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Gestohlene Wahrheit

Gestohlene Wahrheit

Titel: Gestohlene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Ann Walker
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sagen:
Ach ja?
»Das würdest du nicht sagen, wenn du Mr Honeypot mal begegnet wärst. Sagen wir einfach, wir konnten uns darauf verlassen, dass er für uns Bier kaufen ging, als wir noch zu jung dafür waren, und dass er immer gerochen hat, als hätte er in seiner Bong gebadet.«
    »Großer Gott.«
    »Mmmm.« Sie schüttelte den Kopf und grinste.
    Dann schwiegen sie einige Sekunden lang und dachten darüber nach, was für einen Vater dieser Mr Honeypot abgegeben hatte. Das rhythmische Summen der Nachtinsekten im Hintergrund bildete das biologische Äquivalent zum weißen Rauschen.
    »So«, meinte sie schließlich. »Willst du die Erinnerungskiste sehen?«
    »Ja«, antwortete er und war froh über den Themenwechsel, weil er gerade ernsthaft darüber nachgedacht hatte, diesen seltsamen Mr Honeypot aufzusuchen und ordentlich dafür in die Mangel zu nehmen, dass er Ali und die Kinder in der Nachbarschaft zu so einem Benehmen angestachelt hatte.
    Mann, es sollte gesetzlich vorgeschrieben sein, eine Lizenz zu erwerben, um sich fortzupflanzen …
    Mit einer schwungvollen Bewegung hob Ali eine verstaubte Decke von einem großen Haufen in der Ecke, und darunter kam eine alte Truhe zum Vorschein. Er zog eine Augenbraue hoch, während er ihr half, sie heranzuziehen.
    »Er hat sie mir als Ersatz für die alte Spielzeugkiste geschenkt, die wir früher benutzt haben«, erklärte sie und fuhr ehrfürchtig über die eingelassenen Buchstaben PFC MORGAN, GRIGG.
    »Mmm.«
    Mmm?
Wirklich? Mehr hatte er dazu nicht zu sagen?
    Er machte den Mund auf, um etwas Klügeres von sich zu geben, doch da sprach sie schon weiter. Offenbar war ihr seine knappe Antwort nicht weiter aufgefallen, was nicht verwunderlich war.
    Nach zwölf Jahren hatte sie sich zweifellos an seine Zurückhaltung gewöhnt. Zumindest würde sie es Zurückhaltung nennen. Tatsächlich verschlug es ihm jedoch die Sprache, wenn sie diesen weichen, verletzlichen Blick bekam.
    Er brachte kein Wort mehr heraus.
    »Viele Leute haben sich darüber gewundert, dass Grigg und ich uns so nahegestanden haben. Normalerweise ist das bei Brüdern und Schwestern anders, hat man mir erzählt. Ich glaube, es lag daran, dass unsere Eltern in ihrer Liebe so …
nachlässig
waren, so lässt es sich wohl am besten beschreiben. Jedenfalls mussten Grigg und ich uns daher aufeinander verlassen. Wir gingen immer zu zweit in die Eisdiele, um ein gutes Zeugnis zu feiern. Ich habe nie eins von Griggs Baseballspielen verpasst, und er war bei jedem meiner Klavierkonzerte.«
    Aber dann war Grigg gestorben, und jetzt hatte sie nichts, außer einer großen Truhe voller Erinnerungen.
    Das war Nate zuvor nicht so bewusst gewesen, und jetzt brach es ihm fast das Herz, dass Ali im Grunde genommen allein dastand. Auch wenn er sich wünschte, dass es nicht so wäre, hoffte er doch, es würde sie ein wenig trösten, dass sie zumindest das gemeinsam hatten.
    »Grigg«, flüsterte sie und strich noch immer über die Buchstaben. »Er hat mir beigebracht, wie man seine Schuhe zubindet, wie man Fahrrad fährt, er hat mir sogar gezeigt, wie man ein Kondom benutzt.« Ihr Lächeln war schwach und süß. »Mit einer riesigen Gurke aus dem Garten. Du kannst dir meine Enttäuschung vorstellen, als ich zum ersten Mal versucht habe, meine Kenntnisse an einem echten Testobjekt auszuprobieren.«
    Er wollte es eigentlich nicht wissen, aber … »Wie alt warst du damals?«
    »Neunzehn.«
    »Mann«, knurrte er und hasste den Typen, der die unfassbare Ehre gehabt hatte, Alis Erster zu sein und … Na, großartig. Das war ja wirklich der perfekte Moment für eine Erleuchtung.
    Als ob dieser Tag nicht schon schlimm genug gewesen wäre.
    Aber es kam noch heftiger. Denn ihm wurde auf einmal klar, dass er sich nichts vormachen konnte. Er konnte nicht mehr länger so tun, als ließe sich das, was er für sie empfand, als bloße unerwiderte Lust abtun.
    Er liebte sie.
    Bämm!
, wie der Fernsehkoch Emeril sagen würde.
    Er liebte sie, wie er in seinem ganzen erbärmlichen Leben noch keinen anderen Menschen geliebt hatte, und dafür hasste er das Universum von ganzem Herzen.
    Denn das änderte nichts.
    Sie konnte nie die Seine sein. Nicht in einer Million Jahre. Denn nichts konnte die Tatsache ändern, dass er ihren Bruder umgebracht hatte, so einfach und gleichzeitig so schrecklich sah die Sache aus.
    Verdammt noch mal!
Er hätte am liebsten laut aufgeschrien, weil das so ungerecht war, und dem morbiden und unfairen Universum beide

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