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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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aktivieren, die die ehemaligen Besitzer ausgeschlachtet hatten, oder, was noch schlimmer war, mithilfe des Zentralprogramms, wie Karl endlich begriff.
    Von bösen Vorahnungen geplagt, stöpselte er das Datenkabel erneut ein.
    Der Cyberspace schien sich kaum verändert zu haben – ein Datenberg sah genau wie der andere aus, und Datenströme waren für Karl ebenso wenig unterscheidbar wie Gesichter für einen Blinden.
    »Loki!«, rief er. Der Name verwandelte sich in eine Buchstabenfolge, die in die Leere hinausflogen und dabei immer kleiner wurden, während Rauch von ihnen aufstieg. »Loki!« Er warf der ersten Buchstabenfolge eine exakte Kopie hinterher und fügte ein paar neue hinzu: »Wo bist du?«
    »Hier!«, drang die Antwort in Form eines grafischen Zeichens aus dem Abgrund hervor. Es schoss so schnell auf ihn zu, dass er sich ducken musste, doch zum Glück verfehlte es ihn.
    Er atmete erleichtert aus. »Ich muss eine Möglichkeit finden, mit dir zu kommunizieren, ohne mich dafür ständig einzustöpseln. Irgendwelche Vorschläge?«
    »Die Konsole enthält einen Lautsprecher für den Funkverkehr«, sagte Loki. »Orn soll ihn mit dem Ausgang des Datenanschlusses verkabeln. Dann haben wir eine direkte Sprachverbindung.«
    Karl zog das Kabel aus der Buchse und schickte Orn an die Arbeit.
    Einige Minuten später meldete Orn Enter. »Endlich!«, klang eine tonlose, etwas blecherne Stimme aus dem Laut sprecher auf.
    »Hast du das verdammte Ding jetzt unter deiner Kon trolle?«, fragte Karl. »Oder müssen wir jederzeit mit einem weiteren Anschlag rechnen?«
    »Ich habe die Kontrolle«, versicherte Loki. Seine Stimme, die hart und metallisch durch die Brücke hallte, unterschied sich vollständig von der, die Karl monatelang in seinem Kopf gehört hatte, aber was sie sagte, ließ ihn einen erleichterten Seufzer ausstoßen und unbewusst eine Hand zur Faust ballen.
    »Dann lass uns die verlorene Zeit aufholen und diesen Brocken Richtung Isheimur schubsen«, sagte er.
    Das Schiff drehte sich um 90 Grad und ruckte mit den Steuerdüsen vor. Dann zündeten die Haupttriebwerke. Langsam wurde das Dröhnen lauter.
    Karl spürte den kaum wahrnehmbaren Druck der Beschleunigung im Rücken, schloss die Augen und versuchte, eine Art von emotionalem Gleichgewicht herzustellen. Obwohl die Beschleunigung nicht einmal annähernd in einem Bereich lag, der es erforderlich gemacht hätte, sich zu setzen, benötigte er eine Ruhepause; er hatte das Gefühl, stundenlang ununterbrochen in Bewegung gewesen zu sein, doch dann wurde ihm klar, dass in Wirklichkeit nur wenige Minuten vergangen sein konnten und er unter einem seltsamen temporalen Orientierungsverlust litt. Wenn auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit bestehen sollte, dass er und seine Gefährten sein Vorhaben überlebten, musste er sich völlig auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentrieren können.
    »Wassereis wiegt bei Standardschwerkraft etwas weniger als eine Tonne pro Kubikmeter«, erläuterte Loki. »Bei einem Kubikkilometer liegen wir also bereits bei einer Gigatonne. Da der Durchmesser des Kometen im Mittel 12,58 Kilometer beträgt …«
    »Wie groß ist die Masse der Winter Song? «, unterbrach ihn Karl.
    »Etwas unter einer Megatonne«, erwiderte Loki.
    Orn, der sich noch immer in der Nähe aufhielt, stieß einen Pfiff aus. »Das wäre in etwa so, als würde eine Ameise versuchen, einen Elefanten aus dem Weg zu schieben.«
    »Nicht ganz so schlimm«, beruhigte ihn Karl. »Wir beschleunigen das Ding ja nicht aus dem Ruhezustand heraus, sondern verpassen ihm nur einen zusätzlichen Schubs, um seine Flugbahn minimal zu verändern. Selbst bei einer Beschleunigung, die nicht einmal annähernd ein Prozent von einem Standard- g beträgt – und mehr können wir über einen längeren Zeitraum nicht riskieren –, werden wir dem Kometen den benötigten Seitenschub verpassen können, um ihn auf Kollisionskurs mit Isheimur zu schicken. Und bis er dort eintrifft, bleibt uns genug Zeit, gegebenenfalls noch Kurskorrekturen vorzunehmen.«
    Doch er war sich seiner Sache längst nicht so sicher, wie er es zu sein vorgab. Die Beschleunigung des Kometen musste an einem Punkt seiner Bahn beginnen, der nur eine Abweichung von wenigen Hundert Metern erlaubte. Blie ben sie nicht innerhalb dieses engen Fensters, würde der Komet nach seinem mehrere Millionen Kilometer langen Flug einfach an Isheimur vorbeisegeln. Noch wichtiger aber war, dass sie die Ablenkung der Bahn auf den Bruchteil eines

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