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Gestohlene Wahrheit

Gestohlene Wahrheit

Titel: Gestohlene Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Ann Walker
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Mittelfinger gezeigt. Stattdessen schüttele er nur den Kopf und murmelte: »Ich wünschte … Ich wünschte …«
    Er wünschte sich so viele Dinge, dass er gar nicht wusste, wo er anfangen sollte.
    »Ja«, rettete sie ihn aus seiner Misere, »ich auch.«
    Dann starrte er in ihre sanften, strahlenden Augen und dachte, dass er ihr vielleicht doch glauben konnte. »Lass es uns jetzt tun, ja?«, meinte sie, und einen Augenblick lang stand er auf dem Schlauch.
    Was tun? Endlich zugeben, dass sie …?
    »Lass uns den USB-Stick rausholen und endlich von hier verschwinden.«
    Ja, genau. Richtig. Gute Idee, sonst würde er noch in Tränen ausbrechen und ihr seine Liebe gestehen.
    Wäre das nicht ein Schock für sie? Nate »Ghost« Weller – oder Mr Emotionslos, wie Ozzie ihn nannte –, der weinte wie ein Baby und ihr sagte, dass er sie unendlich liebte?
    Sie würde vermutlich glauben, dass er jetzt völlig durchgedreht war, und damit läge sie gar nicht so falsch. Das war das wirklich Traurige daran.
    Er holte tief Luft und sah sie an, während sie andächtig den Deckel aufklappte.
    Nun musste er nur noch ein paar Minuten durchhalten, dann wären sie wieder draußen und würden sich auf den Rückweg machen. Je eher, desto besser. Er war nicht nur kurz davor, wie ein Baby loszuheulen und ihr sein Herz auszuschütten, überdies wuchs seine Unruhe mit jeder verstreichenden Sekunde.
    Und dann waren die verstreichenden Sekunden auf einmal egal, weil die Zeit stehen blieb.
    Grigg …
    Das Erste, was Nate sah, war das Foto, das innen am Deckel klebte.
    »Oh Gott, er fehlt mir so sehr«, hauchte sie und strich mit einem Finger über Griggs Foto.
    Nate spürte, wie sein Herz zerriss, und war überrascht, dass sie es nicht hören konnte.
    Großer Gott. Das war die Hölle. Dagegen waren seine blauen Hoden, seine Unruhe wegen dieser ganzen gottverdammten Situation gar nichts. Ebenso wenig die Tatsache, dass er die einzige Frau auf diesem Planeten liebte, die er nie haben konnte, und zwar … wegen Grigg. Und Grigg sah ihn so an, wie er ihn immer angesehen hatte.
    Selbst als sie mitten im Dschungel festsaßen und die Schüsse der Feinde die Blätter um sie herum zerfetzten, hatte Grigg immer diesen unbekümmerten Gesichtsausdruck gehabt und so breit gegrinst, dass es ebenso ansteckend war wie ein Grippevirus. Der dämliche Bastard hatte das Leben geliebt.
    »Vermisst du ihn?«, fragte Ali mit erstickter Stimme. »Entschuldige, das ist eine dumme Frage. Du hast ihm nähergestanden als jeder andere. Natürlich vermisst du ihn.«
    »Ich habe ihn vermutlich besser gekannt als jeder andere«, erwiderte er rasch. »Aber er hat dir am nächsten gestanden, Ali. Du warst in seinem Herzen. Und ich vermisse ihn jeden verdammten Tag.«
    »Ja.« Sie seufzte und strich ein letztes Mal über Griggs Foto. »Ich auch.«

13
    Ali konnte nicht atmen.
    Das hatte nichts mit der schweren schusssicheren Weste zu tun, die sie unter der Jacke trug, sondern eher etwas mit der Luft im Inneren des Baumhauses. Sie drohte, sie zu ersticken. Da waren zu viele Erinnerungen, zu viel Trauer, zu viel Schmerz.
    Sie musste raus, und zwar sofort.
    Daher wühlte sie sich schnell bis zum Boden der Truhe durch und zog einen Plastikbeutel voller USB-Sticks hervor. Sie hatte sie mit dem Datum beschriftet, an dem sie sie erhalten hatte. Als sie den fand, den sie eine Woche vor dem Tag, an dem sich ihr Leben für immer veränderte, beschriftet hatte, nahm sie ihn heraus und reichte ihn Nate.
    Er starrte ihn einen Moment lang mit leerem Blick an, als könnte er nicht glauben, dass alles, was sie durchgemacht hatten, nur wegen dieses unschuldigen kleinen Objekts passiert war. Dann schob er den Stick vorsichtig tief in seine Jackentasche.
    Sie wollte sich gerade umdrehen, um die Truhe zurückzuschieben und endlich ins Freie zu kommen, aber er hielt sie auf, nahm ihre Hand und legte seine warmen Finger um ihre.
    Welche Differenzen sie auch gehabt hatten, welche Verletzungen und Erniedrigungen sie einander auch zugefügt hatten, so hatte doch nichts die Tatsache geändert, dass sie Grigg beide sehr geliebt hatten. Sie litten beide noch immer unter der tiefen, schartigen Wunde, die Griggs Tod verursacht hatte.
    Sie sah in sein attraktives Gesicht und erkannte Verständnis und Mitgefühl darin … und noch etwas anderes. Etwas, das sie nicht verstand.
    Was immer es war, es machte ihr Hoffnung und Angst und … und …
    Oh Mann. Sie musste hier raus. Sie konnte nicht mehr klar

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