Getäuscht - Thriller
Wänden. Die Auflösung des Farbbildes war ein bisschen grob, aber das Bild war scharf, wie angekündigt. In der rechten oberen Ecke war eine Zeitangabe zu sehen. Um 11.15 Uhr erzitterte das Bild heftig.
»Genau jetzt geht die Bombe hoch«, kommentierte Graves.
Sekunden später flohen die ersten Mitarbeiter aus ihren Büros. Um 11.18 Uhr war der Flur menschenleer.
»Und hier kommt auch schon unsere Täterin. Passen Sie genau auf, Sir. Sie ist nicht zu übersehen.«
Die Uhr zeigte 11.18 Uhr und 45 Sekunden, als in der unteren linken Ecke des Bildschirms eine Gestalt auftauchte, die nicht dem Strom der Mitarbeiter folgte, sondern in die entgegengesetzte Richtung lief, direkt auf den Konferenzsaal 3F zu. Die Gestalt bewegte sich schnell und zielstrebig und verbarg ihr Gesicht vor der Kamera. Aber ihre Kleidung verriet sie: die Jeans, das schwarze T-Shirt und natürlich ihre Haare.
Um genau 11.20 Uhr und 15 Sekunden öffnete sich die Tür des Konferenzsaals erneut, und die Frau erschien wieder auf dem Flur. Sie lief mit gesenktem Kopf auf die Kamera zu. Das Gesicht war unter den langen rötlich braunen Haaren nicht zu erkennen. Über der Schulter trug die Frau eine große Reisetasche.
»Die Laptops befinden sich in der Tasche«, sagte Kate. »Es ist eine dieser extrem stabilen, ultraleichten Reisetaschen, die man so zusammenfalten kann, dass sie in die Hosentasche passen.«
Allam, der sein Kinn in der Hand vergraben hatte, sagte kein Wort.
»Jetzt sehen Sie sich das an, Sir.« Graves tauschte die DVD gegen eine andere aus, auf der sich die Bilder von der Überwachungskamera an der Kreuzung Storey's Gate befanden. Auf dem Bildschirm sahen sie jetzt eine junge Frau mit schwarzem T-Shirt und Jeans, die mit einem Handy am Ohr an der Kreuzung wartete. Der erste Wagen aus dem Konvoi mit Iwanow fuhr durchs Bild, gefolgt vom zweiten. Die Frau trat einen Schritt vor und drehte der Kamera den Rücken zu. Im selben Moment brach das Bild zusammen. Zwei oder drei Sekunden lang blieb der Bildschirm weiß, bis die Kamera die Übertragung fortsetzte. Als die Kreuzung wieder auf dem Bildschirm erschien, war die Frau verschwunden.
»Es ist dieselbe Frau«, sagte Graves. »Ich gehe jede Wette ein, dass sie es war, die die Laptops gestohlen hat.«
»Wissen Sie, wer sie ist?«, fragte Allam.
»Ihr Name ist Emma Ransom.«
»Ransom? Die Frau des Arztes, der Ihnen entwischt ist?«
Graves wich Allams Blick nicht aus. Vor vierundzwanzig Stunden hatte er einen von Allams berühmten Wutanfällen über sich ergehen lassen müssen und wollte auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass es ihm immer noch zusetzte. »Ransom hat uns erzählt, dass seine Frau für eine US-Regierungsbehörde mit Namen Division gearbeitet hat, die angeblich zum Pentagon gehört. Ich habe mit einem Kollegen in Langley gesprochen. Sie bestreiten, je von Division oder Emma Ransom gehört zu haben.«
»Das überrascht mich nicht. Sie etwa?«
»Es steckt noch mehr dahinter. Als wir Ransom direkt nach seiner Verhaftung verhört haben, erwähnte er, dass seine Frau letzten Februar eine Art Anschlag in der Schweiz vereitelt hat. Ich habe bei Markus von Daeniken in Bern nachgefragt. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit hat er bestätigt, dass damals ein versuchter Anschlag auf eine Maschine der El Al vertuscht wurde und dass Ransom und seine Frau bis zum Hals in der Sache mit drinsteckten. Da kein Zivilist geschädigt wurde, konnten sie die Sache verschleiern. Mehr wollte er nicht dazu sagen.«
Allam dachte über das Gehörte nach. »Sie sieht auf jeden Fall nicht wie eine tschetschenische Hinterwäldlerin aus, so viel ist sicher.«
Graves runzelte die Stirn. »Das bringt uns zurück zu der Frage, weshalb Iwanow überhaupt in London war. Niemand scheint etwas über den Anlass seines Besuchs verraten zu wollen.«
»Mit gutem Grund. Iwanow ist nach London gekommen, um sich mit hohen Tieren aus der Ölbranche zu treffen. Er wollte sie davon überzeugen, die alten Geschäftsbeziehungen neu aufleben zu lassen, um die Ölvorräte anzuzapfen, die immer noch unter dem sibirischen Eis liegen, und gleichzeitig den Russen bei der Modernisierung ihrer Infrastruktur zu helfen. Etwas in der Art jedenfalls. Die Angelegenheit ist ziemlich heikel, weil die Russen die westlichen Firmen vor Jahren übers Ohr gehauen und die Gewinne aus dem Ölgeschäft selbst eingestrichen haben. Die Leute vom Außenministerium betrachten Iwanows Gesprächsanliegen als grundlegenden Kurswandel in
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