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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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Grads exakt berechneten, sollte das Unternehmen nicht von Anfang an zum Scheitern verurteilt sein.
    »Wie lange noch bis zum Hochfahren des Antriebs?«
    »48 Minuten«, erwiderte Loki mit seiner immer noch unmelodiösen Stimme. »Ich nehme an, dass es nicht nötig ist, auch noch die Sekunden zu nennen, da sie in dem Augenblick, in dem ich sie ausspreche, ohnehin bereits verstrichen wären.«
    Es dauerte einen Moment, bis Karl begriff, dass das Konstrukt einen Witz gemacht hatte. »Humor von einer Maschine«, murmelte er.
    »Eigentlich war das ernst gemeint«, gab Loki zurück. »Du erwähnst doch auch nicht jede kleine Einzelheit, wenn du eine Berechnung anstellst, oder?«
    »Hmmpfff …«
    »Eine der seitlichen Steuerdüsen macht mir Sorgen«, fuhr Loki fort. »Sie funktioniert nur unregelmäßig, und selbst dann mit kaum 40 Prozent ihrer potenziellen Schub kraft.«
    »Wir werden uns damit begnügen müssen«, sagte Karl.
    »Es ist seltsam, seine Stimme hören zu können«, bemerkte Bera. Sie hielt sich mit einer Hand an Karls Sessel fest und hatte die andere auf seine Schulter gelegt.
    »Hast du etwa geglaubt, ich würde ihn mir nur einbilden?«, fragte Karl lachend.
    »Nur manchmal während der ganz frühen Morgenstunden kurz vor Sonnenaufgang, wenn ich nicht einschlafen konnte. Das ist die Zeit, in der man an allem zweifelt, sogar an sich selbst.«
    Zum ersten Mal wurde Karl bewusst, wie gewaltig das Vertrauen war, das Bera in ihn gesetzt hatte. Anscheinend hatte sie seinen verblüfften Gesichtsausdruck bemerkt, denn sie drückte seine Schulter und fügte hinzu: »Denkst du denn, dass ich irgendjemand anderem etwas derart Persönliches gestehen könnte? Nimm das als Maßstab dafür, wie ich über dich denke.«
    Er tätschelte ihre Hand. »Das werde ich.«
    Der Anblick des Kometen auf dem Monitor, wie beeindruckend er mit seinen brodelnden Dampfschwaden auch sein mochte, war schon bald langweilig geworden.
    »Loki, öffne die Blende vor dem Seitenfenster«, bat Karl aus einem Impuls heraus. »Ich meine das Fenster, das von den Sonnen abgewandt ist.«
    »Keins der Fenster liegt vollständig auf der Schattenseite«, erwiderte Loki, »aber ich werde das von Gamasol abgewandte öffnen, da Gamasol der hellste Stern des Systems ist.« Die Blende glitt zurück, und der Rand der Kometenkorona wurde sichtbar. Das kochende Eis spie Gasfontänen weit ins All hinaus, die unheimliche geisterhafte Banner bildeten.
    »Wir sollten dem Kometen einen Namen geben«, sagte Karl. »Schließlich ist er längst nicht mehr nur irgendein beliebiger kosmischer Eisbrocken.«
    »Fenris.« Der Name bestand aus zwei deutlich voneinander getrennten Silben, und die Stimme war in Karls Rücken aufgeklungen. Er drehte sich um und starrte Ragnar an, der sich aufgerichtet hatte, wobei er ausgerechnet von Coeo gestützt wurde – obwohl er angesichts der Mikroschwerkraft eigentlich keine Hilfe benötigte. Der ehemalige Gothi sah alt aus, nicht mehr als ein Schat ten des vitalen Mannes, der er noch bis vor Kurzem gewesen war. Eine Seite seines Gesichts war maskenhaft reglos.
    »Der Zerstörer der Welten?« Die Skepsis in Beras Stimme war unüberhörbar.
    »Er könnte durchaus dazu werden«, sagte Arnbjorn. »Wir hoffen zwar, dass es nicht so weit kommt, aber …«
    »Es ist ein Risiko«, gab Karl zu, »doch wenn wir gar nichts tun, werden eure Leute langsam zugrunde gehen. Sollte es uns aber gelingen, der Kolonie ein Jahrzehnt Aufschub oder mehr zu erkaufen, könnten sich eure Leute und Coeos Volk vielleicht auf so etwas wie ein Friedensabkommen einigen. Denn eins steht fest, unabhängig davon, ob ich dann noch da bin oder nicht: Ihr werdet auf jeden Fall eine Übereinkunft treffen müssen, um zu verhindern, dass ihr von denen, die auf unseren Ruf reagieren, in einen schmutzigen kleinen Krieg hineingezogen werdet – egal auf welche Seite.«
    Ich … stimme … Karl … zu …«, sagte Ragnar. Er sprach langsam und zögernd, aber seine Stimme klang bereits kräftiger. Trotzdem kamen die Silben immer noch zäh hervor, als bereitete es ihm große Schwierigkeiten, sie zu formulieren. »Wie sagt man … in Troll-Sprache … ›Wir wollen Frieden‹ … Utlander?« Bei dem letzten Wort verzogen sich seine Lippen zu einem halbseitigen Grinsen.
    Karl verlor kein Wort über die Gedanken, die ihm durch den Kopf schossen. Es wird Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dauern, bevor eure Urgroßenkel und die der Angepassten in der Lage sein werden, einander völlig

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