Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song
Konstruktion – im Lebenserhaltungsgel können die Nanophyten ihre Funktion nicht voll entfalten.«
»Wovon sprichst du jetzt schon wieder?«, fragte Bera. Manchmal wünschte sie sich, Karl wäre ein ganz gewöhn licher Mann gewesen.
»Meine Haut ist in der Lage, Fotosynthese zu betreiben«, erklärte er. »Das ist mir erst heute Morgen wieder eingefallen. Es ist so, als würde mir mein Verstand meine Erinnerungen vorenthalten.«
Oder es ist Loki, der sie vor dir verbirgt, dachte sie. »Ist das gut? Diese … Foto… das Fotodings?«
»Fotosynthese zu nutzen, bedeutet, dass ich weniger Nahrung benötige«, erwiderte er mit einem glückseligen Lächeln. »Ich esse hauptsächlich aus gesellschaftlichen Gründen so viel, wie ich es zurzeit tue. Aber was die Energiezufuhr betrifft, bin ich genetisch so modifiziert, dass ich Sonnenlicht synthetisieren kann. Das gilt für die meisten Menschen, von den Puristen einmal abgesehen. Zur Energiegewinnung ist es etwa zwanzigmal so effizient wie die Nahrungsaufnahme.«
Sie setzten sich wieder in Bewegung.
Nach einer Weile fiel Bera wieder ein, was sie Karl hatte vorhalten wollen. »Warum hast du Hilda nicht bestätigt, dass ich nicht gelogen habe? Jetzt glauben alle … Ach, ist ja auch egal!« Das alles schien so belanglos gegenüber einer Haut, die sich dunkelrot verfärbte und Sonnenlicht in Energie umwandelte.
»Weil ich nicht aufgepasst hatte«, entgegnete Karl. »Ich habe euer Gespräch nicht verfolgt.«
»Warum hast du mir nicht trotzdem einfach Rückendeckung gegeben? Das tun Freunde nun mal füreinander. Ich habe mich um dich gekümmert, und du … Du hast mich einfach vor den anderen im Stich gelassen …« Bera stieß ein ärgerliches Schnauben aus und wischte sich mit dem Ärmel über die Nase.
»Hättest du denn gewollt, dass ich für dich lüge?«, fragte Karl.
»Ich … Ja, verdammt noch mal!«
»Es tut mir leid«, sagte er. »Das war mir nicht klar. Ich wollte dich nicht wütend machen. Nächstes Mal passe ich besser auf.« Schweigend betraten sie die Waschküche.
»Auch wenn wir die meiste Zeit tagsüber draußen im Freien verbringen, wirkt dieser Ort auf mich wie ein Dampfkochtopf«, stellte Karl fest. »Eine kleine isolierte Gruppe von Menschen, die nicht genügend Impulse von außen erhält.«
»Du sprichst über uns wie über Bakterien in einem Reagenzglas«, warf ihm Bera vor.
Er zuckte die Achseln. »Das ist nicht meine Absicht, aber ich betrachte euch aus dem Blickwinkel eines Außenstehenden.« Sie hievten einen Teil der nassen Wäschestücke aus dem Trog, und er fuhr fort: »Warum verabscheust du Thorbjorg so sehr?«
»Warum nicht?«, gab Bera die Frage zurück. »Hast du nicht auch diesen Jungen namens Jakob gehasst?«
»Aber wir waren Kinder«, verteidigte sich Karl. »Wir wussten es nicht besser.«
»Ihr Götter, du bist ja so zivilisiert!« Bera stopfte das erste Hemd zwischen die Rollen, während Karl das andere Ende in die Höhe hielt. »Fühlst du denn gar nichts?« Er blinzelte, und sofort bedauerte sie ihren Gefühlsausbruch. »Du musst uns für schrecklich primitiv halten«, sagte sie.
»Ich würde es eher ungeschliffen nennen«, erwiderte er mit einem leichten Lächeln. »Ihr seid alle … geradezu überwältigend emotional. Es ist sehr schwer, damit umzugehen.«
»Gewöhn dich daran«, riet Bera. »Isheimurer sind von altnordischer Herkunft. Wir kämpfen genauso selbstverständlich, wie wir atmen, und wir haben ein Talent dafür, nachtragend zu sein.«
Sie wandten sich wieder der Arbeit zu, und Bera kam auf Karls Frage zurück. »Thorbjorg. Obwohl sie erst seit … sechs Jahren, glaube ich, mit Yngi verheiratet ist, haben sie bereits fünf Kinder. Es ist wichtig, dass wir den Planeten neu bevölkern, aber nicht so, als wäre es ein Wettbewerb. Trotzdem reibt Thorbjorg allen Frauen ständig unter die Nase, wie fruchtbar sie ist. Und die Art, wie abfällig sie mit dem armen Yngi umspringt, wenn Ragnar nicht in der Nähe ist …«
»Ist sie Ragnars Geliebte?«
Ihr schockierter Gesichtsausdruck ließ Karl schmunzeln. »Wie schon gesagt, ich betrachte das aus dem Blickwinkel eines Außenstehenden.«
»Wenn ja, dann nur, weil beide einander benutzen«, sagte Bera. »Weil sie glaubt, ihn mithilfe von Sex kontrollieren zu können.«
»Aber du weißt es nicht?«
»Nein«, räumte Bera ein. Sie faltete ein durchgemangeltes Hemd, legte es auf einen Stapel und griff sich das nächste Wäschestück. »Ich habe eine Frage«, sagte
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