Getäuscht - Thriller
Brust herausstreckte, als wollte er von der Königin höchstpersönlich einen Orden angesteckt bekommen. »Ihr Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben.«
»Es ist eine Katastrophe«, gestand Emma. »Aber wir werden die Sache unverzüglich aus der Welt schaffen.«
»Sie müssen sofort sämtliche Codes austauschen.«
»Und alle Sicherheitssysteme neu programmieren. Zum Glück sind wir nicht gezwungen, alle Kernkraftwerke abzuschalten.«
»Das also ist der Grund für Ihre Blitzinspektionen«, sagte Bertels. »Sie wollen überprüfen, ob es irgendwelche Unregelmäßigkeiten gibt.«
»Dazu darf ich mich leider nicht äußern, Mr. Bertels«, sagte Emma in einem Tonfall, der erkennen ließ, dass sie ihn als gleichberechtigten Kollegen betrachtete. »Aber ich kann Ihnen verraten, dass mein Aufbruch zu überstürzt war, um bei der Électricité de France in Erfahrung zu bringen, wie die Namen der Sicherheitschefs aus den betroffenen Kernkraftwerken lauten.«
Es war gängige Praxis, vor einer Inspektion die Sicherheitschefs zu kontaktieren. Die Sicherheitsbeauftragten in den Kernkraftwerken arbeiteten unabhängig. Auf diese Weise sollten innerbetriebliche Nachlässigkeiten vermieden und garantiert werden, dass der Betrieb in den Kraftwerken den gesetzlichen Vorschriften gemäß vonstatten ging.
»Eine unangekündigte Inspektion also? Sie werden alles andere als erfreut sein.«
Emma wich seinem Blick nicht aus, schwieg jedoch.
Bertels schien zu begreifen. »Sie brauchen also eine Liste mit den Namen aller Sicherheitschefs? Das dürfte kein Problem sein.« Er erhob sich. »Um welche Kernkraftwerke geht es?«
»Ohne Zustimmung der Électricité de France könnten Sie in Teufels Küche geraten.«
»Nennen Sie mir einfach die Namen, die Sie brauchen.«
Emma zählte fünf Kernkraftwerke auf, die über ganz Frankreich verstreut lagen. »Und zum Schluss noch La Reine. Aber wenn das jemand herausfindet ...«
»Eine Blitzinspektion ist die einzige Möglichkeit«, pflichtete Bertels ihr bei. »Ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Besuche vollkommen überraschend sein werden. Das wird dafür sorgen, dass die Leute auf Zack bleiben und ihre Wachsamkeit erhöhen.«
»Ich freue mich, dass Sie meiner Meinung sind.«
Zehn Minuten später hielt Emma eine frisch gebrannte DVD mit den Namen aller Sicherheitschefs, einschließlich ihrer Telefonnummern, E-Mail-Adressen und Privatadressen in der Hand. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«, fragte Pierre Bertels.
»Ich hätte gerne noch meinen Ausweis.«
»Selbstverständlich.« Bertels verließ das Büro und kam kurz darauf mit einem Ausweis zurück, der an einem roten Band mit den aufgedruckten Initialen der IGNS hing. »Damit werden Sie zur Amtsperson.«
»Ich habe nicht erwartet, dass mein Besuch bei Ihnen so angenehm und effizient verlaufen würde«, sagte Emma. Sie blickte umständlich auf ihre Armbanduhr und erschrak sichtbar. »Jetzt muss ich mich aber beeilen. Ich habe aber vor, in einer Woche noch einmal nach Paris zu kommen. Vielleicht habe ich dann einen Abend frei. Ich würde Ihnen gerne die Ergebnisse meiner Inspektionen mitteilen.«
»Das wäre sehr in meinem Interesse«, sagte Bertels.
»Auch in meinem«, sagte Emma. »Es würde mir übrigens nicht entgehen, wenn Sie Ihre Kollegen über meinen Besuch vorwarnen. Für solche Dinge habe ich einen sechsten Sinn entwickelt.«
Pierre Bertels schwor erneut hoch und heilig, nichts zu verraten, und fügte hinzu, er können seinen Job an den Nagel hängen, falls man bei der Électricité de France Wind davon bekäme, dass er ihr ohne Genehmigung vertrauliche Informationen über die Angestellten ausgehändigt hatte. Er gab ihr seine Privatnummer und bat sie, ihn am Tag vor ihrer Ankunft in Paris anzurufen. Emma versprach es ihm. »Au revoir.«
»À bientôt«, entgegnete Bertels.
Nachdem sie das Gebäude verlassen hatte, überquerte sie die Uferpromenade am Rande von La Défense und lehnte sich an eine Brüstung. Ihr Gesicht wurde aschgrau. Bei dem Gedanken an Bertels anzüglichen Händedruck wurde ihr übel. In ihrem Kopf hörte sie Papis Worte: »Das ist schließlich genau die Art von Herausforderungen, auf die ihr Nachtigallen besonders spezialisiert seid.«
Entschlossen hängte Emma sich die Handtasche über die Schulter und machte sich auf den Weg in Richtung Place de l'Étoile. Ihre Absätze klackten im Takt ihrer Schritte rhythmisch auf dem Asphalt. Nach einer Weile verflog ihre Übelkeit. Mit jedem Schritt
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