verschwand dann schnell wieder im Schatten.
    Was zum Teufel ist hier los?
    Verdammt noch mal, er hatte noch immer nicht die leiseste Ahnung.
    Allerdings gab es eine Sache, von der er zu hundert Prozent überzeugt war: Wäre dies ein alter Western, dann wäre Aldus der Mann, der den schwarzen Hut trug. Es bestand kein Zweifel daran, dass dieser Kerl derselbe Mann war, der versucht hatte, Ms Morgan auszurauben – diesen halslosen Bastard hätte er überall wiedererkannt –, und er hätte gewettet, dass dieser stinkende Typ, wer immer er auch sein mochte, auf Alan Aldus’ Gehaltsliste stand.
    Was bedeutete, dass der gute Senator inzwischen ziemlich verzweifelt war.
    Und es gab nichts Schaurigeres als einen verzweifelten Mann, dem die Macht und die Ressourcen der US-Regierung

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