Gestohlene Wahrheit
gut, denn genau das war er: ein Barbar.
»Du hast noch so viele andere. Ich habe sie gesehen«, sagte er zu ihr, als er wieder Luft bekam, um dann mit den ersten tausend Küssen zu beginnen. Er beschloss, den allerersten auf ihr zartes Schlüsselbein zu setzen.
»Hmm«, murmelte sie und legte den Kopf zur Seite, damit er besser an die Stelle herankam. »Da hast du vermutlich recht.«
Er schaffte es nicht ganz, ihr wirklich tausend Küsse zu geben. Das lag vor allem daran, dass sie sich schon nach zweihundert unter ihm wand und ihn in sich spüren wollte. Doch er ging langsam und zärtlich vor, und war dabei sehr gründlich. Nach dem dritten Orgasmus war sie völlig geschafft. Er schlief mit zufriedenem Lächeln und der einzigen Frau, die er je geliebt hatte, in seinen Armen ein.
»Scheiße!«, fluchte Dagan in sein Handy und schlug mit der Hand auf das Lenkrad.
»Yup«, erwiderte Chelsea Duvall, deren heisere Stimme durch das Handy sogar noch rauer klang. Chelsea war der einzige Mensch innerhalb der CIA, der nach dem
Zwischenfall
noch mit Dagan sprach. Er war froh, dass sie seine Freundin war, auch wenn sie einmal, vor Jahren, weitaus mehr für ihn gewesen war. »Und es wird noch schlimmer.«
Na super. Noch schlimmer, als herauszufinden, dass auf dem Foto des Toten ein gewisser Rocco De Lucca abgebildet war, ein Mafia-Schläger aus New York, der Kid Rocks Befehl nachgekommen und in den Westen gegangen war. Allerdings war Dagan davon überzeugt, dass Rocco das nicht getan hatte, um Cowboy zu werden. Nein. Er war nach Vegas gekommen, weil es dort weitaus mehr Beine gab, die gebrochen werden mussten. Dagan vermutete, dass die meisten davon Spielern gehörten, die ihre Schulden nicht zurückzahlen konnten oder wollten.
»Der Mann hat zwei bekannte Komplizen«, berichtete Chelsea. »Einen gewissen Frankie ›The Shark‹ Costa und Johnny Vitiglioni, der zufälligerweise auch sein Cousin ist. Jeder von ihnen hat schon mal gesessen, und sie haben alle ein Vorstrafenregister, das sich liest wie dein schlimmster Albtraum, und das war, bevor du mir von den Dingen erzählt hast, die du ihnen noch zuschreibst. Z, wo bist du diesmal wieder reingeraten?«
Diesmal
. Als ob er dafür berüchtigt wäre, sich auf der falschen Seite wiederzufinden. So war es gar nicht … Nur dieses eine Mal war das passiert, aber das hatte ausgereicht, um seinen bis dato hervorragenden Ruf bis in alle Ewigkeit zu ruinieren. Selbst Chelsea, die eigentlich immer noch an ihn glaubte, konnte das, was passiert war, offensichtlich nicht völlig ignorieren.
»Danke für deine Hilfe, Chels«, sagte er und überging ihre letzte Frage. »Ich muss los.«
»Z, ich wollte nicht …«
Er legte auf, bevor er hören konnte, was sie sagen wollte, denn er wusste, dass es sowieso eine Lüge sein würde. Sie hatte es sehr wohl so gemeint.
Er hätte am liebsten geschrien: »Es war nicht meine Schuld! Ich wurde reingelegt!« Aber was hätte das gebracht? Nichts. Es hätte die Vergangenheit nicht geändert. Das ging gar nicht.
Seine Probleme waren jetzt auch nicht wichtig, da Senator Alan Aldus eine Gruppe von Gaunern angeheuert hatte, die Alisa Morgan und Nate Weller ausschalten sollten, und Dagan war entschlossen, sein Möglichstes zu tun, um dies zu verhindern.
Riskierte er sein Leben, um zu versuchen, das wieder gutzumachen, was vor drei Jahren passiert war?
Ja, vielleicht.
Aber hatte nicht jeder eine zweite Chance verdient?
»Woher hast du diese Narbe?«
Nate stöhnte und zog Ali ein Stück höher, damit er ihr Kinn anheben und ihr einen Kuss auf ihr Plappermaul drücken konnte.
Zwei Stunden.
Sie hatte ihm zwei glückliche Stunden Schlaf gegönnt, und so gut und friedlich hatte er seit Jahren nicht geschlafen, doch dann hatte sie ihn geweckt, indem sie seine Brust mit süßen, heißen Küssen bedeckte.
Gegen die heißen Küsse hatte er nichts einzuwenden, aber sich zu unterhalten, während sie nackt war und in seinen Armen lag, das gehörte nicht zu den Dingen, die er in diesem Moment tun wollte.
Sie erwiderte seinen Kuss und schob ihm ihre Zunge in den Mund, sodass er sofort jeden anderen Gedanken vergaß. Auf einmal entzog sie sich ihm und umkreiste die große, gewölbte Narbe auf seiner rechten Schulter mit der Fingerspitze. »Diese hier, woher hast du die?«
Er seufzte. Offenbar würde sie nicht lockerlassen.
»Schlechte Reflexe«, gab er widerstrebend zu und versuchte, sie wieder zu küssen, aber diese dreiste Frau wich ihm
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