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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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sich aus, was wahrscheinlich wirklich passieren würde, und er wünschte sich, dass er den anderen die Wahrheit sagen könnte. Wenn der Komet einschlug, würde er genug Wasserdampf und Staub in die Atmosphäre schleudern, um die Sonnen für Wochen, wenn nicht gar für Monate zu verfinstern. Der folgende Winter würde sich bis weit in den Frühling ausdehnen, vielleicht sogar bis in den isheimurischen Sommer hinein, ein ganzes Jahr lang. Dies konnte Isheimurs Jahr ohne Sommer werden. Das Getreide würde nicht wachsen, selbst das Gras konnte eingehen, und damit würden Millionen Stück Vieh wie auch viele einheimische Tiere sterben. Eine Hungersnot wäre die Folge.
    Karl hoffte, dass er zu pessimistisch war, aber er glaubte einfach nicht so recht daran.
    »Sieh mal«, sagte Bera und deutete auf den Monitor, wo Isheimurs Atmosphäre zuerst von Dutzenden und kurz darauf bereits von Hunderten Blitzen durchzuckt wurde, die über der gesamten Hemisphäre aufflammten. Sie schob einen Arm unter ihrem Sitzgurt hindurch und legte ihn Karl um die Schultern. »Es ist wunderschön«, flüsterte sie, als ein größerer Brocken einen leuchtenden Streifen über Isheimurs Himmel zog.
    »Genau wie du«, sagte Karl.
    »Schmeichler.« Sie schmiegte sich dichter an ihn. »Ich möchte in deiner Nähe sein, nur für den Fall … nun, du weißt schon …« Sie senkte den Blick. Für den Fall, dass wir sterben, hieß das.
    »Fenris holt immer noch auf«, stellte Coeo fest. Er riss die Augen von dem Bildschirm los. »Wird er uns erwischen?«
    »Negativ«, entgegnete Loki. »Er wird uns zwar ziemlich nahe kommen, aber erst rund 90 Sekunden nach uns in die Atmosphäre eintreten.«
    »Erzähl uns noch einmal, was passieren wird, wenn irgendjemand auf die Hilferufe reagiert, die du die ganze Zeit über ausgestrahlt hast, Gothi«, bat Arnbjorn.
    »Schwer zu sagen«, begann Karl. »Wenn es Gestalter sind, werden wir uns darauf verlassen müssen, dass ihr euch für Coeos Volk einsetzt. Wenn es Tropisten sind, müssen wir sie auf die Umweltangepassten hinweisen und davon überzeugen, dass ihr euch eine Lösung habt einfallen lassen, um nebeneinander existieren zu können.« Er verzichtete darauf zu erwähnen, dass in beiden Fällen aller Wahrscheinlichkeit nach eine der Parteien umgesiedelt werden müsste – ob freiwillig oder nicht. Außerdem vermutete er, dass eine langfristige Kooexistenz bestenfalls unwahrscheinlich war, aber er hatte sich daran gewöhnt, in Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten zu denken. »Die ungünstigste Alternative ist die, dass ich damit die Gruppe anlocke, die mich angegriffen hat. Obwohl die Entdeckung von zwei unterschiedlichen Kolonistengruppen sie von ihrem Vorhaben, mir den Rest zu geben, ablenken könnte. Und natürlich ist es auch möglich, dass überhaupt niemand kommt.« Das schien ihm zwar am unwahrscheinlichsten zu sein, aber er musste sich auch dieser Möglichkeit stellen.
    Das Schiff stöhnte und schüttelte sich. »Wir haben gerade die äußersten Ausläufer der Atmosphäre erreicht«, meldete Loki. »Unser Ritt wird sehr, sehr rau werden.«
    »Alles anschnallen!«, befahl Karl und überzeugte sich, dass Arnbjorn seinem Vater half.
    »Karl Allman!«, rief Ragnar mit zitternder Stimme.
    »Ja?«
    Ragnar stieß einen Fluch aus. »Du und dein Freund Loki, ihr werdet lernen müssen, meine Worte für mich zu rezitieren.« Er atmete tief ein, und als er sprach, klang seine Stimme auf einmal wieder kräftiger, kämpfte gegen das dumpfe Grollen an, das von draußen in die Kommandobrücke drang.
    »Und als die Götter Isheimur verließen,
    schleuderten sie einen Blitz vom Himmel herab …«
    »O nein«, flüsterte Karl und bemühte sich, keine Miene zu verziehen. »Bitte, keine epischen Verse!«
    »Psstt!« Bera stieß ihm in die Rippen. »Zeig ein bisschen Respekt.« Sie biss sich auf die Unterlippe und gab ein kurzes schnaubendes Lachen von sich, das sie aber sofort wieder unterdrückte.
    Ragnar schwieg, und Karl dachte schon, der alte Mann hätte es sich anders überlegt, aber der ehemalige Gothi holte nur tief Luft und deklamierte dann:
    »Die Jahre krochen dahin, und alte Wahrheiten wurden vergessen,
    bis ein Mann vom Himmel fiel und gegen jede
    Wahrscheinlichkeit überlebte.
    Er erkannte die Wahrheit, ergriff die Chance,
    den Blitz zurück zu den Göttern zu schleudern!«
    Endlich hatte Ragnar sein Gedicht beendet – vielleicht ging seine Stimme aber auch einfach nur im immer lauter werdenden Dröhnen und

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