Gesund durch Meditation
unter dem Namen
Stress.
Zwangsläufig steht ein Begriff, der so viele Ebenen des Lebens umfasst, für ein sehr komplexes Phänomen. Dennoch verbinden wir mit »Stress« im Grunde eine einfache und klare Vorstellung. Das Wort bringt eine Vielzahl menschlicher Erfahrungen und Reaktionen auf einen begrifflichen Nenner, mit dem wir uns unmittelbar identifizieren können. Wenn ich meine Arbeit als Hilfe zur Bewältigung von Stress beschreibe, ist die Reaktion durchgängig: »Die könnte ich allerdings auch gebrauchen.« Jeder versteht sofort, worum es geht.
Stress tritt aber auf ganz verschiedenen Ebenen auf und hat viele verschiedene Ursachen. Jeder von uns hat seine persönliche Variante, die zwar in ihren Erscheinungsformen wechselt, in ihrem jeweiligen Grundmuster aber dieselbe bleibt. Um für Stress eine möglichst umfassende Formel zu finden, mit der sich in vielen verschiedenen Situationen wirkungsvoll arbeiten lässt, ist es sinnvoll, ihn aus der Systemperspektive zu betrachten. In diesem Kapitel werden wir uns mit der Herkunft unseres Stressbegriffs, verschiedenen Definitionsmöglichkeiten und einem einheitlichen Konzept von Stress beschäftigen, das uns helfen soll, Stress in unserem eigenen Leben effektiver zu bewältigen.
Stress ist auf mehreren Ebenen gleichermaßen wirksam: auf der physischen, der psychologischen und der sozialen Ebene. Alle drei Ebenen beeinflussen sich gegenseitig. Unter manchen Umständen bestimmt die Vielfalt dieser Interaktionen nicht nur den augenblicklichen Zustand von Körper und Geist, sondern auch, welche und wie viele Möglichkeiten wir haben, mit Stresssituationen konstruktiv umzugehen. Wenn wir der Einfachheit halber die verschiedenen Ebenen hier getrennt behandeln, sollten wir uns dabei stets vor Augen halten, dass sie miteinander in Verbindung stehen und nur verschiedene Aspekte ein und desselben Phänomens sind.
In den fünfziger Jahren fand der Begriff »Stress« durch die Arbeiten von Hans Selye erstmals weitere Verbreitung. Er prägte den Begriff aufgrund seiner zahlreichen Tierversuche, in denen er die physiologischen Veränderungen untersuchte, die bei Tieren aufgrund von Verletzungen, in ungewohnten Situationen oder unter extremen Bedingungen auftraten. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff seither zum Sammelbegriff für alle belastenden Lebensumstände geworden. Allerdings lässt das Wort nicht erkennen, ob Stress
Ursache
oder
Folge
von Belastungen ist oder ob er, in einer mehr wissenschaftlichen Wortwahl, Reiz oder Reaktion ist. Wenn wir zum Beispiel sagen, dass wir gestresst sind, so besagt dies, dass wir Stress als innere Reaktion auf eine bestimmte Situation erfahren. Andererseits bedeutet ein Satz wie »Mein Leben ist so stressig«, dass Stress ein äußerer Auslöser ist, der in uns eine bestimmte Verfassung bewirkt.
Selye entschied sich dafür, Stress als Reaktion zu definieren, und prägte den Begriff
Stressor
oder
Stressauslöser,
um damit den Reiz zu benennen, der die Stressreaktion hervorruft. Er definierte Stress als »die nicht-spezifische Reaktion des Organismus auf jede Form von Belastung oder Anforderung«. In seiner Begriffsbestimmung ist Stress die Reaktion des gesamten Organismus (also von Körper und Geist) auf beliebige Stressauslöser. Sowohl innere als auch äußere Ereignisse können Stressoren sein. So kann beispielsweise ein Gedanke oder ein Gefühl Stress verursachen und somit ein Stressor sein. Unter anderen Umständen wiederum kann derselbe Gedanke oder dasselbe Gefühl aber auch die Reaktion auf einen äußeren Reiz und damit Stressinhalt sein.
Als Selye seine Stresstheorie entwickelte und dabei der Frage nach den eigentlichen Ursachen von Krankheit nachging, hatte er vor allem das Zusammenwirken von äußeren und inneren Faktoren im Auge. So legte er die Hypothese vor, dass Krankheiten die Folge misslungener Anpassungsversuche an stressreiche Bedingungen seien. Dreißig Jahre vor dem Aufkommen der Psychoneuroimmunologie war Selye sich der Tatsache bewusst, dass Stress das Immunsystem des Körpers schwächen und daher seine Widerstandskraft gegen Krankheitserreger herabsetzen kann.
»Es ist eine bedeutsame Beobachtung, dass hochgradiger Stress (verursacht durch fortgesetztes Hungern, Sorgen, Übermüdung oder Unterkühlung) die Abwehrmechanismen des Körpers überlasten kann. Das gilt sowohl für solche Anpassungsleistungen, die von chemischer Immunität abhängen, als auch für jene, die auf entzündliche Barrikaden
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