Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song
heftig, dass er einen Moment lang glaubte, sie hätte einen Schluckauf bekommen. Dann stieß sie einen lauten Schrei aus und begann so heftig zu schluchzen, dass er fürchtete, es könnte sie zerreißen.
Sogar Coeo rückte an sie heran. Er gab besänftigende Laute von sich und streichelte ihren Arm, auch wenn er damit kaum etwas ausrichten konnte. Karl hatte sich nie zuvor so hilflos gefühlt.
Sie verbrachten eine kalte Nacht, in der sie kaum Schlaf fanden. Der Wind wurde immer stärker. Er blies so eisig, als käme er direkt vom Südpol, und drang mühelos durch die Lagen aus Pelzen.
Wenn wir unser Ziel nicht bald erreichen, wird es zu spät sein, dachte Karl. Dann werden wir erfrieren.
Als sie nach einem kurzen Schlaf erwachten, kreisten erneut Dauskalas am Himmel.
»Glamurbakjunges«, sagte Coeo. »Von seiner Mutter getrennt.«
Das kleine Tier rannte hilflos hin und her. Die schwarzen Kreaturen schnitten ihm immer wieder den Weg zurück zu seiner Mutter ab. Ihre krächzende Schreien klangen wie Parodien auf seine ängstlichen Rufe.
Das Muttertier griff die Dauskalas an, doch einer packte das Junge mit den Krallen, schwang sich mehrere Meter hoch in die Luft und ließ es wieder los. Es schlug schwer auf und lag dann, von einigen reflexhaften Zuckungen abgesehen, reglos da.
Endlich erreichte die Glamurbakmutter ihr Junges und stieß es mit der Schnauze an. Als es nicht reagierte, lief sie ein Stückchen weg, kehrte dann aber wieder zu ihm zurück und untersuchte es erneut. Kurz darauf gab sie ihre Bemühungen auf und verschwand endgültig, wobei sie allerdings weiter klagende Rufe ausstieß, als könnte sie ihr Junges damit wieder zum Leben erwecken.
Währenddessen hatten sich Karl und Bera eilig ange zogen. Plötzlich verharrte Karl, von seinen Gefühlen über wältigt, mitten in der Bewegung.
»Was ist denn?«, erkundigte sich Bera.
»So viel Tod«, brachte er mühsam hervor. »Wohin man auch blickt. Wie kommt ihr nur damit zurecht?«
Sie strich ihm über den Arm. »Avalon ist kein so harter Planet, nicht wahr?«
Er schüttelte den Kopf. »Natürlich sterben auch dort Menschen. An Altersschwäche, durch Krankheit, und gelegentlich auch durch Unfälle. Außerdem gibt es bei uns ungezähmte Welten, auf denen diejenigen, die die Todesgefahr reizt, auf die Jagd gehen oder an strategischen Überlebensspielen teilnehmen können.«
Beras Lippen verzogen sich, doch ihre Stimme verriet nicht, was in ihr vorging. »Ist der springende Punkt bei einem Besuch dieser wilden Welt nicht der, dass man jederzeit wieder abreisen kann?«
»Ich … Du musst so lange überleben, bis du wieder abgeholt wirst, aber, ja, die Zeit ist befristet. Ich habe nie Gefallen an solchen Dingen gefunden … Dir muss so etwas wie ein harmloses Spielchen erscheinen.«
»Richtig.« Bera deutete auf Coeo, der sich kurz entfernt hatte und gerade zu ihnen zurückkehrte. »Hier gibt es kein Entkommen für uns … oder für dich, falls dein Plan fehlschlagen sollte. Lern also lieber, wie man überlebt, oder stirb. Das ist alles, was ich für dich tun kann, Karl. Ich kann dir nicht dabei helfen, wie man lernt, überleben zu wollen .« Sie schwieg einen Moment lang und fuhr dann fort: »Deshalb beginnt deine erste Lektion gleich hier: Siehst du, wie die Dauskalas versuchen, den Schuppenpanzer des Glamurbakjungen aufzubrechen?«
»Ja. Und?«
»Sie werden ihn nicht bekommen. Er gehört uns.«
Sie stieß einen gellenden Schrei aus und rannte auf die Dauskalas zu. Coeo folgte ihr mit einem Bellen. Nach kurzem Zögern zog Karl sein Schwert und griff mit lautem Brüllen ebenfalls an.
Die Dauskalas erhoben sich kreischend ein paar Meter hoch in die Luft, blieben mit schlagenden Schwingen über dem toten Glamurbak stehen und hackten mit ihren langen dünnen Schnäbeln nach Bera. Sie schlitzte einer Kreatur mit dem Messer eine Schwinge auf. Blut sprudelte aus der Wunde hervor. Der verletzte Dauskala stürzte zu Boden, und sofort fielen seine Artgenossen über ihn her.
Coeo schleifte das Glamurbakjunge zu ihrem Lager, und Bera machte sich sofort daran, den Kadaver zu zerteilen. »Hilf mir«, sagte sie zu Karl.
Er schnitt dem Tier widerwillig den Schwanz ab, auch wenn es ihm kaum der Mühe wert schien, und reichte ihn Coeo. Der Humanoide kaute bereits auf einem blutigen Fleischklumpen herum, den Bera ihm gegeben hatte. Er schüttelte den Kopf. »Deins.«
»Dein Anteil für deine Hilfe«, erklärte Bera.
»Ist der Rest des Fleischs denn nicht
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