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Gesund durch Meditation

Gesund durch Meditation

Titel: Gesund durch Meditation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Kabat-Zinn
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anlehnt oder sich auf irgendetwas stützt. Wer aber bei seiner Arbeit acht Stunden lang an derselben Stelle auf einem Betonboden steht, lernt bald, die Schwerkraft als Auslöser von Stress zu verstehen.
    Wenn Sie nicht gerade Hochhauserbauer, Turmanstreicher, Trapezkünstler, Skiweitspringer oder hochbetagt sind, ist die Schwerkraft wahrscheinlich noch Ihr geringstes Problem. Aber sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass manche Stressoren unvermeidlich sind und wir uns ständig den Anforderungen anpassen, die sie an unseren Körper stellen. Laut Selye sind sie natürlicher Teil des Lebens, und das Beispiel der Gravitation erinnert uns daran, dass Stress an und für sich weder gut noch schlecht, sondern einfach ist, was er ist – wie alles andere auch.
    Im großen Mittelfeld der Stressoren, also noch weit entfernt von tödlichen Strahlungen, Giften oder Projektilen, aber auch nicht mehr ganz im harmlosen Bereich wie bei der Gravitationskraft, gilt als Faustregel, insbesondere für die Auslöser von psychologischem Stress:
Das Ausmaß an Stress, das wir in einer Situation erfahren, hängt vollständig davon ab, wie wir die Dinge wahrnehmen und mit ihnen umgehen.
Es liegt in der Macht jedes Einzelnen, das Kräfteverhältnis zwischen äußeren Stressoren als unvermeidlichem Teil des Lebens und dem inneren Vermögen zur Bewältigung von Stress neu zu definieren. Wenn wir den bewussten und intelligenten Umgang mit Stress erlernen, sind wir in der Lage, ihn weitgehend zu regulieren und sein Ausmaß in Grenzen zu halten. Vielleicht noch wichtiger ist, dass wir nicht bei jedem Auslöser von Stress in unserem Leben neue Wege finden müssen, um mit ihm umzugehen. Wir können lernen, mit Veränderungen, Problemen und Stress
überhaupt
besser fertig zu werden. Doch dazu müssen wir zunächst einmal erkennen, wann wir unter Stress stehen.
    Die frühesten Forschungsergebnisse über die physiologischen Auswirkungen von Stress stammen überwiegend aus Tierversuchen, in denen noch nicht zwischen psychologischen und physiologischen Komponenten der Stressreaktion differenziert wurde. So gaben die Kritiker Selyes zu bedenken, dass die physiologischen Veränderungen bei Tieren, die beispielsweise gezwungen wurden, durch eiskaltes Wasser zu schwimmen, mehr eine Auswirkung der Panik dieser Tiere waren als eine rein physiologische Reaktion auf den äußeren Stressor, in diesem Fall das Wasser oder dessen Kälte. Selyes Ergebnisse beziehen sich also möglicherweise auf das Resultat einer psychischen Reaktion auf eine angsteinflößende Erfahrung und keineswegs auf die rein physiologische Reaktion, wie er annahm. Aufgrund dieser Überlegung begann man zu untersuchen, welche Rolle psychologische Faktoren in der Stressreaktion bei Tieren und Menschen spielen. Hier wurde nun der Nachweis erbracht, dass psychologische Aspekte in hohem Maß mit dafür verantwortlich sind, wie Tiere auf die Auslöser von physischem Stress reagieren. Auch der Freiraum, den ein Tier hat, um effektiv auf einen spezifischen Stressauslöser zu reagieren, bestimmt nachweislich das Ausmaß an physiologischer Überlastung und Fehlsteuerung, das in Folge der Stresssituation auftritt.
Das Vermögen, Einfluss zu nehmen (control),
also eine psychologische Dimension, ist ein Hauptfaktor in der Resistenz des Tieres gegen stressbedingte Krankheit.
    Nach allem, was wir über menschliche Stresserfahrung wissen, besteht dort derselbe Zusammenhang. Ein Mensch verfügt aber normalerweise über weit mehr psychologische Kapazitäten als ein Tier im Laborexperiment. So liegt der Schluss nahe, dass wir auf die eigene Erfahrung von Stress und dessen Auswirkungen auf unsere Gesundheit erheblichen Einfluss haben, wenn wir uns in einer Stresssituation unserer Handlungsoptionen sowie der Bedeutung und Macht unserer Reaktion bewusst werden.
    Tierversuche zum Verhalten unter Stress zeigten die verheerende Wirkung der
erlernten Hilflosigkeit,
ein Zustand, in dem man die Erfahrung macht, keinerlei Einfluss auf eine Situation zu haben. Wenn Hilflosigkeit erlernbar ist, kann sie auch wieder verlernt werden, zumindest gilt dies für den Menschen. Selbst wenn uns in einer extrem stressbetonten Situation keinerlei
äußerer
Spielraum mehr bleibt, um noch sinnvoll zu handeln, verfügen wir doch über immense
innere
Ressourcen. Diese geben uns das Gefühl der aktiven Bewältigung der Situation und damit einer gewissen Kontrolle und bewahren uns davor, uns hilflos und ausgeliefert zu fühlen.
    Richard

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