Getäuscht - Thriller
der russischen Politik. Entweder steht ihre Ölindustrie kurz vor dem Zusammenbruch, den sie verzweifelt verhindern wollen, oder sie haben sich dazu durchgerungen, wieder der internationalen Staatengemeinschaft beizutreten.« Allam seufzte. »Abgesehen davon bleibt die Frage offen, für wen Mrs. Ransom inzwischen arbeitet.«
»Bis jetzt haben wir nicht die leiseste Ahnung«, sagte Graves.
»Erzählen Sie mir, was auf den Laptops war«, sagte Allam.
Graves berichtete Allam, dass Mischa Dibner zufolge jeder, der im Besitz der Laptops war, Zugriff auf spezielle Codes hatte, mit denen man theoretisch die Kontrolle über jeden Kernreaktor in Europa übernehmen konnte. »Es scheint auch eine zeitliche Vorgabe zu geben«, fügte er hinzu. »Wir müssen davon ausgehen, dass innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden ein Anschlag geplant ist.«
»Ich verstehe«, war Allams einziger Kommentar. »Sämtliche Vorfälle der letzten Tage scheinen ein gemeinsames Bindeglied zu haben.«
»Und das wäre?«, fragte Kate.
»Energie«, antwortete Allam. »Iwanow kommt nach London, um über Öl zu reden. Sie erzählen mir, dass die Bombe ein Ablenkungsmanöver war, um in den Besitz von Codes zu kommen, mit denen man innerhalb von achtundvierzig Stunden einen Anschlag auf einen Reaktor verüben kann. Ich glaube nicht, dass das ein Zufall ist.« Der Direktor des MI 5 nahm seine Brille ab und rieb sich die Nase. »Also gut, derzeit kennen wir also nur eine einzige Person, die uns verraten könnte, worum es bei der ganzen Sache eigentlich geht. Emma Ransom. Was wissen wir noch über sie?«
»So gut wie nichts«, gab Graves zu. »Wir wissen nicht, für wen sie arbeitet, woher sie kommt und wohin sie verschwunden ist. Nur, dass sie Lord Robert Russell ermordet hat und bereits vor dem Mord hier in London war, um ihre Ränke zu schmieden.«
»Stecken Mr. und Mrs. Ransom gemeinsam in der Sache mit drin?«, fragte Allam. »Was glauben Sie?«
»Davon bin ich überzeugt«, sagte Graves. »Aber Kate Ford ist anderer Meinung.«
»Warum?«, wollte Allam wissen.
Kate schilderte Ransoms Verhalten am Ort der Explosion. »Er hätte verschwinden können, ist aber geblieben, um einem der Opfer zu helfen.«
»Er hat einem Mitmenschen das Leben gerettet?«
»Nein. Der Mann ist gestorben.«
Allam zog die Augenbrauen hoch. »Woher wollen Sie wissen, dass Ransom ihn nicht getötet hat? Schließlich hat er gestern Abend jemanden erschossen.« Allam warf einen Blick auf den Bericht, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. »Einen Kollegen. James Meadows. Chirurg auf der Harley Street. Dieser Ransom wirkt auf mich wie ein kaltblütiger Killer.«
»Ich kann Ihnen leider nicht auf alle offenen Fragen eine Antwort geben, Sir«, erklärte Kate. »Aber ich bin mir sicher, dass er nichts mit dem Bombenanschlag oder dem Diebstahl der Laptops zu tun hatte. Warum ich das glaube, kann ich selbst nicht genau sagen. Aber es ergibt einfach keinen Sinn.«
»Dass ein unschuldiger Mann vor der Polizei davonläuft, ergibt aber auch nicht gerade Sinn, nicht wahr, DCI Ford?«, erwiderte Allam. Auf seinen Wangen zeichneten sich kleine rote Flecken ab. Angespannt hockte er auf der Stuhlkante.
»Meiner Ansicht nach versucht Ransom, seine Frau zu finden«, sagte Kate mit fester Stimme.
»Sie zu finden? Ich würde vor ihr davonlaufen, so weit meine Beine mich tragen.« Allam hustete und lehnte sich ein wenig entspannter zurück. »Können Sie sich einen Grund vorstellen, weshalb sie sich in Rom aufhält?«
»Rom?«, Graves kniff überrascht die Augen zusammen. »Soweit wir wissen, wurde Ransom zuletzt in Belgien gesehen. Er hat in der Nähe des Brüsseler Flughafens einen Leihwagen gemietet.«
Allam klopfte mit dem Stift auf einen rosafarbenen Notizblock, der vor ihm lag. »Ich habe gerade einen Anruf vom Polizeichef der Carabinieri erhalten. Der gute Dr. Ransom hat dort drüben eine Menge Ärger verursacht. Es geht um Körperverletzung und Entführung.«
»Entführung?«, fragte Kate.
»Genau«, sagte Allam. »Und die Italiener sind alles andere als erfreut darüber.«
Graves lehnte sich über den Schreibtisch des Direktors. »Haben sie Ransom in Gewahrsam genommen?«
Allam schüttelte den Kopf. »Nein, aber sie haben den Mann, der von Ransom entführt wurde. Er ist ebenfalls Arzt. Ransom hat ihn offenbar ziemlich unter Druck gesetzt, weil er etwas über seine Frau erfahren wollte. Wie es aussieht, war sie vor ein paar Monaten ebenfalls in Rom, was ihr aber nicht
Weitere Kostenlose Bücher