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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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all ihre Geschwister ein neues Zuhause gefunden. Da niemand die zu klein geratene Hündin aufnehmen wollte, hatte Ragnar sie mit den Worten: »Wir können es uns nicht leisten, unsere wenigen Vorräte an nicht lebensfähige Tiere zu vergeuden, wie niedlich sie auch sein mögen«, auf den Hof verbannt. Sollte es Brynja irgendwie gelingen, mit den wenigen Bissen auszukommen, die sie erbeuten konnte, würde sie überleben, aber sie war jetzt schon bis auf die Knochen abgemagert.
    Zitternd und verzweifelt versuchte sie, in Beras Mantel zu kriechen, und stieß ihre Schnauze dabei immer wieder gegen die Bluse der jungen Frau.
    Bera, noch immer in ihren Gedanken an Palli und Ragnars Erbarmungslosigkeit gefangen, biss die Zähne zusammen und löste die Leine um Brynjas Hals. Sofort wühlte sich der Welpe mit wirbelnden Pfoten unter ihren Mantel und stieß ihr so lange mit der Schnauze gegen die Brust, bis sie seufzend eine Hand unter ihre Bluse schob und den BH löste.
    Spitze Zähne schlossen sich wie kleine Nadeln um ihre Brustwarzen. Bera zog die Lippen vor Schmerzen in einem stummen Schrei zurück, doch auf eine perverse Weise hieß sie sie auch willkommen. Wie weh es auch tat, für einige viel zu kurze Momente ließen die Schmerzen ihre Erinnerungen an ein winziges Gesicht verblassen, das sich blau verfärbt hatte und schließlich erstarrt war.
    Schließlich aber stachen die Nadeln doch zu heftig, und Bera zog das gierige Maul des Welpens von ihren blutenden Brüsten fort. Während sie das kleine Fellbündel in den Armen wiegte und dabei ein fast lautloses Schlaflied summte, schlich sie über den Hof zur Hintertür.
    Als sie erneut aufblickte, bemerkte sie zwischen den Hügeln im Nordwesten ein schwaches Glühen.
    Es ist keine der Sonnen, dachte sie, und sollte es ein Feuer sein, muss da drüben irgendein Gehöft brennen.
    Doch sie wusste von keinem Gehöft, das in dieser Richtung lag. Wenn man den alten Berichten Glauben schenken durfte, waren nachts zu viele Trolle unterwegs, die die Siedlungen überfielen. Und sollte dort tatsächlich eine Farm brennen, wären Hilda und die anderen längst schon auf den Hof hinausgeströmt, weil sie dann Hilferufe erhalten hätten.
    Bera hob vorsichtig den Riegel an, schlüpfte in den Vor raum hinein und zog die Tür hinter sich wieder zu.
    Das plötzlich aufflammende Licht blendete sie, obwohl es gar nicht übermäßig hell war. Als sich ihre Augen darauf eingestellt hatten, entdeckte sie Thorir, der mit dem Schwert in der Hand vor ihr stand und sie mit einem selbstgefälligen Grinsen musterte, weil es ihm gelungen war, sich vom Wachturm herunter ins Haus zu schleichen, ohne dass sie es bemerkt hatte.
    Hinter ihm hatte sich seine Frau Hilda aufgebaut, die Arme vor der Brust verschränkt. Vor Empörung quollen ihr die Augen beinahe aus den Höhlen. »Bera Sigurdsdottir! Was, bei Isheimur, treibst du da? Hast du denn den Verstand verloren?«
    Da Bera genau wusste, dass nichts, was sie sagte, ihr eine Predigt ersparen würde, ließ sie einfach nur stumm die Schultern sinken.
    »Geh wieder auf deinen Posten, Schatz, während ich mich um das hier kümmere«, sagte Hilda zu ihrem Mann. Sie schaltete das Licht aus. Bera konnte in der Dunkelheit hören, wie sich Thorir entfernte. »Dummes Mädchen!«, fauchte Hilda.
    »Tut mir leid«, erwiderte Bera leise.
    »Papa hat dich bei uns aufgenommen, als sein alter Freund gestorben ist … Dankst du uns seine Güte damit, indem du uns nachts aus dem Schlaf reißt, sobald er außer Haus ist?«
    Kannst du mir denn auch nach sechs Jahren immer noch nicht vergeben?, fragte sich Bera verbittert. Ich buhle bestimmt nicht um seine Aufmerksamkeit!
    Als selbst ernannte Ersatzmutter zögerte Hilda nie damit, Bera zu »ermahnen«, wann auch immer sie das für erforderlich hielt – und das tat sie ständig. »Wir haben schon gedacht, du wärst eine Banditin. Oder sogar Schlim meres!«
    »Hast du das Geräusch draußen gehört?«, fragte Bera in dem verzweifelten Versuch, ihre Pflegemutter auf andere Gedanken zu bringen. »Wie gedämpftes Donnergrollen.«
    »Kümmere dich nicht darum«, sagte Hilda. Auch wenn es Bera nicht gelungen war, Hilda mit ihrer Bemerkung abzulenken, hatte sie der älteren Frau zumindest etwas Luft aus den Segeln nehmen können. »Geh wieder ins Bett«, fuhr Hilda fort. »Und gib dir Mühe, auf dem Weg nicht über die anderen zu stolpern!«
    Bera fragte sich, wie viel von Hildas Wut damit zu tun hatte, dass sie Thorir – und damit

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