Gestohlene Wahrheit
war.
»Unsere Quellen hatten herausgefunden, dass sich ein bedeutender russischer Waffenhändler mit potenziellen Klienten treffen wollte. Nach allem, was wir wussten, war dieser Mann praktisch allein dafür verantwortlich, dass eine bestimmte afrikanische Gruppe mit Waffen beliefert wurde, was zu einem brutalen Krieg und zu Schlimmerem geführt hatte … einem Genozid.«
Er musste nicht ins Detail gehen. Sie war ein kluges Mädchen und konnte vermutlich eins und eins zusammenzählen und sich denken, welchen Konflikt er meinte.
Konflikt.
Das war noch einer dieser lächerlichen Euphemismen. Dieser sollte die Vergewaltigung und Erniedrigung von Frauen beschreiben, das Abhacken der Hände und Arme der Männer, die Manipulation von Kindern, die zu Killermaschinen gemacht wurden.
»Jedenfalls hatten die US-Truppen seit Monaten versucht, diesen Kerl zu erwischen, um Beweise gegen ihn in der Hand zu haben, aber er war brillant und schaffte es immer wieder, den Fallen zu entrinnen, die unter anderem unsere Regierung ihm stellte. Daher beschloss man, ihn auszuschalten. Diese Mission wurde Grigg und mir übertragen.«
Er hatte seit einer Ewigkeit nicht mehr darüber gesprochen, und es fühlte sich irgendwie … gut an. Läuternd.
»Wir hatten keine Zeit, um uns vorzubereiten. Unser Ziel war in Bewegung, und es gab nur eine bestimmte Zeit und einen festgelegten Ort, an dem es laut unseren Informationen verletzlich sein würde. Der Mann tauchte auch genau da auf, wo wir auf ihn gewartet haben. Nur, dass es nicht der Waffenhändler war. Es war sein Zwillingsbruder. Ein Ethikprofessor an der Moskauer Universität. Vater von drei Kindern. Das haben wir allerdings erst später rausgefunden …«
Er schüttelte den Kopf und spürte auch nach all diesen Jahren noch die Machtlosigkeit und den Zorn. »Die Informationen, die wir erhalten hatten, waren falsch, und wir hatten keine Zeit gehabt, sie zu überprüfen. Aus diesem Grund haben wir einen Unschuldigen getötet. Da wussten wir, dass es Zeit war, auszusteigen. Es war Zeit, dass wir uns einen anderen Job suchten, bei dem wir selbst und zweifelsfrei über die Schuld unserer Ziele entscheiden konnten.«
Es fühlte sich wie ein Segen an, als sie mit der Hand durch sein Haar strich, als würde ihn ein Engel berühren, der ihm seine Vergehen verzieh. Er wäre am liebsten vor ihr auf die Knie gefallen und hätte ihr seine Seele zu Füßen gelegt, aber er konnte sie nur anstarren und sich an das Verständnis klammern, das er in ihrem Blick sah.
»Du bist ein guter Mann, Nate«, versicherte sie ihm mit leiser, fester Stimme. »Du und Grigg, ihr seid beide ehrenhafte Patrioten. Das ist keine Schande.«
Er schluckte den Kloß aus Reue herunter, der wie ein Eisberg in seiner Kehle steckte. »Was immer du auch denken magst, Ali, was immer du in Filmen gesehen hast … Es ist nie ehrenhaft, einen anderen Menschen zu töten. Wenn man Glück hat, sehr großes Glück, ist es nur Gerechtigkeit.«
Sie lächelte traurig. »Und das ist es, was dich so anständig macht, Nate. Zu einem so seltenen und besonderen Menschen. Du verstehst den Wert, den das Leben hat. Du hattest keinen Spaß an deinem Job, aber du hast ihn dennoch gemacht. Aus Pflichtbewusstsein, zum Wohle aller. Du bist wirklich außergewöhnlich.«
Genau.
»Danke, dass du es mir erzählt hast«, flüsterte sie und küsste ihn sanft. Aus irgendeinem Grund musste er lächeln. Er fühlte sich leichter, fast schon unbeschwert. Dann zog sie sich zurück und grinste.
Oh, oh, er kannte diesen Blick.
»Und da du gerade so schön in Geständnislaune bist, kannst du mir auch gleich verraten, was dir Delilah gestern Abend gesagt hat.«
Er stöhnte. Es war schwer zu glauben, dass er ihr von der Sache in Moskau erzählt hatte, aber er konnte ihr unmöglich gestehen, was Delilah zu ihm gesagt hatte.
»Komm schon. Spuck es aus«, forderte sie und spielte mit ihren kleinen Fingern in seinem Brusthaar, bis er nicht mehr wusste, was ihn verrückter machte, ihre süße, gedankenlose Liebkosung oder die Tatsache, dass es ihm unmöglich erschien, sie von diesem Thema abzubringen. »Es kann nicht gut sein, so viele Geheimnisse zu haben.«
»Das ist kein Geheimnis, es geht dich nur nichts an.« Er versuchte, sie zu küssen, um sie abzulenken, aber sie wich seinen suchenden Lippen aus.
»Eines Tages kriege ich es schon noch aus dir raus«, schwor sie und schenkte ihm ihr freches Grinsen, das er so sehr liebte.
Er knurrte und beschloss, sich
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