Gestohlene Wahrheit
zur Verfügung standen.
Der Klang einer Harley, die ein Stück weiter angelassen wurde, bewirkte, dass Dagan schnell zu seinem gemieteten SUV rannte.
»Was ist mit meinen Eltern? Dieser Kerl … er könnte ins Haus gehen und …« Sie konnte weder den Gedanken noch den Satz zu Ende bringen. Sie waren schon seit fünf Minuten auf dem Highway, als Ali endlich wieder einen Ton herausbrachte und endlich die Frage stellen konnte, die ihr auf der Seele brannte.
»Nein, das wird er nicht tun«, versicherte ihr Nate.
»Aber wenn er hinter dem USB-Stick her ist, dann wird er denken, dass Mom und Dad …«
»Er denkt überhaupt nichts mehr, Ali, das kann ich dir versichern.«
»Oh«, sagte sie, dann noch einmal:
»Oh!«
, als es ihr dämmerte.
Okay, der Mann war also tot.
Nate hatte direkt vor ihr … äh, direkt hinter ihr einen Mann getötet.
Sie wusste nicht einmal, was sie davon halten sollte. Was in aller Welt war nur los? Wie war ihr Leben derart aus den Fugen geraten?
»Wer … Wer war das? Er sah irgendwie aus wie der Kerl, der mich überfallen hat«, sagte sie und weigerte sich, darüber nachzudenken, ob der Mann eine Frau oder Kinder hatte, die zu Hause auf ihn warteten. Wenn sie damit erst einmal anfing, würde sie durchdrehen.
»Ich weiß nicht, wer er war. Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen, aber es würde mich nicht wundern, wenn es derselbe Mann war, der dir deine Handtasche klauen wollte.« Seine Stimme klang noch rauer als üblich. »Nur, dass er dieses Mal nicht hinter deiner Handtasche her war.«
Ihr drehte sich der Magen um, und sie schluckte schwer und versuchte es erneut. »Hat er … hat er für die Regierung gearbeitet? Was glaubst du? Haben wir eben jemanden getötet, der …« Sie konnte nicht weiterreden.
»Nein«, versicherte er ihr mit fester Stimme. »Ich erkenne einen ausgebildeten Agenten, wenn ich einen sehe. Dieser Mann war nicht mehr als ein zweitklassiger Killer.«
»Ein Killer?«, kreischte sie. »Woher weißt du das?«
»Die große Waffe mit dem langen Schalldämpfer, die er auf uns gerichtet hat, war mein erster Hinweis.«
Großer Gott.
Ein Schalldämpfer. Es gab Menschen, die tatsächlich Schalldämpfer benutzten.
Natürlich gibt es die
, schalt sie sich. Vor allem dann, wenn es
Killer
waren. »Wer könnte uns denn einen Killer auf den Leib hetzen?«
Doch sie bekam keine Antwort. Alles, was sie hören konnte, war das Geräusch ihres zu schnellen Atems und das rhythmische Pochen des Blutes in ihren Ohren.
»Nate?«, hakte sie schließlich nach und schloss die Augen, als sie sich in eine Haarnadelkurve legten.
»Keine Ahnung«, antwortete er endlich und schaltete in einen anderen Gang, bis die Phantom tatsächlich röhrte und wie ein Dämon auf zwei Rädern über den Asphalt schoss. Offensichtlich bereitete seine Unwissenheit ihm einiges Unbehagen, wenn sie seinen Tonfall richtig deutete. »Aber eines ist sicher«, fügte er hinzu. »Jemand will uns tot sehen.«
»Tot?«
, kreischte sie.
Natürlich hätte sie auch früher darauf kommen können. Killer kamen nicht zu einem, um einem ein Eis und einen Luftballon zu bringen, nicht wahr? Aber ihr Verstand arbeitete etwas langsam, und der Gedanke, dass jemand tatsächlich versucht hatte, sie umzubringen, war so weit hergeholt, dass sie es einfach nicht begreifen konnte.
»Aber … aber …« Sie schüttelte den Kopf und versuchte, nicht in Panik zu geraten.
Das war nicht ihr Leben. Das konnte nicht sein.
»Woher weißt du, dass er uns umbringen wollte?«, hakte sie nach und hoffte darauf, dass er ihr eröffnete, er habe nur einen schlechten Witz gemacht. »Vielleicht … vielleicht wurde er nur dorthin geschickt, um uns Angst einzujagen oder so. Schließlich hatte der CIA-Agent im Delilah’s die Möglichkeit, uns zu töten, und er hat es nicht getan. Woher weißt du, dass dieser Kerl nicht dasselbe tun wollte? Woher weißt du, dass er …?«
Ihr Magen spielte jetzt völlig verrückt. Oh Gott, er schien völlig in Aufruhr zu sein, und … ja … sie musste sich übergeben. Dieses Mal führte kein Weg daran vorbei.
Ein gurgelndes Geräusch entrang sich ihrer Kehle.
»Verdammt!«, fluchte Nate. »Kannst du dich übergeben, während wir fahren, oder soll ich lieber anhalten?«
Sie konnte ihm nicht antworten, da sie damit beschäftigt war, sich seitlich vom dahinrasenden Motorrad wegzubeugen, das Visier hochzuheben und ihren Mageninhalt von sich zu geben.
Tja, wer hätte das gedacht? Offenbar konnte sie
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