Gesund durch Meditation
optimalen medizinischen Versorgung einhergehen. MBSR ist von jeher nicht als Ersatz für ärztliche Therapie konzipiert, sondern als eine äußerst wichtige Ergänzung dazu.
Ebenso wenig wie Stress sind auch Schmerzen an sich nicht schlecht. Wir sollten uns klarmachen, dass Schmerz eines der wichtigsten Warnsysteme unseres Körpers ist. Ohne Schmerzempfindung könnten wir uns zum Beispiel schwere Verbrennungen zuziehen, wenn wir eine heiße Herdplatte berühren. Oder wir könnten einen Blinddarmdurchbruch erleiden, ohne zu ahnen, dass in unserem Inneren etwas nicht in Ordnung ist. Das heftige Schmerzerlebnis in solchen und vergleichbaren Fällen signalisiert uns die akute Gefahr. Es teilt uns auf unmissverständliche Weise mit, dass ein Umstand unsere unverzügliche Aufmerksamkeit und sofortiges Handeln erfordert, um der Situation abzuhelfen. Wir ziehen die Hand so schnell wie möglich vom Herd zurück oder begeben uns mit der akuten Blinddarmentzündung ohne Umschweife ins Krankenhaus. Aufgrund seiner Intensität treibt uns der Schmerz buchstäblich dazu.
Menschen, deren Schmerzempfinden von Geburt an gestört ist, haben die größten Mühen, grundlegende Reflexe des Selbstschutzes zu erlernen, die für andere Menschen selbstverständlich sind. Durch viele schmerzliche Erfahrungen haben wir im Laufe unseres Lebens unbewusst eine Menge über die Welt, uns selbst und unseren Körper gelernt. Schmerz ist ein äußerst effektiver Lehrmeister, was wohl die meisten Menschen nicht hindern wird, ihn für grundsätzlich »schlecht« zu erklären. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Schmerzen verpönt sind. Schon der bloße
Gedanke
an Schmerzen und körperliche Beschwerden ist uns zuwider. Daher greifen wir schon beim geringsten Anzeichen von Kopfschmerz zur Tablette oder müssen unsere Position verändern, sobald die Ermüdung in einer Muskelpartie uns Unwohlsein verschafft. Wie wir noch sehen werden, kann diese Ablehnung des Schmerzes ein großes Hindernis darstellen, wenn es darum geht, mit chronischen Schmerzen leben zu lernen.
Aversion gegen Schmerz ist im Grunde genommen nichts anderes als eine Form der Aversion gegen Leid. Für gewöhnlich unterscheiden wir nicht zwischen Schmerz und Leid, trotzdem ist diese Differenzierung sehr wichtig. Schmerz ist eine natürliche Funktion des Lebens, Teil unserer Lebenserfahrung, Leid dagegen eine von vielen möglichen Reaktionen auf Schmerz. Leid entsteht aus physischem und emotionalem Schmerz. Es beeinflusst unsere Gedanken und Gefühle und wie sich durch sie unsere Erfahrungen gestalten. Auch Leid ist etwas Natürliches, und oft wird das menschliche Dasein geradezu als in unvermeidliches Leiden getaucht beschrieben. Wir müssen dabei aber bedenken, dass Leid nur
eine
mögliche Reaktion auf Schmerz ist. Schon milder Schmerz kann ausreichen, um allergrößtes Leid hervorzurufen, wenn mit ihm zum Beispiel die Angst vor einem Tumor oder einer anderen schweren Erkrankung verbunden ist. Derselbe Schmerz wird zu einer unbedeutenden Angelegenheit, zu einer Bagatelle, wenn die Testergebnisse negativ ausfallen und feststeht, dass es sich nicht um etwas Ernstes handelt. So ist es bei weitem nicht immer der Schmerz selbst, der das Maß des Leids bestimmt, sondern es sind die Bedeutung, die wir ihm beimessen, und unsere Reaktionen auf ihn. Und wir fürchten nicht den Schmerz am meisten, sondern das Leiden.
Anhaltende Schmerzzustände können zermürbend sein. Sie können einen Menschen völlig außer Gefecht setzen und seine Lebensqualität untergraben. Reizbarkeit, Depressionen, eine Neigung zum Selbstmitleid, Gefühle der Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit sind die Folgen. Man hat das Gefühl, sich nicht mehr auf den Körper verlassen zu können, leidet unter dem Verlust der Arbeitsfähigkeit und nicht zuletzt dem Schwinden der Lebensfreude.
Darüber hinaus führen die Behandlungsmethoden sehr oft nur zu Teilerfolgen. Am Ende einer langwierigen Therapiemaßnahme, zu der in der Regel eine umfangreiche Medikation und unter Umständen auch Operationen gehören, lautet in vielen Fällen der Bescheid des behandelnden Arztes in der Schmerzklinik immer noch, dass man wird lernen müssen, »mit den Schmerzen zu leben«.
Wie
man das lernt, erfährt man dabei meistens nicht.
Die Mitteilung, dass man lernen muss, mit den Schmerzen zu leben, sollte nicht das Ende der Bemühungen zur Schmerzbewältigung bedeuten, sondern deren Anfang.
Und aus dieser Einsicht ergibt sich auch eine der
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