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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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erklärt hat, mich als Pflegekind aufzunehmen, war das keine reine Großmütigkeit.«
    »Ach, tatsächlich?«
    Beras Lippen zuckten. »Sachte, sachte. Kein Grund, gleich sarkastisch zu werden. Ich habe damals meine Mitgift mitgebracht. Drei Pferde.«
    »Diese Pferde?« Allmählich erhellte ein Lächeln Karls Züge.
    »Genau.« Bera begann zu keuchen, als sie den Hang hinaufstiegen. »Die Pferde, die du hier siehst, gehören mir und nicht Ragnar. Man kann sich nicht selbst bestehlen, und ich habe nach der Besitzurkunde gesucht, um notfalls beweisen zu können, dass es meine Pferde sind. Natürlich hat es nachträglich irgendwelche Überschreibungen gegeben, aber ich habe nur die ursprünglichen Dokumente mitgenommen. Das wird uns Zeit erkaufen, sollten wir aufgehalten werden – und wenn es Steinar ist, der uns aufhält, erlaubt er uns vielleicht gerade deshalb, sein Land zu durchqueren. Wahrscheinlich hasst er Ragnar genug, um uns gehen zu lassen, selbst wenn er misstrauisch wird.«
    Karl warf einen Blick zurück auf Skorradalur. »Thorir ist aus dem Wachturm verschwunden. Könnte es sein, dass er Alarm schlägt?«
    Bera schüttelte den Kopf. »Eigentlich hätte er heute ja gar nicht Wache schieben sollen. Er dachte, sie wären allein, als er Yngi vorgeschlagen hat, die Schicht mit ihm zu tauschen.«
    »Hast wohl wieder mal ein bisschen rumgeschnüffelt, was?«, fragte Karl scherzhaft.
    Bera grinste ihn an. »Dein Atem geht nicht einmal ein bisschen schneller«, keuchte sie. »Du musst Lungen wie Blasebälge haben.«
    »Nanophyten«, antwortete er knapp, wobei er sich absichtlich genauso geheimnisvoll wie sie gab. Doch statt auf sein Spiel einzugehen, bestieg sie ihr Pferd. »Wir müssen uns beeilen. Steig jetzt in den Sattel.«
    Mit einem Mal erschien Karl das Pferd neben ihm geradezu riesig groß. »Mir ist gerade etwas eingefallen«, sagte er. »Ragnars Leute werden doch bestimmt das Orakel benutzen, um alle Leute, deren Ländereien wir durchqueren, über unsere Flucht zu informieren, oder?«
    »Sobald wir die Grenzen von Ragnars Besitzungen überschritten haben, befinden wir uns auf Steinar Onundssons Land«, erwiderte Bera. »Die beiden hassen einander wie die Pest, und mit etwas Glück könnte Steinar beschließen, Ragnar nicht über sein Gebiet ziehen zu lassen. Ich habe aber für alle Fälle trotzdem einen winzigen Schaltkreis aus dem Orakel ausgebaut. Ragnars Leute werden eine Ewigkeit brauchen, bis sie alle Möglichkeiten untersucht haben, die für den Ausfall des Orakels verantwortlich sein können.«
    »Bei Shiva, das ist kriminell, Bera!«
    »Es hätte jeder getan haben können.« Es war das erste Mal, dass Bera schuldbewusst wirkte. »Sie werden nie beweisen können, dass wir dahinterstecken.«
    »Also reiner Zufall?«
    Sie ignorierte Karls Sarkasmus. »Genau«, bestätigte sie trotzig.
    »Und sie haben keine andere Möglichkeit, mit der Außenwelt zu kommunizieren?«
    »Soweit ich weiß, keine, die schneller als ein Pferd wäre. Und wenn wir erst einmal Steinars Ländereien hinter uns gelassen haben, befinden wir uns in der Wildnis.« Sie schnitt eine Grimasse. »Die schlechte Nachricht ist, dass sich Ragnar dort vor niemandem mehr rechtfertigen muss, weshalb er als Ankläger und Richter in einer Person tätig werden kann. Wir können nur hoffen, dass das Aufgebot, das er zusammenstellt, ihn im Ernstfall daran hindern wird, zu weit zu gehen.«
    Karl betrachtete Bera mit unverhüllter Begeisterung. »Du bist schon ein verdammtes Wunder, ist dir das überhaupt klar?«
    Sie lächelte. »Und das, Fremder, ist auch der Grund, weshalb du mich brauchst. Nicht nur, weil ich den Weg kenne, sondern weil ich auch alle schmutzigen Tricks beherrsche.«
    »Warum tust du das alles?«, wollte Karl wissen. »Was hast du davon?«
    »Freiheit«, antwortete Bera knapp. »Los, komm jetzt!«
    Sie hatte kaum ausgesprochen, als sie die Hügelkuppe erreichten, Bera auf ihrem Pony, Karl immer noch zu Fuß. Vor ihnen erstreckte sich die hüglige Landschaft bis zum Horizont.
    »Sieh mal«, sagte Bera. »Sonnenaufgang.«
    Karls Blick folgte den Sonnen, die ihre Bahnen über die Tieflandweiden zogen, auf denen bereits der erste heftige Schneefall des Winters niedergegangen war. Abgesehen von wenigen dunklen Spuren war das Land in endloses reines Weiß getaucht.

Zweiter Teil
    ZWEITER TEIL

10
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    »Nicht bewegen!«, zischte Bera.
    Karl stöhnte, verharrte aber reglos. »Was jetzt?« Er war sich nicht sicher, ob er sich überhaupt

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