Gesund durch Meditation
man ist und wozu man in der Lage ist. Oder wie es »Yogi« Berra, der legendäre Spieler der New-York-Yankees-Baseballmannschaft, auf seine unnachahmlich charmant-eigensinnige Art einmal ausdrückte: »Man kann vieles beobachten, wenn man einfach nur hinschaut.« [3]
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Teil I Die Übung der Achtsamkeit
1. Das Leben besteht aus Augenblicken
»O ja, ich hatte meine intensiven Momente, und wenn ich noch einmal von vorn anfangen könnte, würde ich noch mehr davon und im Grunde nichts anderes haben wollen. Einfach nur Augenblicke, einen nach dem anderen, anstatt ein Leben lang auf die Zukunft zu warten.«
Nadine Stair, 85 Jahre, Louisville, Kentucky
Während ich meinen Blick durch die Runde der etwa dreißig neuen Kursteilnehmer schweifen lasse, frage ich mich, welchen Einstieg wir diesmal für unsere gemeinsame Arbeit finden werden. Mehr oder weniger werden sich an diesem Morgen wohl alle fragen, was sie in diesem Raum voller Menschen, die einander völlig fremd sind, eigentlich verloren haben. Edward zum Beispiel hat ein freundliches, offenes Gesicht, und ich überlege, welche Last er wohl täglich mit sich herumschleppt. Er ist vierunddreißig, Versicherungsagent und HIV -infiziert. Peter ist ein siebenundvierzig Jahre alter Geschäftsmann. Vor achtzehn Monaten erlitt er einen Herzinfarkt. Nun ist er hier, um zu lernen, die Dinge etwas ruhiger anzugehen, um keinen zweiten Herzinfarkt zu bekommen. Neben ihm sitzt die intelligente, fröhliche und gesprächige Beverly mit ihrem Mann. Ein sogenanntes zerebrales Aneurysma, ein krankhaft erweitertes Blutgefäß im Gehirn, veränderte ihr Leben von einem Tag auf den anderen, als es zu einer Ruptur des Aneurysmas kam. Sie war zu dem Zeitpunkt zweiundvierzig Jahre alt und fragt sich seither, wer sie in Wirklichkeit ist. Dann ist da noch Marge, vierundvierzig, die von der Schmerzklinik zu uns überwiesen wurde. Sie war von Beruf Krankenschwester, bis sie sich eines Tages eine schwere Knie- und Rückenverletzung zuzog, als sie einen Patienten vor einem Sturz bewahren wollte. Sie leidet seither unter großen Schmerzen und kann sich nur mit Hilfe eines Stockes vorwärtsbewegen. Eine Operation am Knie hat sie bereits hinter sich, und nun steht ihr eine weitere Operation wegen einer Unterleibsgeschwulst bevor, über deren Natur sich die Ärzte noch völlig im Unklaren sind. Die Verletzung und ihre Folgen haben sie vollständig aus der Bahn geworfen. Sie ist ständig angespannt, und schon Kleinigkeiten bringen sie oft völlig aus der Fassung.
Neben Marge sitzt Arthur, sechsundfünfzig, Polizist. Er leidet an schweren Migräne- und häufig auch an Panikanfällen. Margret, neben ihm, ist fünfundsiebzig. Sie hat Schlafstörungen. Dann kommt Phil aus dem französischen Teil Kanadas, ein ehemaliger Lkw-Fahrer, der ebenfalls von der Schmerzklinik überwiesen wurde. Er hat sich beim Anheben einer Palette den Rücken verletzt, und chronische Schmerzen zwangen ihn dazu, seinen Beruf aufzugeben. Er muss lernen, mit den Schmerzen zurechtzukommen, und darüber nachdenken, womit er von nun an Geld verdienen und seine Familie ernähren kann.
Neben Phil sitzt Roger, ein dreißigjähriger Tischler, der sich ebenfalls bei der Arbeit eine Rückenverletzung zugezogen hat und unter starken Schmerzen leidet. Seine Frau, die an einem anderen Kurs teilnimmt, erzählt, dass er über Jahre Missbrauch mit Schmerzmitteln getrieben habe. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie in Roger die Hauptursache für ihren Stress sieht, und ist seiner so überdrüssig, dass die Scheidung für sie feststeht. Während ich zu ihm hinübersehe, frage ich mich, was das Schicksal wohl noch für ihn bereithält und ob er in der Lage sein wird, das Nötige zu tun, um sein Leben wieder ins Lot zu bringen.
Hector kommt aus Puerto Rico, wo er jahrelang professioneller Catcher war. Er ist hier, weil er sich nicht in der Gewalt hat, zu Wutausbrüchen neigt und die Folgen seines aufbrausenden Temperaments dann in Form stechender Brustschmerzen zu spüren bekommt. Mit seiner imposanten Statur überragt er alle anderen im Raum.
Sie alle sind von ihren Ärzten zu uns geschickt worden, damit wir ihnen dabei helfen, Stress abzubauen. Während der nächsten acht Wochen werden wir uns einmal wöchentlich zu einer Sitzung im Medical Center treffen.
Warum genau tun wir dies eigentlich?
Diese Frage stellt sich mir, während ich mich in der Runde umsehe. Keiner von uns kann diese Frage zu diesem Zeitpunkt beantworten, aber das
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