Gesund durch Meditation
zurückzuführen sind. Es erklärt auch, warum viele Krankheiten ganz besonders in Kriegszeiten oder bei Hungersnöten überhandnehmen. Wenn Mikroben, die ständig in uns und um uns sind, keine Krankheit auslösen, bis wir unter Stress stehen, was ist dann die ›Ursache‹ der Krankheit – die Mikrobe oder der Stress? Ich meine beide – und zwar beide in gleichem Maß. In den meisten Fällen ist Krankheit weder durch den Erreger als solchen noch durch unsere adaptiven Reaktionen als solche bedingt, sondern durch die Unangemessenheit unserer Reaktionen auf den Erreger.«
Selyes geniale Erkenntnis war die Nicht-Spezifität der Stressreaktion. Er behauptete, dass der eigentlich interessante und wesentliche Aspekt des Phänomens »Stress« die generelle, unspezifische Reaktion sei, die im Organismus abläuft und den Versuch darstelle, sich an die jeweilige Anforderungs- oder Belastungssituation anzupassen. Selye bezeichnete diese Reaktion als
Allgemeines Adaptationssyndrom
und beschrieb es als das Mittel, über das der Organismus nicht nur allgemein seine Daseinstauglichkeit aufrechterhält, sondern angesichts existenzieller Bedrohungen, von Traumata und Veränderungen in seiner Umwelt auch sein Überleben sichert. Er betonte, dass Stress ein natürlicher und unvermeidlicher Bestandteil des Lebens sei. Jenseits einer bestimmten Grenze allerdings verlangt Stress seinerseits eine Anpassung des Körpers, um nicht selbst lebensbedrohlich zu werden.
Selye erkannte, dass Stress unter bestimmten Umständen zu
Adaptationskrankheiten
führen kann. Dies bedeutet, dass eine fehlgesteuerte oder unangemessene Stressreaktion, unabhängig von der Art ihres Auslösers, selbst zur Ursache von Überlastung und Krankheit wird, woraus wiederum folgt, dass wir uns um die größtmögliche
Effizienz
unseres Umgangs mit Stressauslösern bemühen müssen, um uns vor fehlgesteuerten Reaktionsweisen zu bewahren, die uns krank oder kränker machen können. Seither sind sechzig Jahre vergangen, und natürlich wissen wir heute sehr viel mehr darüber, welche entscheidende Rolle Gehirn, Nervensystem, Emotionen und kognitive Prozesse bei alldem spielen. Auch die verschiedenen biologischen Mechanismen, die am Stresserleben und der – zweckmäßigen oder unzweckmäßigen – Stressverarbeitung Anteil haben, sind uns weitaus besser bekannt. Wir wissen daher auch, dass wir eine Wahl haben und dass ein achtsamer und besonnener Umgang mit sich selbst eine Menge bewirken kann.
Auch anhand der Studien von Martin Seligman zum Zusammenhang von Optimismus und Gesundheit konnten wir sehen,
dass nicht der potenzielle Stressauslöser ausschlaggebend dafür ist, ob man unter Stress gerät oder nicht, sondern wie der Einzelne ihn interpretiert und mit ihm umgeht.
Wir alle wissen dies aus eigener Erfahrung. Manchmal genügt eine Kleinigkeit, um in uns eine emotionale Reaktion auszulösen, die in keinem Verhältnis zu ihrem Anlass steht. Das geschieht vor allem dann, wenn wir unter Druck stehen oder mit Sorgen belastet und deshalb besonders leicht aus der Bahn zu werfen sind. Zu anderen Zeiten können wir kleinere Widrigkeiten mit Leichtigkeit handhaben und vielleicht sogar ausgewachsene Krisensituationen nahezu mühelos bewältigen, ohne auch nur zu bemerken, dass wir unter Stress stehen. Erst im Nachhinein spürt man dann die überstandene Anspannung in Form seelischer oder körperlicher Erschöpfung.
Bis zu einem gewissen Grad hängt unsere Fähigkeit, mit Stressoren umzugehen, von deren Schädigungspotenzial ab, das im Extremfall keinen Ermessensspielraum mehr lässt, sondern absolut tödlich ist, wenn wir ihm nicht rechtzeitig aus dem Weg gehen. Dazu gehören beispielsweise der Kontakt mit hochgiftigen Chemikalien, übermäßige Strahlenbelastung und Verletzungen lebenswichtiger Organe durch Projektile. Die Aufnahme großer Mengen von Energie, egal in welcher Form, führt bei jedem Lebewesen zu schweren körperlichen Schäden oder zum Tod.
Am anderen Ende des Spektrums finden wir uns vielen Einflüssen unterworfen, die fast niemand als sonderlich belastend erlebt. Als Bewohner dieses Planeten sind wir alle ununterbrochen seiner Gravitation, den wechselnden Jahreszeiten und Einflüssen des Wetters ausgesetzt. Da die Schwerkraft ständig auf uns einwirkt, nehmen wir sie selten bewusst wahr. So bemerken wir auch kaum die Anpassungsleistungen, die unser Körper vollbringt, wenn er im Stehen das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagert oder sich
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