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Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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zurückschlug und aufstand. »Nur einen kleinen Augenblick Geduld, Mrs. Ransom. Ich komme mit.«
    Emma kam zu ihm und gab ihm einen Kuss. »Bleib hier. Du siehst müde aus. Warum schläfst du nicht ein bisschen?«
    »Nein, ich will auch noch ein wenig frische Luft schnappen.«
    »Im Ernst, Jonathan«, sagte sie beharrlich. »Du wirst dich nur langweilen. Mach in der Zwischenzeit lieber was Vernünftiges. Bestätige unsere Flüge. Oder noch besser, such uns ein nettes Lokal zum Abendessen.«
    Jonathan blickte Emma ins Gesicht und entdeckte einen Ausdruck in ihren Augen, den er noch nie gesehen hatte. Sie wollte nicht, dass er sie begleitete. »Vielleicht hast du recht. Ich werde unsere Flüge bestätigen und uns danach einen Tisch im besten Restaurant der Stadt reservieren.«
    »Ich möchte etwas richtig Dekadentes. Spaghetti Carbonara mit warmem Brot und Butter und Zabaglione zum Nachtisch.« Sie verzog das Gesicht. »Was essen die Menschen im Kosovo überhaupt?«
    Nachdem Emma gegangen war, verbrachte Jonathan einige Zeit unter der Dusche und zog sich dann an. Wie versprochen bestätigte er ihre Flüge. Auf die Frage nach einem guten Lokal empfahl der Concierge ihm das Trattoria Rodolfo. Jonathan rechnete damit, dass die Preise astronomisch hoch waren, aber das war ihm egal. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Emma und er im Kosovo in einem Drei-Sterne-Restaurant zu Abend essen würden.
    Zufrieden, dass er Emmas Wünsche erfüllt hatte, kramte er das Taschenbuch hervor, das er gerade las. Alle Viertelstunde warf er einen Blick auf die Uhr. Nach einer Stunde legte er das Buch weg und ging zum Fenster. Es regnete jetzt noch stärker als zuvor. Ein sintflutartiger Sturzregen. Jonathan lächelte. Da war es schon wieder, das biblische Bild. Er schlüpfte in seine Jacke und ging die Treppe hinunter zum Empfang.
    »Scusi«, wandte er sich an den Concierge. »Haben Sie zufällig meine Frau gesehen, Signora Ransom?«
    Der Concierge bejahte die Frage. Er kam hinter dem Empfangstresen hervor und deutete in die Richtung, die Emma nach Verlassen des Hotels eingeschlagen hatte. Jonathan setzte seine Baseballkappe auf und zog die Kapuze darüber. Langsam ging er der Straße hinunter bis zum Hafen. Er hielt sich dicht an den Häuserwänden und schützte sich unter jedem Häuservorsprung vor dem strömenden Regen. Es war ein schreckliches Wetter für einen Spaziergang, und das Kopfsteinpflaster war gefährlich glitschig. Jonathan hielt nach Emma Ausschau, hatte es aber schon nach fünf Minuten satt. Er stellte sich an einem Kiosk unter, betrachtete die Karten in einem großen Postkartenständer und zog eine vom Amphitheater und eine andere von den Katakomben heraus, die Emma und er am Vormittag besichtigt hatten.
    »Das macht drei Euro«, sagte der Verkäufer.
    Jonathan kramte in der Hosentasche nach dem Geld. Während er auf das Wechselgeld wartete, warf er einen Blick aus dem Fenster. Auf der anderen Straßenseite öffneten sich gerade die Eingangstüren eines Hotels, und Jonathan erhaschte einen Blick in die Empfangshalle. Es war ein großer, schwach beleuchteter Raum mit poliertem Empfangstresen aus Holz. An der hinteren Wand entdeckte Jonathan die Nachbildung einer englischen Telefonzelle. Während er sich noch darüber wunderte, sah er, wie Emma die Empfangshalle durchquerte. Sie war in Begleitung eines unbekannten Mannes und offensichtlich tief in ein Gespräch mit ihm versunken. Jonathan wusste auf Anhieb, dass die beiden alte Bekannte sein mussten. Emma hatte die Hand auf den Arm des Mannes gelegt und wandte ihm ihre volle Aufmerksamkeit zu. Der Mann hatte Jonathan den Rücken zugewandt. Er sah nur, dass der Fremde einen grünen Twill-Regenmantel und einen dazu passenden Filzhut trug.
    Im nächsten Augenblick schlossen sich die Hoteltüren.
    Jonathan stand einen Moment wie versteinert da und wusste nicht, ob er Emma tatsächlich gesehen hatte, oder ob alles nur Einbildung gewesen war. Ihm fiel ein, wie hartnäckig Emma darauf bestanden hatte, dass er im Hotel blieb.
    Jonathan steckte die Postkarten ein und überquerte langsam die Straße. Um keinen Preis wollte er den Eindruck erwecken, dass er es eilig hatte oder wütend war. Für ihn stand fest, dass es eine einleuchtende Erklärung für Emmas sonderbares Verhalten gab. Aber als er die Lobby des Hotels betrat, waren Emma und der Mann, mit dem sie so vertraulich gesprochen hatte, verschwunden.
    Jonathan suchte im angrenzenden Pub (zu dem auch die

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