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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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ausgestattete Welt – im Grunde genau das war, was du während all der Wochen in deinem biologischen Gefängnis heimlich herbeigesehnt hattest.
    Du hieltest den Plasmakarabiner in einer Hand und prüftest sein Gewicht. Natürlich war es lediglich ein Symbol – nicht realer als dein muskulöser schlanker Körper –, aber ein äußerst mächtiges Symbol, das ihn in vielerlei Hinsicht genauso real wie dich werden ließ. So real wie die kleine Jutetasche, die durch deine Vorstellungskraft Gestalt annahm und die du dir schräg so über eine Schulter schlangst, dass sie dir beim Laufen gegen die andere Hüfte schlug.
    Du drehtest dich um, ließest den Korridor hinter dir zurück und betratest die Stadt.
    Karl kehrte wie ein Ertrinkender, der eine Rettungsleine umklammert hielt, ins Bewusstsein zurück.
    »Ich dachte, du hättest was von wegen ohnmächtig gesagt«, krächzte Bera mit tränenerstickter Stimme, während sie an einem seiner Ohrläppchen zupfte. »Von sterben war nicht die Rede!«
    Er schenkte ihr ein schwaches Grinsen und rieb sich den schmerzenden Schädel. »Details, nichts weiter. Ach, kein Loki mehr, der in meinem Hinterkopf lauert. Es fühlt sich unheimlich an, wieder so eine Leere im Kopf zu haben, wenn du weißt, was ich meine.«
    »Diesem Wahnsinn nach zu urteilen, ist dein Kopf leer«, sagte Bera. »Was ist aus ihm geworden?«
    Karl deutete auf die Konsole. »Da drin verschwunden. Er macht Jagd auf den Bordrechner. Selbst wenn er ihn nur eine Weile beschäftigen kann, gewinnen wir dadurch Zeit, um weitere Vorkehrungen für den Abwurf des Reaktors treffen zu können.« Er hielt sich an Bera fest. »Bin noch ein bisschen unsicher. Um mich herum dreht sich alles.«
    Auf dem Bildschirm brodelte der Komet vor ihnen unter den Strahlen von Gamasol und Deltasol. Dampfschwaden stiegen von der zerklüfteten Oberfläche empor.
    Komm schon, hör auf zu träumen!, dachte er und massierte sich die Schläfen. Er hatte vor langer Zeit einmal einen alten Realitätsspeicher mit seinem Kopf verbunden, um herauszufinden, wie das Ding funktionierte. Es war die Erinnerung an den Besuch bei einem Zahnreparateur – ein Zahnarzt, so hatte man das damals genannt – gewesen. Die Datei stammte aus einer Zeit, als sich Zähne noch abgenutzt hatten oder ausgefallen waren.
    Der Person, von der die Erinnerung stammte, war ein Zahn ausgeschlagen worden. Sie hatte daraufhin ständig in der Lücke herumgefummelt und die raue Oberfläche der sie umgebenden Zähne betastet. Karl fühlte sich durch Lokis Abwesenheit genau an diese Leere erinnert. Es war das Gefühl, dass etwas – wie schwer es ihm auch gefallen sein mochte, seine Anwesenheit zu akzeptieren –, abgesehen von einer Phantomerinnerung, plötzlich nicht mehr da war. Er schüttelte den Kopf, löste den Gurtverschluss, ließ sich mit einem kleinen Beutel in der Hand durch die Brücke treiben und verstaute die in der Luft schwebenden Gegenstände darin. All die Materialien, die Bera so geduldig für ihre eventuelle Rückkehr auf den Planeten zusammengetragen hatte, hatten sich innerhalb von Sekunden in eine chaotische Wolke verwandelt. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund machte ihn das zorniger als alles andere.
    Nach einer Weile kehrte er zum Kommandopult zurück und begann Schalter umzulegen, anfangs langsam, dann in dem Maß, indem er eine Sequenz begriff, immer schneller und schließlich wieder langsamer. Er fluchte. »Dieser Stoß aus den Triebwerken hätte eigentlich nicht passieren dürfen. Oh, wahrscheinlich war ich das gar nicht, wahrscheinlich kam das von dem Kampf zwischen Loki und dem Idioten.«
    Plötzlich wurde die Beleuchtung matter und kehrte dann zu ihrer normalen Helligkeit zurück. »Das war ich auch nicht«, murmelte er.
    »Karl!«, rief Bera.
    »Nicht jetzt, solange es nicht wirklich furchtbar wichtig ist«, knurrte er.
    »Kommt darauf an, ob es dir wichtig erscheint, dass Ragnar gerade eine Art Anfall hat!«, fauchte sie.
    Du kamst nicht wie erwartet innerhalb der Stadt aus dem Tunnel heraus, sondern auf der anderen Seite eines mehrere Meter hohen Maschendrahtzauns. Ein deiner Meinung nach ziemlich dürftiges Hindernis. Du stelltest dir ein Loch an seinem unteren Ende vor, und als es sich im Boden auftat, rolltest du unter dem Zaun hindurch.
    Die Wolkenkratzer waren an den Rändern etwas unscharf, wie Bilder, die so sehr vergrößert worden waren, dass sie sich in einzelne Pixel auflösten. Gewaltige fliegende Stufentürme, hinter denen du

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