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Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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entdeckte er in einer Nische eine kleine Kapelle. Der Altar war schlicht und nur mit einer Brokatdecke geschmückt. Ein hölzernes Kreuz mit einem marmornen Christus hing an der Wand dahinter.
    Auf den Straßen außerhalb der Kirche durchkämmte die italienische Polizei die Gegend auf der Suche nach Dr. Jonathan Ransom. Er ging davon aus, dass die Nachricht über seinen Aufenthalt in Rom inzwischen bis nach London vorgedrungen war. Gleichzeitig waren sämtliche Polizeidienststellen in der näheren Umgebung in Alarmbereitschaft versetzt worden. Seine Ergreifung stand wahrscheinlich auf der Prioritätenliste aller italienischen Polizeibeamten von Mailand bis Sizilien ganz weit oben.
    Im Halbdunkel der Kirche dachte Jonathan über seine Lage nach. Er war für ein Leben auf der Flucht nicht geschaffen. Sich in einem »Schlupfloch« vor der Welt zu verkriechen, wie Emma ihre geheimen Unterkünfte genannt hatte, kam für ihn nicht in Frage. Früher oder später würden sie ihn schnappen, das stand fest. Die Frage war nur, wann es so weit war. Für Jonathan ging es nur darum, das Unausweichliche hinauszuzögern.
    Er faltete das Aufnahmeprotokoll auseinander, das er aus Lazios Büro mitgenommen hatte. In der Kirche war es zu dunkel zum Lesen, aber er kannte den Inhalt auch so. Die verletzte Arterie an der Niere hatte dazu geführt, dass Emma drei Liter Blut verloren hatte. Demnach musste sie sich bei ihrer Aufnahme ins Krankenhaus im Delirium befunden haben. Von den Schmerzen fast um den Verstand gebracht und nahezu bewusstlos, hatte sie auf die Frage nach ihrem Namen mit »Lara« geantwortet, nicht mit »Eva Krüger«, »Kathleen O'Hara« oder »Emma Ransom«. Das alles waren ihre jahrelang einstudierten, vertrauten Tarnidentitäten. Doch ihre Antwort war »Lara« gewesen. Und als sie nach der Operation nach ihrem Nachnamen gefragt wurde, hatte sie die Antwort verweigert.
    Jonathan konnte sich nur eine Erklärung für Emmas Verhalten denken.
    Emma hieß tatsächlich Lara. Sie hatte ihren Nachnamen nicht nennen können, weil sonst die Wahrheit über sie herausgekommen wäre. Und das durfte unter keinen Umständen geschehen.
    Jonathan stand auf und trat vor den Hauptaltar. Eine Zeitlang blieb er andächtig dort stehen und betrachtete den Altar und die prächtige Deckenbemalung, die den Sündenfall, die Auferstehung Jesu und das Jüngste Gericht zeigte.
    Dann drehte er sich um und ging zurück zum Haupteingang. Draußen hatte der Wind aufgefrischt und fuhr heulend durch einen Spalt in der Kirchenwand. Jonathan blieb stehen und lauschte dem Geräusch. Es kam ihm so vor, als könne er in dem Heulen seine eigene Angst hören. So plötzlich, wie er gekommen war, legte der Wind sich wieder, und im gleichen Augenblick kehrte auch Jonathans Entschlossenheit zurück.
    Er öffnete die Tür und trat hinaus auf die Straße.

46.
 
    Frank Connor zahlte das Taxi und ging selbstsicher auf den Türsteher zu, der vor dem Diamond Club in Belgravia stand. »Richten Sie Mr. Danko aus, dass Bill aus Kalifornien hier ist. Ich warte oben an den Spieltischen auf ihn.«
    Connor zahlte den astronomisch hohen Eintrittspreis und stieg die Treppe hinauf. Der Diamond Club war ein privates Casino für reiche Osteuropäer, die während der letzten zehn Jahre mit all ihrem Prunk und Tand nach London gekommen waren. Der Club erstreckte sich über drei Etagen. Im Erdgeschoss befanden sich eine elegante Bar und ein Restaurant. Im ersten Stock lag das Casino; der zweite Stock war ein streng kontrollierter Bereich für inoffizielles Glücksspiel und fürs Management.
    Connor setzte sich an einen Blackjack-Tisch, der mitten im Raum stand. Es war 1.00 Uhr morgens, und im Casino war wenig los. Nur zwei Dutzend Spieler saßen an den Automaten und Spieltischen. Connor bestellte sich einen Whisky und spielte ein paar Runden Karten. Nach kurzer Zeit hatte er zweihundert Pfund verspielt. Er winkte den Chefaufseher des Casinos zu sich und sagte ihm, er würde gerne mit Mr. Danko sprechen. Der Mann nickte höflich und setzte seinen Rundgang fort. Zehn Minuten später hatte Connor weitere zweihundert Pfund verloren. Von Danko war weit und breit nichts zu sehen.
    Jetzt reicht's, sagte sich Connor. Du hast dich lange genug am Riemen gerissen.
    Er bestellte einen zweiten Whisky, lockerte seine Krawatte und begann ernsthaft zu spielen. Nach zehn Minuten hatte er tausend Pfund gewonnen. Nach einer Stunde waren es bereits fünftausend Pfund. Er bat um eine Zigarre, und als der

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