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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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haben.»
    «Wir fordern nur ein faires und gerechtes Abkommen», schaltete sich Harold Sapworth ein, der dem Gespräch offenbar geistig nicht ganz gewachsen war.
    Pip hieb mit der Faust nochmals in seine Handfläche. «Faith, nimm einen Brief an den Staatssekretär für Sozialwesen, Alexander Fleming House, auf. Harold kann ihn dann per Bus zustellen. Wahrscheinlich verläßt dort jeder Schlag fünf das Haus, einschließlich des Ministers. — Sehr geehrter Herr Minister...» Faith schlug ihr Notizbuch auf. «Schreib, daß im Namen von OHA kein britischer Arzt von morgen, eine Minute nach Mitternacht an, unser Land mehr verlassen darf. Wird unsere Forderung nicht sofort erfüllt, so werden wir den Streik weiterfuhren.»
    «... den Streik im Bertram-Bunn-Trakt», ergänzte Faith stenographierend.
    «Nein, den Streik, der das ganze St.-Swithin-Spital vom Dachboden bis zum Keller, von der Schwangerenberatung bis zur Leichenkammer lahmlegt.»
    «Aber das St. Swithin wird doch nicht bestreikt!»
    «Von nun an doch.» Er sprang auf eine Bank. «Brüder! Braunmäntel, vorwärts! Alle verlassen das Haus.»

15

    «Brüder, Braunmäntel! Mitkämpfer in der ersten Reihe des immerdar vorwärts gerichteten Marsches der Menschheit gegen Krankheit, Elend und Tod!»
    Zwei Stunden waren vergangen. Pip stand auf einer Bank im Keller, die Arme erhoben, von seinem braunen Mantel umflattert. Neben ihm, aber etwas tiefer, auf dem Zementboden, stand Faith, das offene Notizbuch gezückt. Pip starrte auf die etwa hundert Gesichter nieder, die wiederum ihn mit einem einheitlich aus Interesse, Zweifel und Verwirrung gemischten Ausdruck anstarrten.
    «In einer Epoche wirtschaftlichen Friedens steht dem Arbeiter nichts besser an als Ruhe und Bescheidenheit», fuhr Pip fort. «Aber wenn das Sturmsignal in unsere Ohren gellt, was haben wir dann zu tun?» Er legte eine Pause ein, als warte er auf Antwort. «Ich will’s euch sagen. Dann müssen wir es dem Tiger gleichtun. Wir straffen unsere Sehnen, wir bringen unser Blut zum Wallen. Wir prägen unsre sonst so reinen Züge mit wilder Wut. Wir verleihen unserem Auge den furchterregenden Glanz.»
    Er hielt abermals inne, um die Wirkung seiner Worte zu beobachten. Einem Mann in der vordersten Reihe war der Mund offen geblieben.
    «Heute, Brüder, habe ich eine ernste Entscheidung getroffen. Ihr alle habt eine ernste Entscheidung getroffen. Ich traf sie euretwegen. Und um der anständigen, arbeitsamen Männer und Frauen willen, die ein beengtes Leben in Zinskasernen führen und die gerade von jenen Klassenfeinden, die den wesentlichsten Bedürfnissen der arbeitenden Massen dienen sollten, mit Peitschenhieben traktiert werden. Ich spreche von den Ärzten. Ich weiß nicht, wohin uns unsere mutige Aktion fuhren wird. Hoffentlich zum Sieg der natürlichen Tugenden der Arbeiter über die angeborenen Laster der Kapitalisten. Ich sehe meinen Bestrebungen, die ja auch eure Bestrebungen sind, keine Grenzen gesetzt. Heute gilt es St. Swithin, sage ich. Und morgen die ganze Welt! Aber ich muß euch bitten, euch ein bis zwei Stunden lang in Geduld zu fassen, während ich euch eingehend auseinandersetze, welche Kernfragen euch - durch mich - bewogen haben, diese überaus ernste und folgenschwere Entscheidung zu treffen.»
    Daraufhin erhoben sich die Zuhörer wie ein Mann und strebten zur Tür hinaus.
    «Sie hätten wirklich ein bißchen höflicher sein können», beklagte sich Pip erbost bei Faith, als das letzte braunbemantelte Schulternpaar verschwunden war. «Ich bin doch schließlich ihr auf demokratischem Wege gewählter Führer! Sie würden vielleicht den Rest meiner Ansprache etwas lang gefunden haben, aber sie hätten doch zumindest leeren Blicks dasitzen und an Fußball, Sex und ähnliches denken können, wie ich es oft genug während der Vorlesungen deines Vaters getan habe.»
    «Armer Pip!» Teilnahmsvoll streichelte sie seinen Nacken, während sie sich neben ihm auf der harten Bank niederließ. «Wie schwer hast du seit dem Lunch an dieser Rede gearbeitet!»
    «Es hätten wohl einige Passagen über die Unterschiede in der Finanzierung der laufenden Auslagen und die Kapitalsanlageprogramme des Volksgesundheitsdienstes das Fassungsvermögen etlicher Zuhörer überschritten», gab er zu. «Aber man muß es eben versuchen.» Er blickte auf, weil Harold Sapworth, diesmal ohne braunen Mantel, vorbeiging. «Mein Publikum hat mich allein gelassen», beschwerte sich Pip.
    «Na so was.» Harold

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