Gesund durch Meditation
langsam und bewusst an diese gesunde »Spannungszone« herantasten. Schließlich wollen Sie Ihrem Körper nicht schaden, sondern Gutes tun. Machen Sie sich also auf behutsame und achtsame Weise von innen mit ihm vertraut, und finden Sie heraus, wozu er von sich aus in der Lage ist.
7. Die Gehmeditation
Bei der Gehmeditation wenden wir uns gezielt dem Erlebnis des Gehens selbst zu. Wir konzentrieren uns dabei auf die Empfindungen in den Füßen, den Beinen oder auch auf das Gefühl des sich bewegenden Körpers als Ganzes. Zusätzlich zum Erlebnis des Gehens können wir bewusst auf den Atem achten. Wir beginnen damit, dass wir uns ruhig hinstellen und dabei den ganzen Körper in seinem Stehen (und natürlich auch Atmen) wahrnehmen. Irgendwann werden wir den Impuls verspüren, einen Schritt zu tun, und nehmen diesen ersten Bewegungsimpuls bewusst wahr. Bevor wir nun einen Fuß anheben, bemerken wir ebenfalls, wie als Vorbereitung dazu der andere Fuß zu seiner Stabilisierung Spannung aufbaut und sich das Körpergewicht nach und nach auf ihn verlagert. Wir erspüren weiterhin bewusst die Empfindungen im Körper, während wir einen Fuß anheben, ihn ein Stück weiterbewegen, absenken und wieder auf den Boden setzen. Wir spüren nun, wie sich das Körpergewicht langsam auf diesen Fuß verlagert, während wir den anderen Fuß anheben und nach vorn bewegen, um einen Schritt zu machen. Auf diese Weise gehen wir, langsam und Schritt für Schritt, in vollem Gewahrsein des wechselseitigen Ablaufs aus Anheben, Bewegen, Absetzen und Verlagern des Gewichts, und bleiben dabei immer in Kontakt mit unseren Füßen und Beinen und dem ganzen Körper in seiner Gehbewegung.
Innerhalb der MBSR -Methode geschieht das achtsame Gehen in größter Langsamkeit, so dass uns die verschiedenen Aspekte des Bewegungsablaufs wirklich erfahrbar werden – der letzten Endes nichts anderes als ein kontrolliertes Vorwärtsfallen und Sichfangen ist. Wenn wir bemerken, dass unser Geist sich von der Wahrnehmung der Füße, der Beine und von der Erfahrung unseres sich bewegenden Körpers löst, verfahren wir wieder genauso wie bei den zuvor beschriebenen Achtsamkeitsübungen. Wir stellen einfach fest, was uns durch den Kopf geht, und bringen den Geist behutsam dorthin zurück, wo wir uns gerade im Bewegungsablauf befinden. Alternativ dazu können wir auch in der Bewegung innehalten, um uns zu sammeln und unseren Körper stehend und atmend zu spüren. Dann nehmen wir wieder wie zu Beginn den ersten Bewegungsimpuls wahr und setzen das achtsame Gehen fort.
Um unsere Konzentration während der Gehmeditation zu vertiefen, lassen wir den Blick nicht umherschweifen, sondern richten ihn im Gehen vor uns, ohne dabei auf unsere Füße zu schauen. Sie finden schon von selbst ihren Weg. Es ist eine Beobachtung von innen, um die wir uns bemühen, die Erfahrung des Gehens selbst, sonst nichts. Das bedeutet aber nicht, dass das achtsame Gehen eine ernste und finstere Angelegenheit sein muss. Wie bei allen anderen Meditationspraktiken sollten wir vielmehr mit einer gewissen Leichtigkeit und Unbeschwertheit an die Sache herangehen. Es handelt sich um nichts Besonderes, sondern nur darum, zu gehen und sich dabei dessen bewusst zu sein – was andererseits wieder etwas ganz Außerordentliches ist.
Jeden Tag haben wir in der Klinik viele Menschen, die aufgrund von Verletzung oder Krankheit gehunfähig sind, und so manchen Patienten, der nie wieder wird laufen können. Für all diese Menschen kommt es einem Wunder gleich, ohne fremde Hilfe einen Schritt zu tun, geschweige denn, auf eigenen Beinen die Eingangshalle zu durchqueren oder zum Parkplatz zu gehen. Dennoch wissen wir kaum jemals zu schätzen, was für eine wunderbare Sache es ist, gehen zu können. Was aber das Allerwichtigste ist: Wenn wir uns in der Gehmeditation üben, sollten wir daran denken, dass wir nicht versuchen, irgendwohin zu gelangen! Wir erlauben uns einfach, ein wenig mit der Erfahrung zu experimentieren, ganz dort zu sein, wo wir eben jetzt sind, in diesem Augenblick, mit diesem Schritt, und dabei nicht uns selbst vorauszueilen.
Um die Absichtslosigkeit der formalen Gehmeditation zu betonen, geht man einfach nur im Raum auf und ab oder im Kreis. Durch diesen Mangel an Zielorientierung und äußerem Unterhaltungswert ist es leichter, den Geist zur Ruhe zu bringen. Wenn man auf diese Weise seine Bahnen oder Kreise abgeht, vermittelt man dem Geist, dass Eile und Zielstrebigkeit bedeutungslos sind.
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