Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
Vom Netzwerk:
weiß gescheckten Pony die Fersen in die Seiten gestoßen. Da alle drei Tiere durch eine Leine miteinander verbunden waren, verfiel auch Karls struppiges kleines Pferd zwangsläufig in einen schnellen Trott.
    »Man hat sie extra so gezüchtet, dass sie besonders leicht zu reiten sind und man kaum aus dem Sattel fallen kann!«, hatte sie Karl über die Schulter zugerufen. »Islandpferde beherrschen eine spezielle Gangart, die dafür sorgt, dass sich ihr Rücken kaum auf und ab bewegt, nicht einmal in unebenem Gelände. Diese Gangart heißt Skeid .«
    Karl sah den Boden unter sich vorbeihuschen, und er musste zögernd einräumen, dass diese Art der Fortbewegung wirklich recht komfortabel war – wenn auch etwas beunruhigend. Und dass sie so deutlich schneller vorankamen, als es ihm zu Fuß möglich gewesen wäre.
    Innerhalb weniger Minuten war ein heftiges Schneegestöber hereingebrochen, das kurz darauf aber auch schon wieder nachgelassen hatte. Jetzt zogen nur noch ein paar letzte blassgelbe und graue Wolkenstreifen über die beiden Sonnen. Bera beugte sich etwas in ihrem Sattel zurück. »Es wird … nein, es ist ein schöner Tag! Es ist sogar ein herrlicher Tag!«
    Sie lachte, und Karl stellte fest, dass er sie zum ersten Mal richtig glücklich erlebte. Plötzlich wurde ihm bewusst, in was er sie mit hineingezogen hatte, und sofort verdüsterte sich seine Stimmung. Vermutlich stellte die Sabotage des Orakels, wie nötig sie auch für das Gelin gen ihrer Flucht gewesen sein mochte, ein weitaus schlim meres Vergehen als ein Pferdediebstahl oder der Bruch eines einmal geleisteten Eides dar.
    »Woran denkst du?«, wollte Bera wissen. »Du denkst doch ständig über irgendwas nach.«
    »Ist es denn schlecht, wenn jemand nachdenkt?«, fragte Karl ironisch.
    »Nein, ich schätze nicht«, erwiderte Bera. »Nur eher ungewöhnlich für Isheimur. Du bist immer so verschlossen. Ich weiß kaum etwas über dich!«
    »Da gibt es auch nicht viel zu wissen«, behauptete Karl. »Ich wache morgens auf. Danach gehe ich zur Arbeit. Und ich habe eine Familie.«
    »Treibst du irgendeinen Sport?«, fragte Bera.
    »Ich segle Himmelsjachten durch die Atmosphäre von Avalon. Es macht mir Spaß, immer in Bewegung zu bleiben.« Plötzlich überkam ihn eine Erkenntnis. »Vielleicht habe ich es deshalb als so unerträglich empfunden, ein Gefangener zu sein …«
    »Und sonst?«
    »Ich reise gern.« Karl lachte. »Obwohl ich im Augenblick lieber …«
    Bera lachte ebenfalls. »Was? Sag bloß, es gefällt dir nicht auf Isheimur!«
    »Ähm … ich habe schon bessere Zeiten als die letzten Wochen erlebt.« Wie konnte er ihr nur klarmachen, wie sehr er diese kalte, schäbige kleine Welt mit all ihren Gefahren, die ständig hinter jeder Ecke lauerten, mit ihren nur auf ihren Vorteil bedachten Männern und ihren keifenden Frauen hasste?
    Er beobachtete die Pferde vor ihm. »Sie bewegen immer gleichzeitig beide Beine auf derselben Seite«, stellte er fest.
    »Das ist der Grund für ihre besondere fließende Gangart«, erklärte Bera.
    »Wie schnell sind wir?«
    »Ungefähr 20 Stundenkilometer. Wir könnten auch kurze Zwischensprints einlegen, die deutlich schneller sind, aber dieses Tempo eignet sich besonders gut, wenn man längere Strecken zurücklegen will. Das können sie den ganzen Tag durchhalten.«
    Obwohl sie mit einem Raumflug verglichen praktisch nicht von der Stelle kamen, empfand Karl die Geschwindigkeit viel intensiver als den schnellsten Flug, den er jemals mit einem Raumschiff unternommen hatte.
    Ragnar erwachte und leckte sich die Lippen. »Uhh … das schmeckt ja, als hätte mir ein Huhn in den Mund geschissen.« Das Erntefest, das tags zuvor den Winterbeginn markiert hatte, war eine schöne Feier gewesen, erfüllt von Bier und Poesie. Er erinnerte sich undeutlich, dass Thorbjorg ihm eine Hand auf den Oberschenkel gelegt hatte. Danach wurde alles verschwommen. Handelte es sich bei den feuchten Lippen und der Zunge, die auf der seinen herumgetanzt war, lediglich um ein Produkt seiner Fantasie? Er wirbelte in plötzlicher Panik in seinem Bett herum, doch er war allein.
    Ein isheimurischer Tag entsprach fast einem irdischen, weshalb man die alte Zeiteinteilung beibehalten hatte. Ragnar warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es bereits nach neun war. Aber was sollte ihn davon abhalten, einfach weiterzuschlafen?
    Es klopfte an seiner Tür, und noch bevor er antworten konnte, trat Hilda auch schon ein, einen Faden, der sich von

Weitere Kostenlose Bücher