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Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Schreibtisch. »Aber genug davon. Reden wir von Robert.«
    »Habe Sie ihn gut gekannt?«
    »Ich war sein Mentor«, sagte Dodd. »Er hat seine Doktorarbeit bei mir geschrieben. Drei Jahre lang haben wir uns zweimal die Woche getroffen. Seitdem haben wir uns nie aus den Augen verloren. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass er niemals Selbstmord begehen würde. Ich nehme an, Sie glauben auch nicht an einen Suizid?«
    In diesem Moment schlug die Uhr am Tom Tower sechs Mal. Dodd blickte zum Fenster und wartete schweigend, bis »Great Toms« letzter Glockenschlag verhallt war. Dann richtete er den Blick wieder auf Kate.
    »Nein, Professor Dodd«, sagte Kate. »Wir glauben keineswegs an einen Selbstmord.«
    »Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich würde gerne mehr über Lord Russell in Erfahrung bringen.«
    »Was möchten Sie wissen?«
    »Alles, was Sie mir erzählen können. Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mitschreibe?«
    Dodd machte eine aufmunternde Geste mit der Hand. Kate holte ihr Notizheft und einen Stift aus der Jackentasche. Eine Handtasche hatte sie nicht dabei. Alles, was sie brauchte - Marke, Ausweis, Handy, Portemonnaie und Waffe -, verstaute sie am Körper.
    »Robbie ist 1996 zu uns gestoßen«, erzählte Dodd. »Er hatte seine Ausbildung in Eton gemacht. Aber er war anders. Bescheiden, nicht arrogant. Er war ehrlich genug zuzugeben, dass auch sein Wissen begrenzt war. So etwas findet man leider nicht allzu oft, jedenfalls nicht in den Kreisen, aus denen er stammte. Die Russells haben eine lange und geschichtsträchtige Vergangenheit. Sie haben mit William dem Eroberer in der Schlacht von Hastings gekämpft. Aber Robbie bildete sich nichts darauf ein. Er lebte im Hier und Jetzt. Vom ersten Tag an hat er sich reingekniet. Er hatte einen messerscharfen Verstand und erkannte Zusammenhänge, die weit über die Fakten hinausgingen. Er konnte voraussehen, ob zufällige Erscheinungen sich in Trends verwandeln. Er konnte Entwicklungen vorhersagen. Und er hatte immer recht.«
    Kate nickte. Zusammenhänge. Entwicklungen. Prognosen. Solche Diskussionen waren nicht ihr Fall. Genau genommen hielt sie es für dummes Geschwätz. Sie war eine Frau mit durchschnittlicher Schulbildung, die ihre Pommes mit Mayonnaise aß und am liebsten lauwarmes Guinness trank.
    »Was genau hat Lord Russell studiert?«
    »Russische Geschichte das zwanzigsten Jahrhunderts. Er hat auch seine Doktorarbeit auf diesem Gebiet geschrieben. Russisch hat er auch studiert, aber nicht bei mir. Bevor er nach Oxford kam, hat er einige Zeit in Moskau gelebt und dort bei einer Bank gearbeitet.«
    »War das sein Lehrauftrag an diesem College? Russische Geschichte?«
    »Anfangs ja.«
    »Und danach?«
    Dodd löste sich abrupt vom Schreibtisch und ging nervös im Zimmer auf und ab, wobei er unaufhörlich mit dem Rugbyball in seinen Händen spielte. »Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, woran er in letzter Zeit gearbeitet hat.«
    »Aber Sie sagten doch, Sie wären befreundet gewesen.«
    »So war es auch. Ich kann immer noch nicht fassen, dass er tot ist ...«
    »Haben Sie sich häufig getroffen?«
    »Im letzten Jahr nicht mehr so oft.«
    »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
    »Vor ungefähr einem Monat. Vielleicht waren es auch nur drei Wochen.«
    »Wirkte er beunruhigt?«
    »Woher soll ich das wissen?« Dodd blickte sie verärgert an. In seinen Augen schimmerten Tränen. Er schwieg eine Zeitlang, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte. »Wir hatten uns ziemlich entfremdet. Robbie war mit seinen Projekten beschäftigt, ich mit meinen. Ich interessierte mich leidenschaftlich für die Vergangenheit, Robbie konzentrierte sich auf die Zukunft. Wir haben nicht mehr über berufliche Dinge gesprochen.«
    »Könnten seine Studenten mehr wissen?«
    »Er hatte keine Studenten mehr. Er hat vor einem Jahr damit aufgehört.«
    »Was hat er dann an dieser Uni gemacht?«
    Dodd blieb unvermittelt stehen und legte den Ball beiseite. »Sie haben keine Ahnung?«, fragte er. »Hat man Sie denn nicht instruiert?«
    »Instruiert? Worüber?«, wollte Kate wissen.
    »Ich dachte, man hätte Sie ins Bild gesetzt. Tauschen Sie sich denn nicht untereinander aus?«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    Dodd trat nahe an Kate heran und sagte mit leiser, ernster Stimme: »Die Sache ist die: Robbies Arbeit durfte nicht öffentlich diskutiert werden.«
    »Sie meinen, er hat sich mit Dingen beschäftigt, die eine Gefahr für ihn und sein Leben darstellten?«
    »Sie

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