Getäuscht - Thriller
Schultern hängen, wie ein Junge, den man bei einem Streich erwischt hat. »Ich gebe mich geschlagen. Ich wollte ja nur nicht, dass es dir zu Kopf steigt, Jonathan.« Er wandte sich an seine Frau. »Ich versuche ihn zu überreden, dass er seine Künste an den Meistbietenden verkauft - nämlich an mich.«
»Arbeitest du mit Jamie zusammen, Prudence?«, fragte Jonathan.
»Gott bewahre. Ich arbeite im pharmazeutischen Bereich.«
»Sie ist eine der gefragtesten Pharmavertreterinnen Englands«, verkündete Meadows stolz. »Sie vertreibt genug Antidepressiva, um das ganze Land high zu machen, und verdient dabei mehr als ich.«
»Wohl kaum«, wiegelte Prudence ab. »Du musst dir Jamies Praxis unbedingt mal ansehen, Jonathan. Auf der Harley Street gibt es keinen besseren Chirurgen als ihn. Er macht nicht nur
Schönheitsoperationen, sondern auch rekonstruktive Chirurgie. Das ist doch auch dein Spezialgebiet, nicht wahr?«
»Nur wenn sich die Gelegenheit bietet«, antwortete Jonathan. »Meistens mangelt es uns an den nötigen chirurgischen Instrumenten. Vielen Dank für die Einladung in deine Praxis, Jamie. Ich bin zwar nur drei Tage in London, aber wenn ich Zeit finde, schaue ich gerne mal vorbei. Aber jetzt muss ich euch leider verlassen.« Er machte eine Geste in Richtung Tür. »Ich habe eine Verabredung mit dem Mann, der mich zu diesem Kongress eingeladen hat. Sollen wir uns morgen Abend mal treffen?«
»Zum Abendessen. Bei uns«, sagte Jamie. »Ein Nein wird nicht akzeptiert. Notting Hill. Unsere Nummer steht im Telefonbuch.« Er griff nach Jonathans Hand und schüttelte sie kräftig. »Es ist schön, dich zu sehen. Nach all diesen Jahren. Nicht zu fassen.«
»Geht mir genauso«, erwiderte Jonathan, gerührt von Jamies Herzlichkeit.
»Dann bis morgen«, sagte Jamie. »Ich kann es kaum erwarten, deine Rede zu hören.«
»Ja, viel Glück mit deinem Vortrag«, sagte Prudence und lächelte.
Jonathan ging zurück zur Bar und bestellte sich noch ein Bier. Der Raum war inzwischen gerammelt voll. Die Lautstärke der Gespräche war ohrenbetäubend. Jonathan hielt nach Professor Thomson Ausschau, konnte ihn aber nirgends entdecken. Er beschloss, erst einmal zur Toilette zu gehen, sich anschließend vor dem Hotel ein wenig die Beine zu vertreten und dann in einem netten kleinen Lokal zu essen. Niemand konnte ihm vorwerfen, dass er nicht beim Empfang gewesen war.
Er öffnete die Tür zur Herrentoilette. Als er einen Blick in den Spiegel warf, entdeckte er einen sichtlich angespannten Thomson direkt hinter sich. »Kommen Sie, schnell!«, sagte Thomson. »Folgen Sie mir!«
»Was ist los?«
Thomson machte eine Kopfbewegung zur Tür. »Wir müssen uns beeilen, bevor sie kommen. Nun machen Sie schon!«
Jonathan rührte sich nicht von der Stelle. »Wovon reden Sie?«
»Das wissen Sie doch.« Thomson verließ die Herrentoilette. Verwirrt folgte Jonathan ihm den Flur hinunter. Schließlich bog Thomson um eine Ecke, öffnete die Tür zu einem Konferenzzimmer und schob Jonathan hinein.
»Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte Jonathan verwirrt, nachdem Thomson die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Was haben Sie mit ›ehe sie kommen‹ gemeint?«
»Für Fragen ist jetzt keine Zeit. Passen Sie genau auf. Sie können das Hotel durch das Fenster verlassen. Es ist nicht verschlossen. Kennen Sie sich in London aus?«
»Mehr oder weniger.«
»Gehen Sie vom Hotel direkt zur U-Bahn-Station Hyde Park Corner und fahren Sie bis Piccadilly Circus. Dort wechseln Sie in die Bakerloo Line und fahren bis Edgware Road. Suchen Sie das Haus Nummer 61, ein Mehrfamilienhaus. Schwarze Tür mit goldenen Nummern. Die Tür ist unverschlossen. Gehen Sie in den zweiten Stock. Nummer 2 C.« Thomson holte eine Hasenpfote aus der Tasche, an der ein einzelner Schlüssel hing.
»Wovon reden Sie eigentlich?«, fragte Jonathan, als er den Schlüssel an sich nahm.
»Warten Sie in der Wohnung auf einen Anruf«, fuhr Thomson fort. Er wirkte jetzt weniger angespannt, weil Jonathan ihm zuhörte. »Sie erhalten weitere Anweisungen, wenn wir sicher sind, dass Ihnen niemand gefolgt ist.«
»Wer sollte mir denn folgen?«
»Zwei ihrer Leute haben Sie auf dem Empfang pausenlos beobachtet.«
»Was denn für Leute? Mir ist niemand aufgefallen.«
Thomson warf ihm einen Blick zu, der deutlich machte, dass ihn Jonathans Ahnungslosigkeit kaum überraschte. »Gehen Sie jetzt. Es gibt da jemanden, der Sie sehen will. Und ich könnte mir denken, dass Sie diese
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