Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
Vom Netzwerk:
Dateiverzeichnisse vermutetest, trieben in einer feierlichen Prozession über ein gelblichgraues Firmament, in dem du den Himmel Isheimurs erkanntest. Schließlich war es der einzige Himmel, den du – wenn auch nur durch Karls Augen – jemals gesehen hattest. Gleiterförmige Umrisse, die aus einzelnen Datenpaketen zusammengesetzt waren, schossen wie kleine Fische zwischen den Stufentürmen hin und her. Riesige Zahlensäulen erhoben sich bis in den Orbit hinauf in den Himmel.
    Natürlich gab es nicht die geringste Spur irgendwelcher Menschen, was dich auch nicht überraschte. Schließlich hatte diese Stadt nur einen einzigen Bewohner.
    Alle hatten sich um Ragnar herum versammelt. Obwohl Arnbjorn, der einen Kasten in den Händen hielt, schwerelos über dem Boden schwebte, hatte er instinktiv eine kniende Haltung eingenommen. Sein Gesicht war grau. Eine einzelne Träne glitzerte auf einer seiner Wangen. »Ich kann keins von diesen Dingern lesen!«, stieß er hervor und warf Karl einen Hilfe suchenden Blick zu.
    »Lass mich mal«, sagte Karl, obwohl er nur wenig Hoffnung hatte, die Etiketten lesen zu können. Er strich der Reihe nach mit dem Zeigefinger darüber, worauf jedes der Schildchen einen Text von sich gab. Schlau gemacht, dachte er, diese Fläschchen müssen aus der Zeit stammen, als die Menschen gerade begonnen hatten, solche archaischen Fähigkeiten wie das Lesen zu vergessen. Aber auch wenn sich die Namen der Medikamente und ihrer Bestandteile in fast allen Sprachen ähnelten, reichten seine Kenntnisse auf diesem Gebiet nicht aus, um zu wissen, welche Substanz was bewirkte. Einige der Sprach chips schienen Gebrauchsanweisungen vorzulesen, doch Karls Kasachisch reichte gerade einmal dazu aus, hier und da einen Halbsatz zu verstehen.
    Er warf einen Blick unter Ragnars aufgerissenes Hemd und das Zickzackmuster von Narben auf seiner nackten Brust. Eine Gesichtshälfte des Gothi war erschlafft, Speichel sickerte aus dem Mundwinkel der gelähmten Seite hervor.
    Arnbjorn wischte den Speichelfaden fort. »Hilf uns!«, flehte er.
    »Ich habe keine Ahnung, was wir tun sollen«, gestand Karl. »Ohne Zugriff auf die medizinischen Programme weiß ich nicht einmal, was Ragnar fehlt.«
    »Er hat einen Schlaganfall«, sagte Bera. »Meine Großmutter hatte auch einen. Es gibt Medikamente mit blutverdünnender Wirkung, und …« Plötzlich wurden ihre Augen groß. »Könnten deine Nanophyten ihm nicht helfen?«
    Ich Idiot!, dachte Karl. Die Panik angesichts eines uralten medizinischen Problems ohne die Möglichkeit, auf die entsprechenden Hilfsmittel zuzugreifen, hatte sein Gehirn regelrecht paralysiert. »Könnte sein«, murmelte er, kramte in dem Kästchen herum und entnahm ihm ein steril verpacktes Skalpell. Er lenkte eine Ansammlung von Nanophyten in eine seiner Hände, und nachdem ihm ein leichtes Kribbeln verriet, dass sie ihr Ziel erreicht hatten, fügte er sich einen kleinen Schnitt zu. »Es werden nicht genug sein, um ihn vollständig zu heilen«, erklärte er, »aber vielleicht verringern sie erst einmal die schlimmsten Auswirkungen.«
    Bera entfernte die Schutzhülle von der Kanüle einer Spritze und zog den Kolben zurück, bis sich der Zylinder mit dem Blut, das aus der Schnittwunde in Karls Hand hervorquoll, gefüllt hatte. »Injizier ihm das in die Halsschlagader«, sagte sie und reichte Arnbjorn die Spritze, der sie so ängstlich entgegennahm, als wäre es eine Giftschlange.
    Orn riss sie ihm kurzerhand aus den zitternden Fingern und stach Ragnar die Kanüle in den Hals. »Mach dir deswegen keine Gedanken«, beruhigte er den anderen. »Einige von uns kommen mit solchen Situationen einfach besser klar als andere.«
    Arnbjorn antwortete nicht, gefangen in seiner ganz privaten Hölle.
    Bera schnupperte an einem Behälter mit Desinfektionsmittel und rümpfte die Nase. »Ich glaube, das Zeugs ist umgekippt«, kommentierte sie und beschränkte sich darauf, den Schnitt in Karls Hand lediglich zu verbinden.
    Ragnars Augen hefteten sich an Karls Gesicht. Er versuchte, etwas zu sagen, brachte aber nur ein unverständliches Lallen hervor.
    »Wenn es Loki gelingt, die Kontrolle über das Schiff zu erringen, sollten wir auch Zugriff auf die medizinischen Daten bekommen«, sagte Karl zu Bera.
    »Konzentrier du dich lieber auf das Schiff«, erwiderte sie. »Überlass Ragnar mir. Die ersten vierundzwanzig Stunden sind in allen derartigen Fällen immer ausschlaggebend. Aber bis die Nanophyten ihre Wirkung entfalten, können

Weitere Kostenlose Bücher